Schulmassaker in Texas

Schulmassaker in Texas: Angreifer schickte vor Tat Nachrichten an Deutsche

Die Trauer und das Entsetzen über den Amoklauf in der Robb Elementary School in Texas mit 21 Toten ist groß. Die Ermittler versuchen nun, „detaillierte Hintergrundinformationen" über den Täter, sein Motiv und seine Waffen zusammenzutragen.
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Er werde nun das Feuer eröffnen – diese Nachricht soll der 18-jährige Amokläufer von Uvalde einer Jugendlichen aus Frankfurt geschickt haben. Das geht aus einem CNN-Bericht hervor. Demnach stand sie seit Anfang Mai täglich mit dem Angreifer in Kontakt. Indes ist der Streit über strengere Waffengesetze offen ausgebrochen. Auf einer Pressekonferenz kam es zum Eklat. Der Ton wird rauer.

Uvalde – Der Angreifer, der an einer Volksschule im US-Bundesstaat Texas 19 Kinder und zwei Lehrpersonen erschoss, soll laut CNN kurz vor der Attacke mehrere Nachrichten an eine Jugendliche in Deutschland geschickt haben. Der US-Nachrichtensender berichtete am Mittwoch, der 18-Jährige habe der 15-Jährigen aus Frankfurt am Dienstag geschrieben, er werde das Feuer in einer Schule eröffnen. Zudem berichtete der texanische Gouverneur Greg Abbott am Mittwoch von einer Ankündigung auf Facebook.

Diese ähnelte jenen Mitteilungen, über die nun CNN berichtete. Ein Sprecher des Facebook-Mutterkonzerns Meta hatte erklärt, es habe sich um private Nachrichten gehandelt.

Mädchen hatte täglich Kontakt mit dem Schützen

CNN beruft sich bei dem Bericht auf Screenshots der Nachrichten und ein Interview mit der 15-Jährigen. Diese sagte demnach, sie habe vor zweieinhalb Wochen angefangen, sich über eine App mit dem Schützen auszutauschen. Der 18-Jährige habe ihr Videos von sich geschickt und angekündigt, sie in Europa besuchen zu wollen. Nach eigenen Angaben sprach sie täglich über den Chat-Dienst Facetime mit dem Angreifer und hatte auch auf zwei weiteren Apps Kontakt mit ihm. Der Schütze schickte dem Sender zufolge auch Videos von sich an das Mädchen. „Er sah glücklich aus und fühlte sich wohl im Gespräch mit mir", zitierte CNN das Mädchen.

Der Amoklauf an der Robb Elementary School ist eines der opferreichsten Schulmassaker in der US-Geschichte. Nur beim Shooting an der Sandy Hook Volksschule in Connecticut 2012 starben mehr Menschen.
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Kurz vor der Tat soll er sich per Textnachricht über seine Großmutter beschwert haben, weil sie mit einem US-Telefonanbieter über sein Telefon spreche. „Das ist ärgerlich." Sechs Minuten später schrieb er dem Mädchen: „Ich habe meiner Großmutter gerade in den Kopf geschossen." Die Frau überlebte. Der Schütze habe dem Mädchen nur wenige Sekunden später – um 11.21 Uhr Ortszeit (18.21 Uhr MESZ) – dann geschrieben, in einer namentlich nicht genannten Grundschule um sich schießen zu wollen, so CNN. Das sei die letzte Nachricht an das Mädchen in Deutschland gewesen. „Jedes Mal, wenn ich mit ihm sprach, hatte er nie Pläne mit seinen Freunden", sagte das Mädchen CNN zufolge weiter. Der Großvater des Schützen sagte dem Sender ABC, dass sein Enkel nicht viel geredet habe. „Er war sehr ruhig."

„Kranker Bastard": Pressekonferenz eskalierte

Unterdessen kocht die Debatte über strengere Waffengesetze in den USA weiter hoch. Bei der Pressekonferenz mit Republikaner Abbott in Uvalde kam es sogar zu einem Eklat und verbalen Ausfällen. Der Demokrat O'Rourke befand sich während der Veranstaltung im Publikum und warf dem Republikaner vor, nichts gegen die grassierende Waffengewalt in den USA zu unternehmen. Der 49-Jährige will bei der nächsten Gouverneurswahl in Texas im November gegen Abbott antreten. Abbott reagierte auf die Vorwürfe nicht, während andere Offizielle O'Rourke zur Ordnung riefen und ihn dazu aufforderten, den Saal zu verlassen.

Während der republikanische Gouverneur Abbott sich bei einer Pressekonferenz zu dem Schul-Amoklauf in Texas äußert, unterbrach der Demokrat O'Rourke den Republikaner wegen seiner Waffenpolitik.
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Ein Mann rief O'Rourke zu: „Sie fallen aus dem Rahmen, und Sie sind peinlich." Ein anderer Mann beschimpfte den Demokraten wüst und sagte: „Ich kann nicht fassen, dass Sie ein kranker Bastard sind, der aus einer Sache wie dieser ein politisches Thema machen will." O'Rourke verließ nach der verbalen Auseinandersetzung den Raum. „Wir können etwas tun", sagte er im Anschluss sichtlich aufgebracht vor laufenden Kameras. Abbott kümmere sich mehr um seine politische Karriere als die Menschen in Texas. „Das ist gestört", rief O'Rourke.

Kritisiert die laschen Waffengesetze in Texas: Der Demokrat Beto O'Rourke.
© IMAGO/Bob Daemmrich

Alle Opfer waren in einem Klassenraum

Abbott und weitere Offizielle äußerten sich bei der Pressekonferenz in der Kleinstadt Uvalde erstmals detailliert zu dem Blutbad an der Robb Elementary School. Demnach soll der Jugendliche das Blutbad in einem einzelnen Klassenraum angerichtet haben. Alle Toten seien in einem Klassenraum gewesen, in dem sich der Täter zuvor verbarrikadiert hatte, sagte Polizeisprecher Chris Olivarez. Während die Schüsse fielen, hätten Beamte Fenster eingeschlagen und versucht, Kinder und Mitarbeiter zu evakuieren. Schließlich sei es ihnen gelungen, „Eintritt in das Klassenzimmer zu erzwingen, in dem sich der Schütze befand", sagte der Polizeisprecher. Er wurde von der Polizei erschossen.

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Angehörige der Opfer.
© AFP

Der 18-Jährige hatte Ermittlern zufolge im März innerhalb weniger Tage in einem Geschäft zwei Sturmgewehre und Munition gekauft. Abbott führte in der Pressekonferenz diese und ähnliche Taten nicht auf den leichten Zugang zu Waffen, sondern auf eine Zunahme von psychischen Erkrankungen zurück. Er lobte außerdem die Polizei und merkte an: „Die Realität ist, so schrecklich wie das, was passiert ist, es hätte schlimmer sein können." Der 64-Jährige ist ein ausgesprochener Befürworter von lockeren Waffengesetzen. Die Waffenlobby-Organisation National Rifle Association (NRA) plant an diesem Freitag ihre Jahresversammlung in Texas. Bei dem Treffen in Houston soll auch Bidens republikanischer Vorgänger Donald Trump sprechen.

Biden: „Ich habe einfach satt, was da vor sich geht"

Eine Verschärfung der Waffengesetze in den USA scheitert seit vielen Jahren an einer grundlegenden Uneinigkeit zwischen Demokraten und Republikanern in dieser Frage. Während viele Demokraten seit langem eine substanzielle Verschärfung der Vorschriften für Waffenbesitz im Land fordern, sind viele Republikaner vehement dagegen. „Ich habe einfach satt, was da vor sich geht", sagte Biden am Mittwoch und warb einmal mehr für eine Reform der Waffengesetze im Land. Viele Änderungen könnten einen Unterschied machen, ohne dass sich dies negativ auf den zweiten Verfassungszusatz auszuwirken würde.

Der US-Präsident kündigte an, er wolle „in den nächsten Tagen" mit seiner Ehefrau Jill nach Texas reisen und sich dort mit Familien treffen.
© STEFANI REYNOLDS

Das Recht auf Waffenbesitz in den USA ist in der Verfassung verankert. Der entsprechende Passus stammt aus dem 18. Jahrhundert. Biden betonte, bei der Verabschiedung des zweiten Verfassungszusatzes habe es bestimmte Waffen noch gar nicht gegeben. Dass ein 18-Jähriger heute einfach in ein Geschäft gehen könne, um Kriegswaffen zu kaufen, sei nicht richtig. „Das ist gegen den gesunden Menschenverstand." Der US-Präsident kündigte an, er wolle „in den nächsten Tagen" mit seiner Ehefrau Jill nach Texas reisen und sich dort mit Familien treffen.

Schüler hatte Waffen im Kofferraum: Festnahme

Ein Vorfall in der texanischen Stadt Richardson sorgte am Mittwoch außerdem für Aufregung. Die Polizei wurde über einen Jugendlichen informiert, der bewaffnet in Richtung einer Schule laufen würde. Der verdächtige Schüler sei schließlich von der Polizei in der Schule aufgegriffen worden – Waffen seien aber nicht bei ihm gefunden worden, hieß es in einer Mitteilung. Allerdings hätten die Beamten im Kofferraum des Autos des Verdächtigen auf dem Parkplatz Waffen entdeckt. Der Jugendliche sei festgenommen worden – weitere Details gab die Polizei nicht bekannt. (AFP/dpa/APA, TT.com)

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