„Nicht weiterwurschteln“: NEOS wollen Reformen bei der „Elementarpädagogik“
Die NEOS drängen einmal mehr auf Reformen bei der „Elementarpädagogik“. Auch eine „gemeinsame Schule“ – bis zum Alter von 14 oder 15 Jahren – sei nötig.
Von Karin Leitner
Wien – Bildungspolitik war von Anfang an ein Schwerpunkt der oppositionellen NEOS. Nun haben sie diese Corona-bedingt verstärkt im Fokus. Sie widmen sich auch der so genannten Elementarpädagogik. „Pädagoginnen und Pädagogen steht das Wasser bis zum Hals. Nicht umsonst gehen sie österreichweit auf die Straße, um ihren Anliegen und Sorgen Gehör zu verschaffen“, befindet die pinke Bildungssprecherin Martina Künsberg-Sarre im Gespräch mit der Tiroler Tageszeitung. Tatenlos zuschauen würden die politisch Verantwortlichen seit Jahren, meint sie.
2022 wird die Bund-Länder-Vereinbarung zur Elementarpädagogik neu verhandelt. Der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen werde stetig größer, sagt Künsberg-Sarre. „Auch deshalb ist ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag essentiell.“ Um „qualitative Betreuung“ garantieren zu können, sei viel mehr Personal vonnöten, ein „ausgeglichenerer Fachkraft-Kind-Schlüssel“ wesentlich. „Das kann nur gelingen, wenn der Beruf aufgewertet wird – und die Pädagoginnen und die Pädagogen jene Wertschätzung bekommen, die ihnen zusteht.“
Künsberg-Sarre begehrt von ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek „zusätzliche und – wie international längst üblich – akademische Ausbildungswege, eine solidere Ausbildung der Assistenzkräfte und bessere Arbeitsbedingungen, damit die Leute im Beruf bleiben“.
Wie viele Bereiche in Österreich leide die erste Bildungsstufe „an einem Kompetenzdschungel“. Gesetzlich seien die Kindergärten Ländersache, betrieben würden sie von den Gemeinden, das Personal werde vom Bund ausgebildet. „Das ist mit ein Grund für das lückenhafte Angebot und den großen Aufholbedarf bei der Bildungs- und Betreuungsqualität. Klare Zuständigkeiten sind wesentlich, um endlich Meter machen zu können. Das Abputzen an anderen muss ein Ende haben“, konstatiert Künsberg-Sarre.
Das sei auch eine Frage des Geldes. Österreich investiere nur rund 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Kindergärten, in nordeuropäischen Ländern seien es bis zu zwei Prozent. Die heurige Bund-Länder-Vereinbarung ist für Künsberg-Sarre „eine große Chance“. Eine „spürbare Erhöhung“ der Investitionen von Bund und Ländern sei vorzusehen: „Wir dürfen bei der Kinderbetreuung nicht weiterwurschteln wie bisher. Bildungsminister Polaschek ist am Zug – mit klaren Zielen und transparenter Verhandlungsführung.“
Auch anderweitig drängen die NEOS auf eine „Bildungswende“. Im Schuljahr 2023/24 sollen Volks-, Mittelschulen und AHS-Unterstufen neue Lehrpläne bekommen. Vor einigen Tagen wurde mit dem Pflichtfach „Digitale Grundbildung“ die erste Verordnung in Begutachtung geschickt. Die Reform sei für vergangenen Herbst angekündigt gewesen, bis jetzt habe Minister Polaschek nichts vorgelegt, sagte Künsberg-Sarre: „Unsere Schulen wirken mit ihren Stundentafeln und Lehrplänen wie aus der Zeit gefallen.“
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger plädiert zudem wieder für etwas, das die SPÖ seit Langem fordert: eine „gemeinsame Schule“ – bis zum Alter von 14 oder 15 Jahren, als „Kompromissangebot an die Betonierer in der ÖVP“ wenigstens bis zwölf. Die Trennung der Kinder mit zehn Jahren in AHS und Mittelschule sei zu früh. Den Begriff Gesamtschule wolle sie vermeiden, sagt Meinl-Reisinger; der vermittle den Eindruck, dass alles nach „Schema F“ verlaufe.