Kultur Österreich

Grundsatzfragen: El Conde de Torrefiel bei den Festwochen

El Conde de Torrefiel: Pablo Gisbert und Tanya Beyeler
© APA

Ein Stück spielen; auf der Bühne eine Geschichte erzählen; Schauspieler Dialoge sprechen lassen - all das überlassen El Conde de Torrefiel gerne anderen Theatern. Tanya Beyeler und Pablo Gisbert, seit 2010 die Masterminds der in Spanien beheimateten Freien Gruppe, machen Basisarbeit. Ihre Performances behandeln Grundsätzliches. 2018 gastierten sie mit "La Plaza" bei den Wiener Festwochen, heuer haben sie als Visiting Artists zwei Produktionen und einen Workshop im Gepäck.

Das APA-Gespräch findet in den Bunker-ähnlichen Untergeschoßen der Hallen E+G im Museumsquartier statt. Beyeler, eine Schweizerin mit italienischen und spanischen Wurzeln, möchte so schnell wie möglich wieder zu den Proben auf die Bühne zurück. Erst vor drei Tagen sind sie in Wien angekommen, und schon am Mittwoch findet die Weltpremiere ihres neuen Stücks "Una imagen interior" ("Ein Bild aus dem Inneren") statt. Verdammt wenig Zeit, die in Wien gecasteten fünf lokalen Mitwirkenden in die Strukturen und Abläufe zu integrieren.

El Conde de Torrefiel (der Name ist keine Geheimbotschaft, sondern eine simple Adresse) arbeiten gerne mit Locals. "Als wir damit begonnen haben, war das eine Möglichkeit, uns stärker mit den Städten zu verbinden, in denen wir gastieren", erzählt Beyeler. "Wir wollten nicht einfach auf ein Gastspiel vorbeischauen und wieder abfahren." Was das Kollektiv sich vornimmt, macht es gründlich. Das gilt auch für die neue Produktion. "Obwohl das finale Resultat immer ganz simpel aussieht, gehen dem mindestens sechs Monate Vorarbeiten voraus. Es gibt eine Menge Schichten, die wir übereinanderlegen, um dann am Ende alles auf einen einfachen Kern zu reduzieren."

Geschriebener Text spielt immer eine Rolle im Bühnengeschehen, im neuen Stück wird er projiziert und gelesen. "Dabei verstehen wir uns gar nicht als akademisch. Wir arbeiten sehr wohl mit den Ausdrucksmitteln des Theaters. Aber wir verwenden viel Zeit dafür, die richtige Form zu finden." Diesmal ist der Text durchgängig in der Ich-Form gehalten. "Der Zuschauer muss sich also unmittelbar dazu verhalten, kann ihn annehmen oder ablehnen." Die Reise geht von der äußeren Welt in die Innere und wieder retour und beschäftigt sich mit der unabdingbaren Realität wie Licht, Luft und Wasser, und Dingen, die der Mensch erst geschaffen hat wie Religion, Geld oder Gebäude. Klingt unkonventionell, abstrakt und für die Zuschauer herausfordernd.

Herausfordernd gestaltet sich auch die Suche nach einem Spielort für "Ultrafiktion Nr. 1 / Fracciones de Tiempo" (Zeitbruchstücke), einer im Juli 2021 beim Festival Santarcangelo uraufgeführten Produktion, die ab 9. Juni Open Air auf einer Wiese in Wien gezeigt werden soll. "Es stehen einige Orte zur Auswahl, aber anscheinend sind die bürokratischen Hürden ziemlich hoch." Auch dieser Abend wird, soviel steht fest, außergewöhnlich. Die Besucher werden mit Texten, Tönen und einem in der Natur stehenden Screen konfrontiert - keine Schauspieler, keine Bühne, aber vierbeinige Überraschungsgäste und viele Bäume, die mitzuspielen scheinen. Es geht um unsere Art, Dinge wahrzunehmen.

Davor, nämlich ab 3. Juni, startet ein viertägiger Workshop, der am 6. Juni in eine 50-minütige Performance münden soll. Unter dem Titel "Cosmic Movements" sollen zwölf Teilnehmer eine "Recherche zu Massenszenen an der Schnittstelle der Gegenwart zu einer unbekannten Zukunft" unternehmen. Verheißen werden "performative Aktionen, die Spaß machen sollen". Freizeit werden El Conde de Torrefiel bei ihrem Wien-Aufenthalt also nicht viel haben. "Wir können nicht anders. Das ist unsere Aufgabe", lacht Beyeler. "Bäcker backen jeden Tag Brot. Ärzte versorgen jeden Tag Patienten. Und wir müssen eben jeden Tag Theater machen."

(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)

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