Kultur Österreich

Traude Kossatz geht im Figurentheater Lilarum neue Wege

Lilarum-Gründerin Traude Kossatz geht mit 82 mit ihrem neuen Stück neue Wege
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Weit über 30 Stücke hat Traude Kossatz in dem 1980 von ihr gegründeten Figurentheater Lilarum in Wien entwickelt und inszeniert, mit ihrem neuen Stück "Mia und der Schattenfleck", das am Samstag Premiere feiert, möchte sie neue Wege gehen: "Erstmals versuche ich eine schnellere Szenenfolge, bei der keine durchgehende Geschichte erzählt wird, sondern die einzelnen Szenen nichts miteinander zu tun haben", sagt die 82-jährige Theaterfrau im APA-Interview.

Die Sehgewohnheiten des jungen Publikums hätten sich geändert, die "Kinder haben keine Geduld mehr für längere Sachen - glaube ich". Wenn Kossatz, die einst eine Uhrmacherlehre absolvierte, aber schon bald ihrer Faszination für Malerei, Illustration, Figurenbau und Theater nachgab, über ihr junges Publikum spricht, formuliert sie sehr vorsichtig. Oberlehrerhaftigkeit und erhobenen Zeigefinger möchte sie um jeden Preis vermeiden. Ihre eigenen Söhne sind erwachsen (einer arbeitet im Theater mit, der andere springt bei IT-Problemen ein), sie wisse also nicht mit Bestimmtheit zu sagen, was heutige Kinder wirklich bewege, sagt sie. "Ich hab' eigentlich immer das gemacht, was mir selbst gefallen hat."

Und das hat offenbar vielen anderen auch gefallen. Seit 1997 spielt das Lilarum in einem 1907 für den Katholischen Arbeiterverein Landstraße errichteten, nach dem Zweiten Weltkrieg als Tanzlokal geführten und danach bis zur Wiederentdeckung durch Kossatz kulturell nicht mehr genützten Saal, in dem jährlich zwischen 30.000 und 40.000 Theaterbesucher begrüßt werden. Seit Jahrzehnten ist das Lilarum erste Anlaufstelle für Eltern, die mit ihren Kindern schon im Vorschulalter ins Theater gehen wollen. "Mittlerweile kommen frühere Besucher und sagen, endlich können wir mit unseren Enkerln zu Ihnen kommen", lacht die agile Theatergründerin.

Warum hat sie sich damals auf die 3- und 4-Jährigen spezialisiert? Kossatz denkt länger über diese Frage nach. "Ich glaube, weil man den Kleinen in diesem Alter sehr leicht wehtun kann, weil sie sehr empfindlich sind. Das Sensible im Umgang mit ihnen hat mich gereizt." Im Lilarum wurde eine ganz eigene Technik des Figurentheaters entwickelt. Die textilen Figuren werden sorgfältig in Handarbeit hergestellt und von Puppenspielern geführt. Der Text wird jedoch von professionellen Schauspielern aufgenommen und über Tonband eingespielt. So hört man etwa bei "Mia und der Schattenfleck" u.a. Doris Hindinger und Christian Strasser, die bekannte Gruppe Die Strottern hat extra für das Stück neue Musiknummern komponiert und aufgenommen. Dadurch wird gleichbleibende Qualität sichergestellt, sind allerdings nachträgliche Veränderungen an einem Stück jedoch nicht einfach. Und in über vier Jahrzehnten habe sich schon das eine oder andere im Repertoire angesammelt, das von manchen Eltern als nicht mehr ganz zeitgemäß empfunden werde, gibt die Theaterchefin zu.

Durch die Pandemiezeit ist man Dank der Subventionsgeber, die Unterstützungen auch auszahlten, wenn das Theater nicht spielen konnte, ganz gut über die Runden gekommen, erzählt Lilarum-Mitarbeiter Andreas Moritz, die Kontinuität des Publikums sei jedoch verloren gegangen: "Eigentlich muss man das Publikum wieder neu aufbauen." Die 120 Plätze werden aber wohl nicht nur bei der Premiere am Samstag weitgehend belegt sein. Auch ohne durchgehende Handlung gibt es übrigens etwas, das als Roter Faden der gemeinsamen Abenteuer des Mädchens Mia und des Schattenflecks Mex dienen kann, ob sie dem aus allen Wolken gefallenen Regentropfenkönig begegnen oder die Farben vor dem Graumonster retten: Hilfe braucht jeder einmal.

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