Großbritannien

Streit um Auslieferung in die USA: Assange darf Berufung beantragen

Unterstützer von WikiLeaks-Gründer Julian Assange demonstrierten vor dem britischen Höchstgericht.
© DANIEL LEAL

Erbittert streiten die USA und die Anwälte Julian Assanges vor britischen Gerichten um die Auslieferung des Wikileaks-Gründers. Nun könnte der Fall vor dem obersten Gericht verhandelt werden. Wird auch die Bundesregierung in die Kontroverse hineingezogen?

London – Hoffnungsschimmer für Julian Assange: Im Streit um die von den USA geforderte Auslieferung des Wikileaks-Gründers hat der Londoner High Court den Weg frei gemacht für einen Berufungsantrag vor dem Supreme Court. "Wir haben heute vor Gericht gewonnen", sagte die sichtlich erleichterte Verlobte des 50 Jahre alten Australiers bei einer Pressekonferenz vor dem Gerichtssaal am Montag. Es liege nun in den Händen des obersten britischen Gerichts, ob der Berufungsantrag zugelassen werde, fuhr Moris fort. Gleichzeitig wurden Forderungen laut, die Bundesregierung solle sich für die Freilassung Assanges einsetzen.

Die US-Justiz will Assange wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Dem gebürtigen Australier drohen dort bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft. Vorgeworfen wird ihm, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben. Seine Unterstützer sehen in ihm dagegen einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht gebracht hat und an dem nun ein Exempel statuiert werden soll. Der 50-Jährige sitzt seit beinahe drei Jahren im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Haft.

📽️ Video | Assange darf Auslieferung an USA anfechten

Ein britisches Gericht hatte die Auslieferung Assanges in die USA mit Blick auf seine psychische Gesundheit zunächst untersagt. Die USA hatten entsprechende medizinische Gutachten jedoch angezweifelt, Berufung eingelegt und damit auch Erfolg gehabt. Ein Berufungsgericht hatte das Auslieferungsverbot im vergangenen Dezember aufgehoben. Diese Entscheidung will Assange nun vor dem Supreme Court überprüfen lassen.

Die Londoner Vertreterin der Pressefreiheitsorganisation Reporter Ohne Grenzen, Rebecca Vincent, begrüßte die Gerichtsentscheidung. Der Fall Assange habe Konsequenzen für die Pressefreiheit in aller Welt und verdiene es, vor dem höchsten Gericht verhandelt zu werden. Auch sie forderte ein Ende des Verfahrens. Zumindest aber müsse Assange bis auf weiteres aus der Haft im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh freigelassen werden.

Assanges' Verlobte Stella Moris (Mitte) äußerte sich nach dem Urteil vor der Presse.
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Assanges Unterstützer argumentieren seit langem, dass der Wikileaks-Gründer in Belmarsh unnötig schweren Haftbedingungen ausgesetzt ist. Im vergangenen Jahr soll er sogar einen kleinen Schlaganfall erlitten haben. In dem Gefängnis sitzen einige der berüchtigtsten Mörder, Vergewaltiger und Terroristen des Landes.

"Wir sind noch weit davon entfernt, in diesem Fall Gerechtigkeit zu erreichen, weil Julian noch immer inhaftiert ist", sagte die Assange-Verlobte Moris am Montag. Assange leide schwer darunter, "Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr".

In Österreich begrüßte die außenpolitische und Menschenrechtssprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, die Entscheidung des Londoner High Court. "Gleichwohl möchte ich daran erinnern, dass der Aufdecker von Kriegsverbrechen längst schon in Freiheit sein sollte", so Ernst-Dziedzic am Montag in einer Aussendung. "Unabhängige Journalist*innen, Menschenrechtsaktivist*innen und investigative Plattformen sind ein grundlegendes demokratisches Korrektiv. Sie tragen wesentlich dazu bei, dass unter anderem systematische oder schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen aufgedeckt werden." Journalistische Enthüllungsarbeit dürfe daher nicht strafrechtlich verfolgt werden. "Gerade ein Land mit langer demokratischer Tradition sollte die damit einhergehenden Grundsätze gebührend beherzigen." (APA/dpa)