Österreichs Jugend in der Pandemie: Langeweile, Stress und Überforderung
Österreichs Jugend geht es schlecht. Die Neunte Auflage des Jugend Trend Monitors von DocLX und Marketagent zieht ein düsteres Fazit. Über zwei Drittel der Befragten seien durch die Pandemie in ihrer mentale Gesundheit betroffen, 20 Prozent hegten bereits einmal suizidale Gedanken.
Wien – Langeweile, Stress und Überforderung: Die Stimmung der Jugendlichen in Österreich nach knapp zwei Jahren Coronapandemie ist am Boden. Der neue Jugend Trend Monitor von Marketagent.com und der Eventagentur DocLX zeichnet ein desolates Bild der jungen Generation. Die jungen Österreicher und Österreicherinnen sehen sich mit ihren Sorgen allein gelassen und stellen der Politik ein schlechtes Zeugnis aus, wenn es um ihre Interessen geht. Die Ausbildung habe sich mit der Pandemie verschlechtert, ebenso die mentale Gesundheit.
Zu den Problemen an den Schulen und Universitäten würden sich Zukunftsängste gesellen, die durch wirtschaftliche und politische Instabilität geschürt werden, so Marketagent-Geschäftsführer Schwabl am Dienstag. Auch sonst halten sich die positiven Aussagen der 2500 im Jänner 2022 befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 14 und 24 Jahren in Grenzen. Sie wünschen sich Reisen, Nachgastronomie und gemeinsame Erlebnisse mit Freunden.
Negative Emotionen überwiegen
Stattdessen seien die Emotionen junger Menschen seit Ausbruch der Pandemie überwiegend von Langeweile (64,9 Prozent), Stress (63 Prozent), Überforderung (62,5 Prozent), Gefühlen der Einsamkeit (59,9 Prozent), Hoffnungslosigkeit (58 Prozent), Depression (56,7 Prozent) und Wut (52,5 Prozent) geprägt.
Die Hälfte der jungen Österreicher, würden sich vermehrt Gedanken über Krankheit und Sterblichkeit machen. 20 Prozent hätten bereits einmal suizidale Gedanken gehabt. Dabei seien negative Emotionen bei jungen Frauen deutlich ausgeprägter. Sie würden wesentlich stärker unter den Einschränkungen leiden und seien vom veränderten Alltag stärker belastet.
Laut des Jugend Trend Monitors sehen mehr als zwei Drittel der Befragten negative Auswirkungen durch die Pandemie auf ihre mentale Gesundheit, persönliche Lebenszufriedenheit und den Kontakt mit Freunden. Mit 46 Prozent gaben fast die Hälfte der Befragten an, dass die Pandemie auch ihr Liebesleben verschlechtert habe. Über 40 Prozent erkannten Folgen für ihre körperliche Gesundheit und die Lebenszufriedenheit ihrer Eltern.
Sie sind in einer verzweifelten Lebenssituation und brauchen Hilfe?
• Telefonseelsorge: 142 (ohne Vorwahl) / onlineberatung- telefonseelsorge.at
• Psychosozialer Krisendienst: 0800 400120 / krisendienst-tirol.at
• Rat auf Draht: 147 (ohne Vorwahl) / rataufdraht.at
• Pro mente: 0512 585129 / promente-tirol.at
• Psychiatrische Ambulanz der Innsbrucker Klinik: +43 (0)50 504 23648
• Notaufnahme des MZA Innsbruck: Anichstraße 35 / +43 (0)50 427 057
• Psychosozialer Dienst in Hall in Tirol: www.psptirol.org, +43 (0)52 2354 9 11
• Kriseninterventionsdienst des Roten Kreuzes: 144 (ohne Vorwahl)
Ein Fünftel bleibt zuversichtlich
Rund ein Fünftel seien optimistisch geblieben und könnten der Pandemie in Teilbereichen auch etwas Gutes abgewinnen. 22,7 Prozent würden sogar positive Auswirkungen auf ihre körperliche Gesundheit sehen, sie hätten vermutlich mehr Sport getrieben, vermuten die Autoren der Studie. 20,7 Prozent hätten Covid-19 die rosarote Brille aufgesetzt: Ihr Liebesleben habe sich positiv entwickelt. 18,6 Prozent meinen auch, dass ihre Eltern zufriedener seien.
Während 84 Prozent ihren Tagesablauf vor der Pandemie als geregelt empfanden, würden dies mittlerweile nur mehr 55,5 Prozent so empfinden. Die jungen Österreicher gaben an ihren Alltag meist vor Bildschirmen zu verbringen. Entweder vor dem ihres Smartphones- oder Computers (85,6 Prozent), oder vor jenem des TV-Geräts (73,5 Prozent) und in virtuellen Treffen mit Freunden via Video-Chat (44,5 Prozent). Dennoch gaben 45,7 Prozent an, seit Ausbruch der Pandemie vermehrt im Haushalt zu helfen. 34,5 Prozent der Befragten würden mehr Sport treiben und 32,3 Prozent bliebe mehr Zeit zum Lernen.
Pandemie raubt Jugend
Fast alle jungen Menschen (92,8 Prozent) würden sich sehnlich eine Rückkehr in die Normalität wünschen. 86,3 Prozent seien überzeugt, dass die wahren Folgen der jahrelangen Virus-Präsenz erst in einiger Zeit in vollem Ausmaß sichtbar sein werden. Immerhin 82,5 Prozent hätten sich mit den Einschränkungen in ihrem Leben weitgehend arrangiert und versuchen, das Beste daraus zu machen. 81 Prozent würden nicht daran glauben, dass das Leben nach der Pandemie jenem vor dem Ausbruch des Virus gleichen wird.
Knapp drei Viertel (74,1 Prozent) fühlen sich demnach durch die Pandemie ihrer Jugend beraubt und seien wütend (73,3 Prozent), dass sie diese nicht wie Gleichaltrige unter normalen Umständen erleben können. Deutlich mehr junge Menschen hätten Sorge, den Anschluss zu verlieren: Lag dieser Wert im Jahr 2020 noch bei 33,5 Prozent, ist er zwei Jahre später auf 61,2 Prozent angewachsen. "Österreichs Jugend hat sich mit den Einschränkungen der letzten zwei Pandemiejahre zwar arrangiert und deutlich zurückgesteckt, scheint aber mittlerweile die Perspektive verloren zu haben und unter Zukunftsängsten zu leiden", fasste DocLX-Geschäftsführer Knechtsberger die Entwicklung zusammen. (TT.com, APA)