Innenpolitik

Gewaltige Budgetsteigerung: Heer will aufrüsten wie noch nie

Verteidigungsministerin Tanner dementiert, Budgetzahlen an die Medien gespielt zu haben. Insider meinen, sie will Tatsachen schaffen.

Von Wolfgang Sablatnig

Wien – Die Wehrsprecher der Parteien – darunter der grüne David Stögmüller – staunten: Gestern Vormittag hatten sie mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) über das neue Bedrohungsbild nach dem russischen Überfall auf die Ukraine gesprochen. Kurz darauf berichteten Krone und Kurier im Internet, dass Tanner dabei ein „Neutralitätspaket“ für das Bundesheer mit einer gewaltigen Budgetsteigerung vorgelegt habe. Geld sei bei der Sitzung allerdings gar kein Thema gewesen, wie alle Teilnehmer einhellig berichteten.

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Klagen über fehlendes Geld begleiten das Bundesheer schon lange. Mit dem Ukraine-Krieg haben sich die Voraussetzungen aber geändert. Die ÖVP unterstützt jetzt eine Erhöhung des Budgets – und der grüne Koalitionspartner kann sich den Wünschen kaum verschließen. Dies umso mehr, als auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf mehr Geld drängt. Sein wichtigster Berater ist sein Adjutant und Übergangs-Verteidigungsminister Thomas Starlinger. Dieser hatte den Generalstab ein Wunschpaket ausarbeiten lassen. Der Bedarf wird darin mit zusätzlich 16 Milliarden Euro bis 2030 beziffert.

Starlingers Forderungen galten als unrealistisch. Die Zahlen, die gestern auftauchten, könnten aber noch darüber liegen: ein mit zehn Milliarden Euro dotierter Fonds für dringende Investitionen, darüber hinaus solle das jährliche Regelbudget auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigen.

Zur Einordnung: Die zehn Milliarden Euro könnten an das „Sondervermögen“ von 100 Mrd. Euro angelehnt sein, mit der die deutsche Regierung die Bundeswehr auf Vordermann bringen will.

Und die 1,5 Prozent vom BIP wären deutlich mehr als das eine Prozent, das bisher als Zielwert für ein gut ausgestattetes Bundesheer galt. Es sind auch mehr als zu Zeiten des früheren Kalten Kriegs. Die NATO fordert von ihren Mitgliedern zwei Prozent.

Bereits unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs sprach Generalstabschef Robert Brieger aber auch für Österreich schon von einem Prozent des BIP oder mehr. Die Einkaufsliste ist lang und reicht von der Mannesausrüstung über eine Aufrüstung der Eurofighter bis zur Flieger- und Drohnenabwehr.

Tanner bestätigte gestern, dass sie die Forderungen unterstütze. Sie selbst habe die Zahlen aber nicht an die Öffentlichkeit gespielt. Beobachter vermuten die Quelle dennoch in ihrer Umgebung. Ein mögliches Motiv: Druck auf die Grünen.