Krieg in Ukraine

Was die Ukraine mit dem pazifischen Raum zu tun hat

Zuletzt fand in Japan ein Treffen der Quad-Gruppe statt, an dem sich die Staatschefs von Australien, den USA, Japan und Indien zu einem Gipfel über regionale Sicherheit trafen.
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Der Ukraine-Konflikt bindet russische und amerikanische Ressourcen in Europa. Taiwan befürchtet eine Beispielwirkung.

Von Herbert Bauer

Moskau, Peking –Russland reicht geographisch von Europa über Asien bis zum Pazifik. Während Russland in der Ukraine Krieg führt, erinnert Japan daran, dass Russland seit Ende des 2. Weltkriegs vier Inseln der Kurilen besetzt hat. Die Bedeutung der Kurilen für Russland liegt im ungehinderten Zugang zum Pazifik. Mit Marinemanövern in diesem Raum will Russland dokumentieren, dass es sowohl Krieg gegen die Ukraine an der Westgrenze führen und zugleich im Osten an der Pazifikküste militärische Präsenz zeigen kann. Der Verlauf des Ukraine-Kriegs erhöhte allerdings den russischen Truppenbedarf. So sollen zwei Marineinfanterie-Brigaden von Wladiwostok per Eisenbahn Richtung Ukraine abgerückt sein.

Zuletzt fand in Japan ein Treffen der Quad-Gruppe statt, an dem sich die Staatschefs von Japan, Australien, Indien und den USA zu einem Gipfel über regionale Sicherheit trafen. Während des Treffens näherten sich chinesische und russische Bomber gemeinsam der Insel. Wegen dieses äußerst provokativen Zwischenfalls hat Japan gegenüber Russland und China große Besorgnis zum Ausdruck gebracht.

Das Zusammenwirken der beiden Länder genau zu diesem Zeitpunkt richtet sich gegen die USA und ihre Schutzrolle für die asiatischen Inselländer. Es wird sichtbar, dass sowohl die USA als auch Russland gezwungen sind, an beiden Gegenküsten ihrer großen Territorien zu handeln, und China dabei seine eigenen Ziele verfolgen kann.

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Der Völkerrechtsbruch des russischen Angriffs auf die Ukraine führt zu erheblicher Sorge Taiwans, dass China Ähnliches auch hier umsetzen könnte. US-Präsident Biden hat bei dem Treffen in Japan Taiwan für den Fall eines chinesischen Angriffs militärische Unterstützung zugesagt. China machte daraufhin erneut klar, dass es sich bei der Taiwanfrage um eine innerchinesische Angelegenheit handle, weil es die taiwanesische Eigenstaatlichkeit nie anerkannt hat.

Immer wieder führen die Chinesen Manöver rund um Taiwan durch, wobei zuletzt auch der Angriff vom Meer aus geübt wurde. China verfügt seit wenigen Jahren über Flugzeugträger und erweitert laufend die Flotte der Landungsschiffe und der U-Boote. Ostwärts von Taiwan fällt der Meeresboden rasch in eine Tiefe, was U-Booten die Chance zum unerkannten Manövrieren gibt. Mit Taiwan hätte China erstmals einen ungehinderten Zugang zum Pazifik und könnte US-Flotten mit U-Booten aus der tiefen Weite auf Distanz halten.

Damit sie sich vor einem chinesischen Angriff schützen können, liefern die USA das Luftabwehrsystem Patriot nach Taiwan, mit dessen Hilfe Kampfflugzeuge, Marschflugkörper, Drohnen und Raketen identifiziert und bekämpft werden können.

Für China geht es um den maritimen Teil der neuen Seidenstraße und die dafür höchst relevante Straße von Malakka. China baut daher auf Inseln und Atollen im Südchinesischen Meer Stützpunkte aus und nicht immer sind die Anrainerstaaten einverstanden. Während z. B. die Philippinen, Malaysia und Brunei jeweils einen Teil der Spratly-Inseln für sich beanspruchen, erheben Vietnam, die Volksrepublik China und Taiwan jeweils Anspruch auf die gesamte Inselgruppe.

Die USA müssen aus ihrer Sicht den Pazifik mit den angrenzenden Meeren von San Diego/Kalifornien über Guam und Hawaii durch Flottenpräsenz dominieren, was im Widerspruch zu Chinas Absichten steht.

Insgesamt wird deutlich, wie sich Großmächte durch globale Machtprojektionen kräftemäßig binden können und man beim Ukraine-Krieg am Schwarzen Meer auch Taiwan im Pazifik mitdenken muss.

Zur Person

Herbert Bauer, Generalmajor i. R. und ehemaliger Militärkommandant von Tirol, betreibt den militär- und sicherheitspolitischen Podcast „Stets bereit“.