„Der Weltuntergang“ beim Steudltenn Festival: Apokalypse ist geil
Noch dreht sich die Erde: „Der Weltuntergang“ beim Steudltenn ist ein Fiebertraum mit Gegenwartsbezug.
Von Barbara Unterthurner
Uderns – Die Erde muss ausgesondert werden. Andere Lösung gibt es keine, beschließen die Planeten des Sonnensystems auf einem spontan einberufenen Krisenmeeting. Schließlich bringt die Erde das kosmische Gleichgewicht aus dem Lot. Sie ist an Menschen erkrankt. Kein Zustand, der für die Sphärenharmonie länger tragbar ist. Ein Komet soll’s richten. Schon in zwei Wochen ist alles vorbei. Der Countdown läuft.
Wohin „Der Weltuntergang“ von Jura Soyfer (1912–1939) steuert, ist vorgezeichnet. Bis zum bitteren Ende. Dass der Stoff von 1936 in eine Welt von heute passt, dürfte ebenso klar sein. Angesichts einer nahenden Klimakatastrophe sind Weltuntergangsszenarien, von „Armageddon“ bis „Don’t look up“, auch eine Art Betäubungsmittel. Wenn denn ein Retter naht.
Auch auf der Steudltenn-Theaterbühne, wo „Der Weltuntergang“ am Mittwoch seine Premiere hatte, gibt es die eine Person, die versucht, Heldin zu sein. Professorin Guck (Lisa Hörtnagl), anerkannt und hochdotiert, warnt vor dem großen Knall – und hat prompt eine Maschine parat, die das Schlimmste verhindern soll. Aufmerksamkeit bekommt sie von ihrem Umfeld, egal, ob aus Politik, Medien oder Wissenschaft, dafür aber keine. Apokalypse ist geil. Zu steil ist der Kurs der Weltuntergangsaktien, zu steil der Soundtrack zum Jüngsten Gericht (Musik: Oliver Stotz). Für die Mächtigen ist Krisenmanagement gleich gelooptes Geschwafel, die Medien gehen kurz vor Schluss noch live. In der Hoffnung, dass das Ende das ganz große Event wird.
Eines, das ein Milliardär namens „Elan Murks“ lieber von oben betrachten möchte. Mit einer eigenen Rakete will er dem Schicksal der Menschheit entfliegen. Ja, das kommt einem schon alles sehr bekannt vor, „Der Weltuntergang“ in der Inszenierung von Christine Eder ist im Heute angekommen. Das entschleunigt das wilde Geschehen nicht, sondern heizt es nur weiter an. Die vier Schauspieler (neben Hörtnagl noch Isabella Knöll, Thomas Frank und Viktor Rabl) wechseln von Figur zu Figur, singen, tanzen, gackern, treten zur x-ten Pressekonferenz an. Immer schneller dreht sich diese Erde, die hier eben eine Scheibe ist (Ausstattung: Elke Auer). Verzweiflung macht sich erst irgendwann breit. Weil Ulkerei auch nichts hilft.
„Der Weltuntergang“ im Zillertal hat auch etwas von einem Fiebertraum – passenderweise sind die SchauspielerInnen schon im Pyjama. Ein Fiebertraum, der in seiner Überzeichnung oft lustig ist, den bitteren Beigeschmack aber beibehält. Nicht nur für das Stück gilt: So schnell kann man gar nicht schauen – schon ist alles vorbei.