Wien

Bunt-prekäre Familienbande: Premiere von „Am Ende Licht“

Lilja Rupprechts Inszenierung überfrachtet Simon Stephens’ Well-Made-Play über eine englische Familie.
© Susanne Hassler-Smith

Mittelprächtig: Simon Stephens’ „Am Ende Licht“ am Akademietheater.

Wien – Vorgestellt werden Christine, Bernard, Jess, Ashe, Steven und ihre Mitstreiter aus dem neuesten Stück des britischen Erfolgsautors Simon Stephens als Chips-verschlingende Karikaturen. Die Schauspielerinnen und Schauspieler dahinter sind nahezu unkenntlich gemacht durch einen überdimensionierten, auch das Gesicht einnehmenden Kopfputz, auf dessen höchstem Punkt Haarbüschel wippen (Kostüme: Annelies Vanlaere). Ein Bett, eine Art riesenhaftes Stofftier-Mammut, auf dessen Rücken die Ashe der Maresi Riegner einen Gutteil der pausenlosen 140 Minuten verbringen darf, Bildschirme und ein grüner Flimmerscreen zieren nebst allerlei Accessoires wie Obstkisten die von Holger Pohl gestaltete Bühne des Akademietheaters.

Erzählt wird, begleitet von den Klängen des Bühnenmusikers Philipp Rohmer, eine Durchschnittsfamiliengeschichte aus Nordengland, mit tragischen wie tragikomischen Einsprengseln. Die alkoholkranke Mutter Christine stirbt an einem Gehirnschlag – im Getränkegang des Supermarktes, was eine hervorragende Dorothee Hartinger in dem großen Anfangsmonolog minutiös erläutert. Vater Bernard (Norman Hacker) vergnügt sich mit zwei aufgeschlossenen Ladys (schrill: Dunja Sowinetz und Stefanie Dvorak), Tochter Jess (Marie-Luise Stockinger), die frustrierte Grundschullehrerin, setzt sich mit ihrem Zufalls-Nächtigungsgast (Philipp Hauß) auseinander, Tochter Ashe mit dem Junkie-Vater ihres Kindes Joe (Sebastian Klein), der schwule Sohn Steven mit seiner Unbehaustheit und dem Freund (Bardo Böhlefeld).

Sorgen und banaler Alltag, eingehüllt in Stephens’ Liebe für seine Figuren. Regisseurin Lilja Rupprecht jedoch stellt diese Familie aus, entwickelt das fast erniedrigende Zerrbild einer ins Schwanken geratenen Mittelschichtsfamilie und erstickt das Stück in Effekten. Das Ende, als alle sich – endlich maskenlos – zum Begräbnis treffen, hat etwas mehr Gewicht, bevor man die zu Beginn ausgehändigte 3D-Brille aufsetzt, um eine kleine Reise ins All anzutreten. (lietz)