Corona-Krise

Kritik an Corona-Schulpolitik: „Die Lage ist bedrohlich“

Paul Kimberger: „Die Schulen sind am Limit.“
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Lehrergewerkschaftschef Paul Kimberger beklagt die Corona-Schulpolitik der Regierung.

Von Karin Leitner

Wien – „Die Lage ist durchaus bedrohlich.“ Das sagt der oberste Lehrergewerkschafter Paul Kimberger im Gespräch mit der TT, gefragt nach der Corona-Situation an den Schulen. „Es gibt zwar regionale Unterschiede, aber wir haben österreichweit noch nie so viele ,Ausfälle‘ bei Schülern und Lehrern gehabt wie derzeit. An manchen Standorten kann nur noch ein provisorischer Notbetrieb aufrechterhalten werden.“

Wie viele Pädagogen und Kinder sind krank und/oder in Quarantäne, wie viele Klassen gesperrt? „Diese Zahlen verändern sich ständig, weil es sich um einen dynamischen Prozess handelt. Lehrer und Schüler kommen zurück, die nächsten fallen aus – und das seit Wochen auf einem extrem hohen Niveau.“ Was läuft regierungspolitisch falsch? „Wir brauchen dringend mehr Personal, mehr Unterstützung und nachvollziehbare Regeln. Nötig wäre auch ein effektives Quarantänemanagement. Das liegt bei den Gesundheitsbehörden – und die schaffen das nicht.“ In Tirol werde „der klügere Weg“ beschritten: „Da liegt das bei der Bildungsdirektion.“ Wie bewertet Kimberger die Politik des neuen ÖVP-Bildungsministers? „Ich kann die verharmlosende Einschätzung von Martin Polaschek in der ORF-Pressestunde zur Lage vor allem in den Schulen nicht bestätigen. Das belegen auch laufende Rückmeldungen von Lehrern und Eltern, die sich von ihm auch klare Ansagen für die nächsten Wochen erwartet hätten.“ Faktum sei: „Die Schulen sind am und oft auch über dem Limit.“ Es gehe auch nicht an, „dass die Kompetenzen zwischen dem Bildungs- und Gesundheitsressort ständig hin- und hergeschoben werden“. Und: „Die Schulleitungen werden im Stich gelassen. Das ist nicht mehr hinnehmbar.“ Ebenso wenig, infizierte Lehrer arbeiten zu lassen.

Im Hinblick auf den Herbst sollte jetzt vorbereitet werden: „Wir müssen gerüstet sein, auch wenn nach Ostern bei den Tests zurückgefahren werden kann. Zu Beginn des nächsten Schuljahres muss jedenfalls die Logistik schnell hochgefahren werden können, wenn wir sie brauchen.“

Elementarpädagoginnen und -pädagogen fühlen sich von der Politik alleingelassen. Das beklagt auch Kimberger: „Das ist ein Hotspot. Meine Enkelin ist in einer Krabbelstube, die vergangene Woche wegen der Infektionszahlen bereits zum zweiten Mal geschlossen werden musste. Die Forderung nach mehr Personal und Ressourcen ist genauso berechtigt wie in den schulischen Bereichen.“ Eine weitere „Herausforderung, die in dieser angespannten Phase auf uns zukommen wird“, seien Flüchtlingskinder aus der Ukraine: „In den Schulen wird aber alles getan, um sofort eine gute Umgebung für sie zu schaffen.“ Unbürokratisches, rasches Handeln wünsche er sich von den Behörden. Und: „Pädagogen unter den Flüchtlingen sollten sofort an Schulen eingesetzt werden können.“