„The Sadness“: Hauen und Stechen für Mündige
Der Horrorfilm „The Sadness“ spielt mit den Grenzen des Zeigbaren. Wer will, kann am Sonntag dabei zuschauen.
Innsbruck – Dem Kultursender Arte passierte kürzlich ein Malheur. Er strahlte Ende Jänner George A. Romeros „Zombie 2 – das letzte Kapitel“ aus – und bot den Film danach auch online zum Abruf an. „Aus Versehen“, wie Arte inzwischen einräumt. Weil der 1985 gedrehte Film in Deutschland nicht ungeschnitten gezeigt werden darf. Er steht nach wie vor auf dem Index der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz.
Eine solche Verbannung in die Illegalität obskurer Online-Börsen (oder sündteurer BluRay-Importe) stand auch für „The Sadness“ im Raum. Vielleicht war diese Drohung auch ein geschickt gestreutes Gerücht geschäftstüchtiger PR-Leute. Dem Film, den der kanadische Regisseur Rob Jabbaz während des Hollywood-Lockdowns in Taiwan drehte, eilte jedenfalls der Ruf voraus, eine Gewaltorgie sondergleichen zu sein. Und der Film eilte hinterher, von Horror-Festival zu Horror-Festival. Es geht in „The Sadness“ um ein Virus, das ausgerechnet dann mutierte, als die Menschen die Seuchen-Schutzmaßnahmen gehörig satt hatten. Das Virus allerdings ist nicht Covid, sondern die Tollwut. Den Rest kann man sich vorstellen.
🎬 Trailer | „The Sadness“
Oder eben nicht: Denn „The Sadness“ ist tatsächlich ein grotesk grausamer und bisweilen zermürbend zynischer Film. Selbst wenn man ihn – was durchaus naheliegt – als in Kunstblut getunkte Satire auf die aktuelle Pandemie-Müdigkeit liest, fragt man sich irgendwann, warum man sich das Hauen und Stechen und das unsägliche Treiben mit dem, was vom Hauen und Stechen übrig blieb, bis zum Schluss anschauen soll.
Aber inzwischen hat man wenigstens die Möglichkeit, sich das zu fragen. In Deutschland bekam „The Sadness“ eine Ab-18-Freigabe. Auch für Österreich, wo man mindestens 16 Jahre alt sein sollte, um sich dem Film auszusetzen, fand sich ein seriöser Verleih. Ins reguläre Programm der Tiroler Kinos schaffte es der Film aber nicht. Am Sonntag wird er im Rahmen des melanza.li-Triple-Feature im Innsbrucker Cinematograph gezeigt. Der Verein melanza.li will, die TT berichtete, „Kino für Mündige“ machen – und aufregende Filme zeigen, über die man sich gegebenenfalls auch aufregen kann. Öffentliche Förderungen braucht melanza.li dafür nicht. „Wir sind davon überzeugt, dass es auch in Innsbruck ein Publikum für Filme abseits des kommerziellen und Kunstkino-Mainstreams gibt“, sagt Mitveranstalter Marco Frei. Filme von Lars von Trier („The House That Jack Built“) und Luca Guadagnino („Suspiria“) sind bei den Triple-Features bereits gelaufen. Julia Ducournaus „Titane“ wurde melanza.li unmittelbar nach der Weltpremiere in Cannes mittels SMS wärmstens empfohlen. „Unsere Informantinnen und Informanten sind überall“, sagt Frei. Dann gewann der Film die Goldene Palme – und kam auch ohne Triple-Feature bis Tirol. Deshalb stehen am Sonntag neben „The Sadness“ (20 Uhr) auch „Lamb“ (15.50 Uhr) und „Vicious Fun“ (17.50 Uhr) auf dem Programm. (jole)