US-Besuch

Biden stärkt Scholz den Rücken: „Kein Zweifel" an Partnerschaft

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz erstmals neben US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus.
© imago

US-Präsident Joe Biden hat sich beim Antrittsbesuch des deutschen Kanzlers Olaf Scholz in Washington demonstrativ zur Partnerschaft der beiden Länder bekannt. In der Ukraine-Krise hatte es Stimmen gegeben, die zu wenig Entschlossenheit bei Deutschland geortet hatten.

Von Michael Fischer und Can Merey/dpa

Washington – Der Empfang ist gewohnt herzlich. "Willkommen, willkommen, willkommen!", sagt US-Präsident Joe Biden, als er den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz im Oval Office des Weißen Hauses vor begrüßt. "Deutschland ist einer der engsten Verbündeten Amerikas."

Bei Scholz hört sich das ähnlich an: "Wir sind engste Verbündete und arbeiten intensiv zusammen, und das ist notwendig, um die Schritte zu unternehmen, die wir zum Beispiel im Kampf gegen die russische Aggression gegenüber der Ukraine unternehmen müssen." Es sei ein wichtiges Treffen zu einer sehr wichtigen Zeit.

Die Statements der beiden dauern keine zwei Minuten. Eine amerikanische Journalistin ruft Biden dann noch zu: "Herr Präsident, hat Deutschland genug gegen die russische Aggression getan?" Eine Antwort gibt es darauf zunächst nicht. Scholz reagiert mit einem Schmunzeln.

📽️ Video | Bericht zum US-Besuch von Olaf Scholz

Frage nach Verlässichkeit Deutschlands

Die Frage ist eine, die in den USA seit der Eskalation im Ukraine-Konflikt immer wieder gestellt wird. Das Image Deutschlands in den USA ist angekratzt. Es wird bezweifelt, ob man in der NATO auf den bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Verbündeten wirklich zählen kann, wenn es ernst wird.

Die USA und ihre Verbündeten fragten sich, "ob sie in der Russland-Ukraine-Krise auf Deutschland zählen können", schrieb das "Wall Street Journal" kürzlich. Der US-Sender NBC analysierte, die zögerliche Haltung von Europas führender Wirtschaftsmacht "droht, die Bemühungen um ein starkes und geeintes Auftreten gegen die russische Aggression zu untergraben". Die Boulevardzeitung "New York Post" nannte Deutschland "ein armseliges Exemplar eines US-Verbündeten".

Biden stärkt Scholz und Deutschland bei der Pressekonferenz aber klar den Rücken. "Es ist nicht nötig, Vertrauen zurückzugewinnen", sagt der Präsident auf eine Journalistenfrage. Deutschland habe das volle Vertrauen der Vereinigten Staaten. "Deutschland ist einer unserer wichtigsten Verbündeten in der Welt. An der Partnerschaft Deutschlands mit den Vereinigten Staaten gibt es keinen Zweifel".

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Scholz fühlt sich bestätigt

Für Scholz dürfte das eine Genugtuung sein. Er hatte die Zweifel an Deutschlands Zuverlässigkeit in den vergangenen Tagen eher als Medienphänomen eingeordnet. In einem Interview am Flughafen unmittelbar vor seinem Start sagte er dazu: "Das ist ein falscher Eindruck, der auch nicht in Washington vorherrschend ist." Nach den Äußerungen Bidens wird er sich bestätigt fühlen.

Auch in den konkreten Kritikpunkten an Deutschland gab es leichte Akzentverschiebungen:

  • NORD STREAM 2: Die Ostsee-Pipeline, die unter Umgehung der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland bringen soll, ist seit Jahren der größte Streitpunkt zwischen Washington und Berlin. Biden sagte klar, dass ein russischer Einmarsch in die Ukraine das Aus für das Projekt bedeuten würde. Dann "wird es kein Nord Stream 2 mehr geben. Wir werden dem ein Ende setzen". Auf die Frage, wie er das bei einem Projekt unter deutscher Kontrolle bewerkstelligen wolle, sagte Biden: "Ich verspreche Ihnen, dass wir es schaffen werden." Scholz blieb dabei, Nord Stream 2 nicht namentlich zu erwähnen. Er spricht weiterhin nur davon, dass alle Sanktionsoptionen auf dem Tisch liegen.
  • WAFFENLIEFERUNGEN: Für Irritationen sorgt in den USA auch die Weigerung der Bundesregierung, Waffen an die Ukraine zu liefern. Unmittelbar vor seinem Abflug nach Washington am Sonntag bekräftigte Scholz in der ARD, dass die Bundesregierung an diesem "klaren Kurs" festhält. Die US-Webseite "Defense News" kritisierte kürzlich eine "Doppelmoral" Deutschlands und verwies darauf, dass deutsche Rüstungsverkäufe im vergangenen Jahr ein Rekordniveau erreicht haben. "Raubtiere wie Putin mögen nichts lieber als Beute, die schwach gehalten wird", schrieb "Defense News". "Deutschland sollte dabei nicht zum Komplizen des Kremls werden. Berlin sollte seine derzeitige Politik zu Waffenexporten in die Ukraine revidieren."

In diesem Punkt gab es bei der Reise nichts Neues. Die deutsche Absage an Waffenlieferungen bleibt. Was die Abschreckung gegenüber Russland angeht, gab es allerdings pünktlich zur Reise ein Signal, dass für Vertrauen sorgen soll: Die Bundeswehrtruppen in Litauen sollen aufgestockt werden. Ein erster konkreter Schritt, um das Ansehen Deutschlands zu verbessern.

Die politischen Gespräche in Washington waren das eine. Scholz ließ sich aber auch einen Termin organisieren, um sich einer breiteren amerikanischen Öffentlichkeit vorzustellen: Ein Live-Interview auf dem Nachrichtenkanal CNN mit Star-Moderator Jake Tapper - alles auf Englisch. Tapper (52) wurde von CNN nach der Amtseinführung von Biden vor gut einem Jahr zum "Hauptmoderator für alle wichtigen Ereignisse in Washington" befördert. In seinen beiden CNN-Shows – "The Lead" unter der Woche und "State of the Union" an Sonntagen – nimmt der mehrfach ausgezeichnete Journalist regelmäßig Politiker in die Mangel. Scholz hielt dagegen. Seine erste Antwort auf die erwartbare Frage nach Vorwürfen gegen Deutschland: Das sei absoluter "Schwachsinn".

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