Bezirk Imst

Sehnsucht nach Heimat: Neue Ausstellung im Heimatmuseum Ötztal

Edith Hessenberger vor dem Jahreskreis der Berglandwirtschaft, einem der vielen Themen im Ötztaler Heimatmuseum.
© Paschinger

Das Heimatmuseum Ötztal in Längenfeld erhielt im Vorjahr den österreichischen Museumspreis. Nun wurde die Ausstellung im Haupthaus völlig neu gestaltet.

Längenfeld – Die Sucht, so auch die Sehnsucht, kommt vom Suchen – und wenn es um den Begriff, aber auch den Inhalt von „Heimat“ geht, dann wird man im Ötztaler Heimatmuseum fündig. Zuerst muss man es freilich suchen und finden. Das ist gar nicht so leicht, auch wenn die Hinweisschilder zielstrebig den Weg in den Längenfelder Ortsteil Lehn unter dem mächtigen gleichnamigen Wasserfall weisen.

„So mancher ist beim ersten Besuch am Gelände etwas überfordert“, gesteht die Leiterin der Ötztaler Museen, Edith Hessenberger. Inzwischen gibt es ein Leitsystem. Elf Gebäude des Fleckens gehören zum preisgekrönten Museum, nur ein einziges davon wurde an einem anderen Ort abgebaut und hier wieder errichtet. „Das ist das Schöne hier“, zeigt sich Hessenberger beeindruckt, „es herrscht leise Echtheit, Authentizität.“ Hier sei man weg von Inszenierung – „gewissermaßen ein Gegenangebot zur lauten Zeit“.

Was als Erstes auffällt: Es gibt kaum Zäune, aber viel offenen, gemeinsamen Raum. Sowohl vor dem Museum als auch vor dem Gedächtnisspeicher, dem Archiv der Ötztaler, stehen Bänke. „Heute hat ein jeder einen blickdichten Thujenzaun ums Haus herum“, meint etwa Hans Haid, der frühere Obmann des Museumsvereins. „Es gibt einige Zäune, aber rund um das Gemüse. Da geht es um Ein- oder Auszäunen“, sagt Hessenberger. Diesem Konzept entsprechend gibt es im Ötztaler Heimatmuseum auch keinen fixen Eintrittspreis. Man soll geben, was einem der Aufenthalt wert ist.

Am Donnerstagabend wurde nicht nur das neue Konzept der Ausstellung vorgestellt, sondern auch das Buch „Heimat ist nichts Gemütliches“ von Maria Heidegger präsentiert.
© Paschinger

Und schon geht es hinein ins Haus mit der Nummer 1. Am Eingang prangt stolz die Plakette mit dem Hinweis „Österreichischer Museumspreis 2021“. Gleich im Flur ist ein Plan des Museums und ein vorgeschlagener Rundweg aufgemalt. Weiter hinten hat man einen „Stammbaum“ der Besitzer und Menschen in der 350-jährigen Geschichte des Hauses sichtbar gemacht. „Hier wurden nachweislich 32 Personen geboren, aber auch zumindest acht aufgebahrt“, versucht Hessenberger die Verknüpfung von Leben und Tod in früheren Zeiten aufzuzeigen.

Im Erdgeschoß beeindrucken jedenfalls die durchaus repräsentative Stube, „wo der Besitzer gezeigt hat, was er sich leisten kann“, als auch die anschließende Küche.

Dann zieht sich das Leben von damals durch die Räume. Etwa die Berglandwirtschaft mit ihrem Jahreskreis, in dem sich alles nach dem Heu richtete. Aber man erfährt auch, dass die Steigeisen der Bergbauern für ihre steilen Wiesen dann im beginnenden Tourismus eine neue Funktion am Berg erhielten. Was tat man im Winter? Und warum wurde so viel Flachs verarbeitet? Der wurde auch zu Segeltuch verwebt und reiste auf niederländischen und venezianischen Schiffen um die Welt, erfährt man.

Es geht natürlich auch um die Menschen. Wie lebten und liebten sie, woran glaubten sie? Wie wuchsen Kinder auf? Und wie ging man mit dem Tod um? „Wir versuchen, vom Detail aus das Allgemeine zu erklären“, schildert Hessenberger das neue System, das alles andere als eine überfrachtete Rumpelkammer darstellt. „Es war ja so, dass in der Anfangszeit ein solches Heimatmuseum mit Dingen vollgestopft wurde, die man eigentlich nicht mehr brauchte.“ 1979 wurde es eröffnet. „Jetzt ist ein engagiertes und kompetentes junges Team am Werk“, freut sich Hans Haid über das Team seines Nachfolgers Benedikt Haid und die weiterentwickelte Ausstellung, die am Donnerstagabend präsentiert wurde.

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Im Dachboden setzt man sich schließlich mit dem Begriff Heimat an sich auseinander. Ein Thema, das Maria Heidegger in ihrem Buch „Heimat ist nichts Gemütliches“ erarbeitet hat – es wurde am Donnerstag als neues Ötztaler Heimatbuch vorgestellt. (pascal)

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