Reaktionen zum Krieg in Ukraine: „Putin für Tod und Verwüstung verantwortlich"
Russlands Eindringen in die Ukraine wurde von den G7-Staaten mehrheitlich als Angriffskrieg gedeutet. Besonders stark kritisiert wurde die Verletzung der staatlichen Souveränität der Ukraine. Putins Vorwand, gemäß des Artikels 51 der Charta der vereinten Nationen (UN) das Recht auf Selbstverteidigung anzuwenden, stieß weltweit auf Unverständnis.
Kiew, Moskau, Wien – Nachdem es in der Nacht zum Donnerstag zu schweren militärischen Ausschreitungen im Osten der Ukraine kam, äußerten sich die Politiker westlicher Staaten bestürzt. Hier finden sie die Reaktionen der Staats- und Regierungschefs im Überblick:
Österreich
Österreichs Kanzler Karl Nehmhammer will die "erneuten Angriffe Russlands auf die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine" nicht unbeantwortet lassen. Um geeignete Maßnahmen zu ergreifen, werde Österreich sich "mit unseren europäischen Partnern und Gleichgesinnten" koordinieren.
Nehammer habe bereits mit EU-Ratspräsident Charles Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen telefoniert und werdeam Nachmittag zu einem EU-Sondergipfel zum Russland-Ukraine-Konflikt reisen, teilte der Kanzler mit.
Für Außenminister Schallenberg sind die schlimmsten Erwartungen eingetreten. In einem Twitter-Post sicherte er der Ukraine Unterstützung zu. Die EU und ihre Partner werden umgehend auf diesen Bruch des internationalen Rechts reagieren, so Schallenberg am Donnerstag.
Russland
Der russische Präsident Wladimir Putin zeigte sich Donnerstag früh selbstbewusst im Staatsfernsehen. Er beriet sich auf das „Recht zur Selbstverteidigung“ resultierend aus Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen (UN). „Ich habe beschlossen, eine Sonder-Militäroperation durchzuführen“, so der Autokrat. Er rechtfertigte sein Vorgehen durch den Schutz der Menschen in der Ukraine, „die seit acht Jahren Misshandlung und Genozid ausgesetzt sind.“ Laut Putin strebe Russland die "Entmilitarisierung und die Entnazifizierung der Ukraine an".
Des Weiteren drohte der russische Präsident am Donnerstagmorgen in einer Fernsehansprache allen Staaten, die in den militärischen Konflikt eingreifen wollen, unverhohlen mit Konsequenzen.
«Jetzt ein paar […] sehr wichtige Worte für diejenigen, bei denen die Versuchung aufkommen könnte, sich von der Seite in das Geschehen einzumischen. Wer auch immer versucht, uns zu behindern, geschweige denn eine Bedrohung für unser Land und unser Volk zu schaffen, muss wissen, dass die Antwort Russlands sofort erfolgen und zu Konsequenzen führen wird, die Sie in Ihrer Geschichte noch nie erlebt haben. Wir sind auf jede Entwicklung der Ereignisse vorbereitet. Alle notwendigen Entscheidungen wurden in dieser Hinsicht getroffen. Ich hoffe, dass ich gehört werde.“
Russland Experte Gerhard Mangott versteht diese Aussage als Drohung mit nuklearen Waffen.
Der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny kritisierte am Rande einer Anhörung zum russischen Einmarsch in die Ukraine. Aus Nawalnys Sicht werde der Konflikt zu einer "großen Zahl an Opfern und zerstörten Zukunftsplänen führen" und die "Verarmung der Bürger Russlands" weiter verschärfen. Bei dem Krieg in der Ukraine handle es sich um ein Manöver des Kremls, um von den innenpolitischen Problemen in Russland abzulenken.
Die russische Oppositionelle Marina Litwinowitsch hatte auf Facebook mit der Parole "Russen sind gegen Krieg!", zu abendlichen Protesten gegen die Militäroperation in der Ukraine aufgerufen. "Wir werden dieses Chaos in den kommenden Jahren beseitigen. Nicht nur wir. Sondern auch unsere Kinder und Enkelkinder", fügte die Oppositionspolitikerin hinzu. Litwinowitsch wurde anschließend von russischen Behörden festgenommen. Sie bestätigte ihre Verhaftung über den Messengerdienst Telegram.
USA
Der US-Amerikanische Präsident Joe Biden zeigte sich am Mittwochabend betroffen. "Die Gebete der ganzen Welt sind heute Nacht beim ukrainischen Volk, während es unter einem unprovozierten und ungerechtfertigten Angriff durch die russischen Streitkräfte leidet", so der Potus.
Gleichzeitig verurteilte Biden die russische Aggression und kündigte Gegenmaßnahmen an "Präsident Putin hat sich vorsätzlich für einen Krieg entschieden, der katastrophale Todesfälle und menschliches Leid bringen wird. Russland alleine ist für den Tod und die Zerstörung, die dieser Angriff bringen wird, verantwortlich. Die Welt wird Russland zur Rechenschaft ziehen."
Bei einem Treffen der G7 will sich die USA mit ihren Partnern über das Maß an Sanktionen beraten. Des Weiteren sicherte Biden der Ukraine weitere Unterstützung zu.
Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen in New York, Linda Thomas-Greenfield beklagte sich unterdessen über die mangelnde diplomatische Kooperation Russlands "Genau zu der Zeit, als wir uns im Rat versammelten, um Frieden zu suchen, übermittelte Putin eine Kriegsbotschaft in völliger Verachtung für die Verantwortung dieses Rates."
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump beschwichtigte hingegen in einem Telefoninterview mit Fox News: "So wie es begann, glaube ich wirklich nicht, dass er das anfangs tun wollte. Ich glaube, er wollte etwas tun und verhandeln. Dann wurde es schlimmer und schlimmer." Die Beziehung zwischen Trump und Putin wurde von verschiedenen Analysten während Trumps Amtszeit als freundschaftlich beschrieben.
Deutschland
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz forderte Russland auf, die Militäraktion umgehend einzustellen. Bei einer ersten Reaktion zum eskalierenden Konflikt zeigte er sich am Donnerstag bestürzt. "Der russische Angriff auf die Ukraine ist ein eklatanter Bruch des Völkerrechts. Er ist durch nichts zu rechtfertigen. Deutschland verurteilt diesen rücksichtslosen Akt von Präsident Putin aufs Schärfste."
Des Weiteren sprach Scholz von einem "furchtbaren Tag für die Ukraine und einem dunklen Tag für Europa." Gemeinsam mit den G7-Nationen wolle man sich über zukünftige Schritte absprechen.
Die deutsche Außenministerin Baerbock fand sogar noch deutlichere Worte. Sie warf Putin vor mit seinem Verhalten die "elementarsten Regeln der internationalen Ordnung" zu brechen. Gleichzeitig sicherte sie der Ukraine Solidarität zu.
Die deutsche Verteidigungsministerin Lambrecht äußerte sich enttäuscht: "Wir haben Russland die Hand zu Verhandlungen ausgestreckt und er (Putin) hat sie weggeschlagen. Doch für einen Dialog ist es nie zu spät."
Frankreich
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte Russland auf, seine Militäroperationen sofort zu beenden. "Frankreich verurteilt die Entscheidung Russlands, Krieg gegen die Ukraine zu führen, aufs Schärfste. Es steht an der Seite der Ukrainer und handelt mit seinen Partnern und Verbündeten, um ein Ende des Krieges zu erreichen", schrieb der Präsident am Donnerstag bei Twitter.
Auch Frankreich wolle sich mit der G7 beraten, um gemeinsam entschlossen gegen den Aggressor vorzugehen
Großbritannien
Der britische Premier Boris Johnson sprach auf Twitter von einem "unprovozierten Angriff auf die Ukraine" und einer "Katastrophe für den europäischen Kontinent". Er sei entsetzt über die Angriffe und mache "Präsident Putin sich für einen Weg des Blutvergießens und der Zerstörung" verantwortlich. Johnson wolle sich mit den G7-Staaten und den NATO-Mitgliedern beim Krisentreffer beraten um ein gemeinsames Vorgehen zu vereinbaren.
Johnson sprach von einer "riesigen Invasion zu Land, zu See und aus der Luft", weswegen die westlichen Staaten mit einem "gewaltigen Paket an Wirtschaftssanktionen" antworten müssten. Das "babarische Abenteur" Putins in der Ukraine müsse scheitern, sagte Johnson weiter und bezeichnete Russlands Präsidenten als Diktator.
Europäische Union
Ursula von der Leyen – Kommissionschefin der EU – verurteilte den "babarischen Angriff" auf Schärfste. Im Laufe des Donnerstags werde "ein Paket massiver, gezielter Sanktionen" auf den Weg gebracht.
Der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel, schloss sich von der Leyens Aussagen an. Seine Gedanken seien bei den Menschen in der Ukraine. Die EU werden den Kremel zur Rechenschaft ziehen, so Michel am Donnerstag auf Twitter.
Baltische Staaten
Die baltischen Staaten erklärten den "Akt der Aggression" in einer gemeinsamen Erklärung als nicht hinnehmbar. Dabei handle es sich um "eine eklatante Verletzung des Völkerrechts aller internationalen Normen und ein Verbrechen gegen das ukrainische Volk", so die Erklärung der drei an Russland grenzenden EU- und Nato-Länder Litauen, Estland und Litauen
Estlands Staatspräsident ging noch einen Schritt weiter. "Die absurden Vorwände der russischen Führung, die Ukraine anzugreifen, sind falsch, unbegründet und kriminell. Sie wurden erfunden, damit Präsident Putin eine Aggression gegen eine Nation rechtfertigen kann, die Russland nie bedroht hat", verurteilte er das russische Vorgehen.
In Litauen wurde mittlerweile der Ausnahmezustand verhängt. "Angesichts der Umstände müssen wir rechtliche Maßnahmen ergreifen, um unsere äußere Sicherheit zu stärken", begründete Litauens Präsident Gitanas Nauseda den Schritt. Die Maßnahmen brauchen zwar noch Zustimmung des Parlaments, diese gilt aber als wahrscheinlich.
Skandinavien
Die skandinavischen Staaten zeigten sich besorgt. "Der Angriff ist ein schwerer Verstoß gegen das internationale Recht und bedroht das Leben zahlreicher Zivilisten", so die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin am Donnerstag.
«Russische Behörden tragen die vollständige Verantwortung dafür, Europa in diese sehr dunkle Situation gestürzt zu haben", sagte erklärte unterdessen Norwegens Regierungschef Jonas Gahr Støre.
Die schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson bezeichnete in Russlands Vorgehen "ein Angriff auf die europäische Sicherheitsordnung."
Osteuropa
Auch die Staaten im ehemaligen sowjetischen Einflussgebiet verurteilten Russlands Verhalten. "Die russische Invasion in die Ukraine ist ein durch nichts zu rechtfertigender Akt der Aggression gegen einen unabhängigen Staat", schrieb der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala am Donnerstag auf Twitter.
Ungarns Außenminister Peter Szijjarto schrieb am Donnerstag auf Facebook: "Wir stehen an der Seite der Ukraine, wir setzen uns für die territoriale Unversehrtheit und Souveränität der Ukraine ein." Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban vermied es allerdings Putins Verhalten zu kritisieren.
China
In New York kam es am Mittwochabend zu einer kurzfristig anberaumten Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates.
Dabei prangerte der chinesische Botschafter zwar Putins Entschluss nicht so kritisch an wie die westlichen Staaten, sprach sich aber für die Wahrung staatlicher Souveränität – und damit gegen Russlands Einmarsch in die Ukraine – aus.
"Chinas Position zur Wahrung der Souveränität und territorialen Integrität aller Staaten ist konsistent, die Ziele und Prinzipien der UN-Charta sollten allesamt aufrechterhalten werden", so der chinesische UN-Botschafter Zhang Jun.
Kanada
Der kanadische Premier Justin Trudeau stellte sich hinter den Nachbarn im Süden und schloss sich den Aussagen der USA an. "Russlands Vorgehen wird schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen", bekräftigte Trudeau seine Haltung am Mittwoch.
Die unprovozierten Angriffe Russlands wertete der kanadische Premier als eine klare weitere Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine und als verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen
Australien
Auch aus "Down Under" hagelte es Kritik gegen das russische Vorgehen. "Wir verurteilen die einseitigen feindlichen Aktionen in der Ukraine. Russland verstößt offen gegen internationales Recht und die UN-Charta", sagte der australische Premier Scott Morrison am Donnerstag zu Journalisten.
Auch die Regierung Australiens will Sanktionen gegen russische Einzelpersonen, Organisationen und Banken verabschieden.
(APA/dpa/mts)