Eskalation schickt Börsen auf Talfahrt, ATX verliert sieben Prozent
Die Indizes der wichtigsten Börsenplätze zeigten sich am Donnerstagnachmittag tiefrot. Der russische RTS-Index ging in den freien Fall über.
Wien – Russlands Angriff auf die Ukraine hat Europas Börsen am Donnerstag auf Talfahrt geschickt. Die Indizes der wichtigsten Börsenplätze zeigten sich am Nachmittag tiefrot. Der deutsche DAX hielt gegen 16.30 Uhr mit einem Minus von 3,67 Prozent. Der britische FTSE lag 3,19 Prozent, der französische CAC-40 mit 3,84 Prozent im Minus. Der Eurozonen-Aktienindex Euro-Stoxx-50 büßte 3,71 Prozent ein.
"Die Hoffnungen der Marktteilnehmer darauf, dass sich Putin mit den Separatisten-Gebieten zufriedengibt und keine weitere Invasion plant, haben sich zerschlagen", schrieben die Analysten der Helaba in einer ersten Reaktion. Das Wohl und Wehe der Finanzmärkte hänge jetzt von der geopolitischen Entwicklung ab.
Auch an den US-Börsen ging es zum Handelsstart nach unten: Der Dow Jones büßte in der ersten Handelsstunde 2,04 Prozent ein.
Besonders stark waren die Verluste in Wien, der österreichische Aktienindex ATX fiel am Nachmittag um 6,93 Prozent auf 3.380,31 Punkte. Belastet wurde der Index vor allem von den Verlusten der schwer gewichteten Bankaktien, und hier vor allem der Raiffeisen Bank International (RBI).
Die RBI-Aktie verlor am Donnerstag im Verlauf fast ein Fünftel an Wert, gegen 16.30 Uhr hielt sie mit einem Minus von 20,69 Prozent bei 16,83 Euro. Die RBI ist mit Tochterbanken sowohl in der Ukraine als auch in Russland aktiv. In Mailand brach die Aktie der ebenfalls stark in Russland engagierten UniCredit im Nachmittagsverlauf um 12 Prozent ein und war zeitweise vom Handel ausgesetzt.
Noch kräftiger waren die Verluste an der Moskauer Börse. Der russische RTS-Index ging in den freien Fall über und rasselte bis am Nachmittag um gut 40 Prozent nach unten. Die geplanten Sanktionen der USA und der EU gegen Russland könnten das Land hart treffen.
Das neue EU-Sanktionspaket gegen Russland wird nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell das weitreichendste werden, das die Staatengemeinschaft je beschlossen hat. Auch ein möglicher Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift ist als mögliche Eskalationsstufe der Sanktionen im Gespräch. Der russische Rubel fiel vor diesem Hintergrund auf ein Rekordtief von rund 84 Dollar.
Steigende Rohöl- und Goldpreise
Die Rohölpreise legten im Gleichschritt massiv zu. Der Preis für Öl der Referenzölsorte Brent stieg am Donnerstag zeitweise um rund neun Prozent auf gut 105 Dollar je Fass und lag damit erstmals seit 2014 über der Marke von hundert Dollar.
"Sollten die Sanktionen den Zahlungsverkehr, russische Banken und möglicherweise auch die Versicherung der russischen Öl- und Gaslieferungen betreffen, sind Lieferausfälle nicht auszuschließen", schrieben die Rohstoff-Experten der Commerzbank. Russland könnte nach Einschätzung der Experten auf die Sanktionen auch mit einer Drosselung der Öl- und Gasexporte reagieren.
Stark gesucht waren am Donnerstag als sichere Häfen in Krisenzeiten geltende Anlageformen. So flüchteten viele Anleger in Gold, der Goldpreis stieg im Gegenzug zeitweise auf 1.974 US-Dollar je Feinunze. Weltweit waren auch als sicher geltende Staatsanleihen und die drei "Safe-Haven"-Währungen US-Dollar, Schweizer Franken und japanischer Yen gefragt. (APA)