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Regierung will Kurzarbeitsmodell bis Ende 2022 verlängern

Arbeitsminister Martin Kocher.
© HERBERT NEUBAUER

Statt bis Ende Juni soll das aktuelle Kurzarbeitsmodell noch bis Jahresende laufen. Die Prüfung soll jedoch gleichzeitig strenger erfolgen. Das sei ein Kompromiss, künftig solle Kurzarbeit nur noch in "ganz spezifischen Fällen" geben.

Wien – Das bis Ende Juni befristete Kurzarbeitsmodell wird bis Ende des Jahres verlängert. "Es wird die Kurzarbeit weitergeben mit strengerer Prüfung", sagte Kocher am Dienstag auf Journalistennachfrage bei einer Pressekonferenz in Wien. Ein entsprechender Vorschlag des Finanz- und Arbeitsministeriums sowie des Arbeitsmarktservice (AMS) zur Kurzarbeitsverlängerung wurde heute im AMS-Verwaltungsrat beschlossen.

Die Arbeitnehmervertreter stimmten im Verwaltungsrat aber dagegen, weil sie einen höheren Einkommensersatz fordern. "Wir sind selbstverständlich für eine Verlängerung der Kurzarbeit und haben uns in den vergangenen Monaten auch vehement dafür eingesetzt", so die leitende ÖGB-Sekretärin, Ingrid Reischl, in einer Aussendung. "Wir sind aber der Meinung, dass 90 Prozent Nettoersatzrate für alle ArbeitnehmerInnen gelten muss." Die Beschäftigten hätten in den letzten zwei Jahren Coronapandemie "genug zurückgesteckt". Derzeit laufen noch Gespräche zwischen Gewerkschaft und Wirtschaftskammer zu den Details der Kurzarbeitsverlängerung. "Die entsprechende Sozialpartnervereinbarung zur Kurzarbeit wird es in den nächsten Tagen geben", kündigte Reischl an.

Die Zahl der Personen in Kurzarbeit ist inzwischen weiter gesunken.
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Die Verlängerung ist für den Arbeitsminister, "ein guter Kompromiss zwischen den verschiedenen, unterschiedlichen Interessen". Bisher wurden laut Kocher Kurzarbeitsanträge "mehr oder weniger automatisch angenommen, wenn keine Besonderheiten auftauchen". Dies sei aufgrund der hohen Antragszahl geschehen. Künftig sollen alle Anträge streng geprüft werden, ob Unternehmen alle Voraussetzungen erfüllen. Beim Zugang zur Kurzarbeit strenger zu werden, sei "entscheidend", so der Arbeitsminister. Wenn sich die wirtschaftliche Lage verschlechtere, funktioniert das aktuelle Kurzarbeitsmodell "gut als Krisenmodell".

Kostenbeteiligung der Arbeitgeber weiter bei 15 Prozent

Das seit März 2020 laufende Corona-Kurzarbeitsmodell wurde Mitte 2021 reformiert, bis März 2022 gab es zwei verschiedene Modelle. Einerseits gab es eine unveränderte Variante für besonders betroffene Unternehmen bis Ende März 2022 und andererseits ein Übergangsmodell mit reduzierter Förderhöhe für Betriebe bis Ende Juni 2022. Das aktuelle Modell mit einer 15-prozentigen Kostenbeteiligung der Arbeitgeber soll nun bis Ende des Jahres verlängert werden.

Die Nettoersatzrate für Beschäftigte in Corona-Kurzarbeit ist seit März 2020 unverändert und liegt je nach Einkommenshöhe bei 90 Prozent, 85 Prozent oder 80 Prozent. Die Ersatzrate soll bis Jahresende gleich bleiben.

Am meisten Beschäftigte waren im April 2020 in Kurzarbeit, damals erhielten über eine 1 Millionen Personen Kurzarbeitsbeihilfe. Zur Kurzarbeit waren am Anfang der Woche noch rund 53.000 Personen vorangemeldet. Von März 2020 bis Ende März 2022 beliefen sich die staatlichen Ausgaben für die Corona-Kurzarbeit auf 9,56 Mrd. Euro. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor.

Die Gelder für die Kurzarbeit sind für einen Großteil der Kosten der Corona-Hilfen verantwortlich.
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Arbeitslose gehen weiter zurück

Gute Nachrichten gibt es weiterhin vom heimischen Arbeitsmarkt trotz einer gewissen Wirtschaftsabkühlung aufgrund des Ukraine-Kriegs und der hohen Energiepreise. Im Vergleich zur Vorwoche waren 4.216 Personen weniger arbeitslos. Derzeit haben hierzulande 314.780 Personen keinen Job, davon sind 241.507 arbeitslos gemeldet und 73.273 nehmen an AMS-Schulungsmaßnahmen teil. Die positive Dynamik am Arbeitsmarkt werde aber derzeit von den geopolitischen Ereignissen und ihren wirtschaftlichen Auswirkungen gebremst, so Kocher.

Der Arbeitsminister verwies auf eine positive Entwicklung bei der Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit. Nach 148.000 Langzeitbeschäftigungslosen im April 2021 ist die Zahl bis Ende April auf 95.000 gesunken. Der Wirtschaftsaufschwung und das Förderprogramm Sprungbrett hätten diesen Rückgang möglich gemacht, sagte Kocher. Die Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer unter 25 Jahre lag Ende April mit 50.110 Betroffenen um rund 16 Prozent niedriger als im Vorjahresmonat.

Nach dem Rücktritt von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) am vergangenen Montag erhielt Kocher auch die Wirtschaftsagenden. Als Wirtschaftsminister wurde Kocher zwei Tage später angelobt. Es sei eine "große Herausforderung" und er habe "viel Respekt davor", sagte der neue Wirtschaftsminister. Die von der Gewerkschaft kritisierte Zusammenlegung des Arbeits- und Wirtschaftsministerium verteidigte Kocher erneut. Es werde "einen Interessensausgleich im Ministerium geben" und die Sozialpartner würden "noch wichtiger".

Als neuer Wirtschaftsminister kommentierte Kocher am Dienstag auch die Wirtschaftsentwicklung. "Dass Österreich auch von der EU-Kommission für 2022 ein BIP-Wachstum von 3,9 Prozent prognostiziert wird, ist sehr erfreulich", so der Minister. Der Aufschwung werde "einerseits vom privaten Konsum, der sich während der Pandemie aufgestaut hat, und andererseits vom Wachstum in zahlreichen Branchen getragen". Trotz des Kriegs und vieler Unsicherheiten seien die Wachstumsaussichten "derzeit weiterhin gut". (APA)

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