„Bedenklich im demokratiepolitischen Sinn“: Volksanwalt zu Beschwerden
Bilanz zu Corona-bedingten Beschwerden: Volksanwalt Walter Rosenkranz über Klagen von Kindergarten bis Uni – und seine Vorgangsweise.
Wien – Für Bildungsagenden ist Walter Rosenkranz in der Volksanwaltschaft zuständig. Die Tiroler Tageszeitung hat ihn gebeten, die vergangenen zwei Corona-Jahre dahingehend zu bilanzieren. 2020 und 2021 habe es etwa 100 Beschwerden pro Jahr gegeben – von den Belangen Kindergarten bis Hochschule, sagt der einstige FPÖ-Nationalratsmandatar. Dass in Schulen Masken zu tragen sind, wurde mehrfach moniert. „Amtswegig“ sei das geprüft worden, sagt Rosenkranz: „Das Bildungsministerium konnte erklären, dass das auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse sinnvoll ist. Wir konnten da keinen Missstand in der Verwaltung erkennen.“
Rosenkranz berichtet auch von einem Fall in einer steirischen Schule. Ein Kind habe am letzten Tag der Semesterferien vor einem Jahr, einem Sonntag, mit der Mutter in eine Teststraße fahren wollen, damit diese bei der „Herumstierlerei in der Nase“ dabei sein könne – wegen eines „Nasen-OP-Traumas“ des Mädchens. Und weil die Frau beim Test an der Schule nicht dabei sein dürfe. Die Direktorin habe das nicht gelten lassen: Montagfrüh sei zu testen. Auf „kurzem Weg“ sei das geklärt worden, sagt Rosenkranz: „Wir haben im Bildungsressort angerufen. Es ging um Unwissenheit der Schulleiterin. Bei vorherigem medizinischen Eingriff bei unter 14-Jährigen ist eine Begleitperson gestattet, Erziehungsberechtigte dürfen beim Test dabei sein.“
Eine andere Beschwerde „läuft noch“, berichtet Rosenkranz. „Ein Schüler, einer der Besten in der Klasse, wollte sich nicht testen lassen, sondern Distance Learning. Er hat dazu Arbeitsaufträge bekommen, die er alle erledigt hat. Im Fach Religion hat er dennoch als Einziger von allen kein Sehr gut, sondern ein Gut bekommen.“ Gefragt, warum das der Fall sei, habe es geheißen, weil er nicht vor Ort gewesen sei. „Das geht nicht“, befindet Rosenkranz. „Home-Schooling ist erlaubt. Das darf sich nicht auf die Note auswirken. Der Bub hat ja jede Pflicht erfüllt. Das ist auch schwarz auf weiß dokumentiert. Er war bei allen Videokonferenzen dabei. Und er wurde nie kritisiert.“
Bei der Volksanwaltschaft gemeldet sei auch das geworden: In Privatkindergärten haben die Eltern einen Beitrag zu zahlen; der sei wegen Lockdowns nicht gerechtfertigt gewesen – weil die Leistung nicht erbracht habe werden können. „Da hängen die Gehälter der Kindergärtnerinnen und Kindergärtner dran. Da haben die Länder reagiert. Sie sind mit höherer Subventionierung eingesprungen“, erläutert Rosenkranz.
Eine weitere Causa, die ihm kommuniziert worden sei: „In einer Unterstufe hat eine Lehrperson zu den Schülern gesagt, dass alle Ungeimpften aufstehen müssen. Eltern sahen das als pädagogisch nicht zeitgemäß, sie fühlten sich an frühere Zeiten erinnert.“ Eltern wollten aber nicht, dass ihre Namen und die ihrer Kinder genannt werden. Sie hätten „Angst vor Konsequenzen für das Kind, dass die Macht der Schule zurückschlägt, wenn man aufmuckt“. Das mache es schwer für ihn: „Nur auf Zuruf kann ich nicht handeln. Es ist bedenklich im demokratiepolitischen Sinn, dass Eltern Angst vor dem Schulsystem haben. Da gilt es, das Rückgrat zu stärken, bei den Schulbehörden klarzustellen, dass so etwas keinen Einfluss haben darf.“
Und was die Unis betrifft: 2020 habe ein Student der Medizin-Uni Innsbruck Studienförderung bekommen, weil er die vorausgesetzten Leistungen erbracht habe. Er habe sich zum Zivildienst gemeldet, weil – durch die Corona-Krise verstärkt – „Not an Helfern gewesen ist“, sagt Rosenkranz. „Daraufhin ist ihm die Studienbeihilfe gestrichen worden.“ Weil das ein Nebenjob sei, mit dem die Obergrenze überschritten werde. Der Gesetzgeber habe reagiert: „Wenn es von jemandem eine freiwillige Leistung gibt, jemand als Sanitäter gebraucht wird, dann wird die Beihilfe nicht gestrichen.“ (TT)