Forum Justiz

VfGH-Präsident: „Braucht Staatsorgane, die sich vor die Verfassung stellen“

OLG-Präsident Klaus Schröder lud Verfassungsgerichtshofpräsidenten Christoph Grabenwarter (r.) zum Vortrag über das Höchstgericht.
© Fellner

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Christoph Grabenwarter, sprach beim Forum Justiz in Innsbruck zur Lage und zu den aktuellen Herausforderungen des VfGH als Wahrer des Rechtsstaats.

Von Reinhard Fellner

Innsbruck – Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wirkte über Jahrzehnte weitgehend außerhalb öffentlicher Wahrnehmung als Wahrer der Rechtsstaatlichkeit. Ein neuer Stil in Teilen der Politik zwang nun nicht erst seit der Enthüllung der Ibiza-Videos zum Handeln. Über die Kontrollfunktion bezüglich der Aktenvorlage an parlamentarische Untersuchungsausschüsse befindet sich der VfGH plötzlich mitten in der Tagespolitik: „Wir stehen da im Epizentrum der parteipolitischen Diskussion. Dorthin will ein Gericht aber nie. Wir ordnen ja auch nicht an, was vorzulegen ist, sondern beurteilen die Begründung für eine Nichtvorlage von Akten“, so VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter im gestrigen Forum Justiz des Innsbrucker Oberlandesgerichts.

Die Rolle der Justiz ist eine zurückhaltende. Sie hat am Schlachtfeld der Politik nichts verloren!
Christoph Grabenwarter (VfGH-Präsident)

Den Umgang mit persönlichen Aktenbestandteilen durch U-Ausschüsse sieht Grabenwarter differenziert: „Die Verantwortung für Persönlichkeits- und Datenschutz liegt letztlich beim parlamentarischen Organ. Aber man wird auch einmal politisch bilanzieren müssen, ob es hier Regelungsbedarf gibt und ob die derzeitigen Vorlageverpflichtungen der Staatsanwaltschaften adäquat sind. Die Rolle der Justiz ist ja eine zurückhaltende. Sie hat am Schlachtfeld der Politik nichts verloren!“

Auf Anfrage von Anwalt Ivo Greiter sieht der VfGH-Präsident die Verfassung „in Österreich besser aufgestellt als sonstwo“. Die notwendige Zweidrittelmehrheit im Parlament für Verfassungsänderungen bringe Stabilität. Angesichts von Rechtspopulisten und den Vorgängen in der Türkei warnt Grabenwarter aber: „Es braucht Staatsorgane, die sich schützend vor die Verfassung und deren Prinzipien stellen.“ Der VfGH punktet derweil mit Rechtsprechung: 5253 Verfahren fielen 2021 an. Erledigungsdauer pro Fall: 134 Tage. Grabenwarter: „Da sind wir EU- und Weltspitze!“

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