Kochers Pläne für Arbeitslosengeld sorgen für scharfe Kritik
Wien – Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) will im ersten Halbjahr 2022 ein Reformpaket zur neuen Arbeitslosenversicherung vorlegen und „hoffentlich auch vor der Sommerpause beschließen“, wie er im TT-Interview erklärte. Mehr wollte Kocher dazu nicht sagen. Bereits bekannt ist aber, dass der Minister an ein degressives Modell denkt – also zuerst höherer und dann sinkender Bezug. Für sein Vorhaben erntet Kocher nun erneut scharfe Kritik.
So appelliert SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch an den Minister: Arbeitslose dürften nicht die Verlierer der Pandemie sein. „Ein degressives Arbeitslosengeld unter 55 Prozent des Letzteinkommens würde gerade angesichts der steigenden Langzeitarbeitslosenzahlen zu grassierender Armut führen.“ Vielmehr wünscht sich Muchitsch, das Arbeitslosengeld auf 70 Prozent des Letzteinkommens zu heben.
FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch attestiert Kocher, „weiterhin auf einem unbarmherzigen Sozialabbaukurs“ zu bleiben. „Das ist ganz klar das wirtschaftsliberale System, das Kocher unbedingt in unserem Arbeitsmarktbereich implementieren möchte.“ Stattdessen solle der Minister „endlich effiziente arbeitsmarktpolitische Maßnahmen setzen, um die Massenarbeitslosigkeit und Massenarmut nach den unzähligen schwarz-grünen Corona-Lockdowns möglichst hintanhalten zu können“, fordert die freiheitliche Nationalratsmandatarin.
Kocher sagte weiters im APA-Interview, um den Arbeitskräftemangel zu entschärfen, gebe es „viel Potenzial im Inland“ – etwa Frauen in Teilzeitarbeit und ältere Arbeitskräfte oder durch Umqualifizierung. Das missfällt der SPÖ-Frauenvorsitzenden Eva-Maria Holzleitner und der SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin Ruth Manninger. „Teilzeit ist wegen fehlender Infrastruktur noch immer Frauensache. Kochers Aussagen sind zynisch“, befindet Holzleitner. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei wegen fehlender Kinderbetreuungsplätze nicht möglich. „Die Kinderbetreuung gleicht in Österreich mit Ausnahme von Wien einer Baustelle. Vor allem, wenn es um Ganztagesbetreuung im vorschulischen Bereich geht“, konstatiert Manninger. (sas)