Deutschland

"Noch nicht sicher": Lauterbach warnt vor Wettlauf bei Corona-Lockerungen

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht zu schnelle Lockerungen kritisch.
© MICHELE TANTUSSI

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach warnt davor, die Corona-Maßnahmen zu schnell aufzugeben. Man sei noch nicht in sicheren Gewässern, so der Mediziner. Auch sei die Durchseuchung von Kindern nicht akzeptabel.

Berlin – Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat trotz leicht sinkender Corona-Infektionszahlen zu weiter nötiger Vorsicht gemahnt und vor zusätzlichen Lockerungen gewarnt. Zudem sollte es nicht zu einem Wettlauf zwischen den Bundesländern in Deutschland kommen. Der Höhepunkt der Omikron-Welle sei überschritten, sagte der SPD-Politiker am Freitag in Berlin. Ein Wiederanstieg der Fallzahlen könne zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht sicher ausgeschlossen werden.

Die Entwicklung sei "noch nicht wirklich in sicheren Gewässern". Lauterbach verwies auf den weiter hohen Anteil Ungeimpfter bei gefährdeten Menschen über 60 Jahre und die neue, wohl ansteckendere Omikron-Untervariante BA.2.

Vor allem Aus für Schutzmaßnahmen in Schulen gefährlich

Lauterbach warnte insbesondere auch vor einem kompletten Aufgeben der Schutzmaßnahmen in den Schulen. Wie bei Erwachsenen gelte es, auch die Kinder in einen "geschützten Raum hinein" mitzunehmen und "nicht eine Durchseuchung in den letzten Monaten bis zum besseren Wetter" zuzulassen. "Das ist nicht akzeptabel." Die Bundesregierung fordere weiter zu einem guten Schutz der Kinder auf. Dazu zählten bei den gerade noch hohen Inzidenzen natürlich auch Masken.

Mit Blick auf die Bund-Länder-Beschlüsse für einen weitgehenden Wegfall der einschneidenden Alltagsbeschränkungen bis zum 20. März betonte Lauterbach, dies sei nicht das Ende aller Corona-Maßnahmen. Es gehe um einen "langsamen Ausstieg". Er appelliere daher an alle Ministerpräsidenten, nicht darüber hinaus zu gehen. Es gelte, die beschlossenen Schritte umzusetzen wie ein Uhrwerk. "Das ist das Maximum, was wir uns an Lockerungen leisten können." Für den Herbst sei nach Einschätzungen in der Wissenschaft mit möglichen weiteren Corona-Wellen zu rechnen. Um dies zu bewältigen, sei eine allgemeine Impfpflicht nötig, machte Lauterbach deutlich.

Inzidenz sinkt, jedoch hohe Dunkelziffer geschätzt

Die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland ist laut Robert Koch-Institut (RKI) erneut gesunken – auf nun 1.371,7 nach 1.385,1 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen am Vortag. Die Gesundheitsämter meldeten 220.048 neue Fälle an einem Tag. Die Zahlen haben allerdings im Moment nur begrenzte Aussagekraft. Experten gehen von einer hohen Zahl von Fällen aus, die in den amtlichen Daten nicht erfasst sind. Registriert wurden nun auch 264 weitere Todesfälle binnen 24 Stunden.

Lauterbach hatte am Donnerstag SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner in Berlin empfangen. Rendi-Wagner warnte dabei vor einer neuen Virusvariante, die im Sommer nach Europa kommen könne. "Die Wahrscheinlichkeit einer neuen Variante ist sehr hoch", sagte sie am Donnerstagnachmittag nach ihrem Gespräch mit Lauterbach in Berlin. Die entscheidende Frage sei, die neue Welle besser zu bewältigen. "Wir dürfen nicht dieselben Fehler noch ein drittes Mal begehen."

Mit Impfungen vor großen Auswirkungen neuer Varianten schützen

Rendi-Wagner setzt dafür auf die "altbewährten Instrumente". "Bis Sommer brauchen wir eine hohe Durchimpfungsrate." Sowohl in Österreich als auch in Deutschland müsse die Durchimpfungsrate in Richtung neunzig Prozent gehen. Dafür müsse es gezielte Kampagnen geben, vor allem für die Gruppe junger Erwachsener. "Die Impflücken müssen geschlossen werden."

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Zweitens setzt sie auf flächendeckendes Testen, wobei sie sich für kostenfreie PCR-Tests ausspricht. "Wenn Tests nicht mehr gratis zu haben sind, wird die Testfrequenz automatisch geringer werden. Dadurch erhält man auch zu wenige Informationen, um rasch reagieren zu können." Außerdem dürfe man nicht auf alle bisherigen Sicherheitsvorkehrungen verzichten und die Masken fallen lassen, so verlockend das auch sein möge. Schon 2020 und 2021 habe man gesehen, dass die Herbstwelle jeweils im Spätsommer beginne. (APA, dpa)

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