EuGH: Unterschiedlicher Aufenthalt bei Ehescheidung zulässig
Luxemburg – In der Frage der Zuständigkeit der Gerichte bei Ehescheidung darf zwischen In- und Ausländern in der Europäischen Union entschieden werden, wenn die Dauer des Aufenthalts maßgeblich ist. Dies hat der Europäische Gerichtshof am Donnerstag entschieden.
Konkret ging es in dem Fall (C-522/20) um einen italienischen Staatsangehörigen, der in Österreich sechs Monate nach seinem Zuzug einen Antrag auf Scheidung von seiner deutschen Ehefrau stellte, mit der er bis zur Trennung in Irland zusammengelebt hatte. Er machte geltend, dass die österreichischen Gerichte für das Scheidungsverfahren zuständig seien, da er sich seit mehr als sechs Monaten in Österreich aufhalte.
Die sog. Brüssel-IIa-Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit sehe die Sechsmonatsfrist zwar nur für Inländer vor, während andere EU-Bürger sich seit mindestens einem Jahr im Inland aufgehalten haben müssten. Diese Ungleichbehandlung verstoße jedoch, so der Betroffene, gegen das Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, so dass auch für ihn die Sechsmonatsfrist gelten müsse, machte der Italiener geltend.
Staatsangehörigkeit nicht ausschlaggebend
Dies sahen die EU-Richter aber anders. Die Dauer des Aufenthalts, die erforderlich sei, um die Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats für die Entscheidung über einen Antrag auf Ehescheidung zu begründen, dürfe sich nach der Staatsangehörigkeit des Antragstellers richten, stellte der Gerichtshof in seinem Urteil fest. Da der Besitz der Staatsangehörigkeit des betreffenden Mitgliedstaats dazu beitrage, dass eine tatsächliche Beziehung zu diesem bestehe, sei es nicht offensichtlich unangemessen, in einem solchen Fall nur einen mindestens sechsmonatigen - statt einjährigen - gewöhnlichen Aufenthalt im Inland zu verlangen.
Der österreichische Oberste Gerichtshof hat den EuGH hierzu um Vorabentscheidung ersucht. Konkret muss der Oberste Gerichtshof den Fall nunmehr im Sinne des EuGH-Urteils entscheiden. (APA)