Heart of Noise: Subkultur serviert Farbsuppe im Keller
Das Heart of Noise sprengt Hörkonventionen. Der Eröffnungstag stand ganz im Zeichen heimischer Acts.
Von Barbara Unterthurner
Innsbruck –Seit 2009 ist das Heart of Noise Festival (HoN) bemüht, das Aktuellste, Neueste in der Musik mit seinem Programm abzubilden. Experimentell darf es sein, etwas, das Hörkonventionen erneut sprengen will, dort wo einst noch die Buchstaben E und U Ernsthaftes vom Unterhaltenden trennten. Was das HoN in den letzten Jahren mit Spielstätten im Kulturquartier zusätzlich gelang, ist ein Clash der Kulturen. So auch heuer: Während im Großen Haus und im Haus der Musik die Hochkultur gefeiert wurde, brummte draußen die Subkultur. Ausweichen unmöglich. Die queeren KünstlerInnen des georgischen Club Bassiani, die die Tiroler Künstlerin Carmen Brucic mit ihrem Projekt „Private Stages/Public Selves“ nach Innsbruck, ins Reich für die Insel (Glaskubus vor dem Landestheater) und zum HoN brachte, schlugen mit ihrer Eröffnungsperformance voll ein. Im Kubus ging der Rauch auf. Lichteffekte sprengten sich über die Glasflächen den Weg ins Freie, es wurde performt und geshoutet – bis die Feuerwerk anrückte. Falscher Alarm.
Neben den Konzerten im Musikpavillon (am Samstag u. a. mit Kenji Araki), die jährlich die atmosphärischen Highlights des Festivals stellen, gräbt sich der Rest des Programms noch den ganzen Sonntag ins Treibhaus ein. Was sich nach zwei Corona-Ausgaben mit Sitzkonzerten als optimaler Schauplatz herausstellte, weil der Keller wirklich Club sein darf. Dabei fing im Turm zur Eröffnung noch alles ziemlich ruhig an.
Der Donnerstag war heimischen KünstlerInnen gewidmet. Sie waren gekommen, auch um sich selbst zu feiern. Anlässlich der diesjährigen Festivalausgabe legte das HoN die limitierte Auflage einer Vinylbox auf, in der alle bisher veröffentlichten MusikerInnen zusammengefasst werden.
Lukas Moritz Wegscheider eröffnete den Abend, ihm folgten Michaela Senn und Juliana Haider, die das Leben in der Bubble als atmosphärische Klangerfahrung inszenierten. Lissie Rettenwander hingegen nutzte das HoN für ihre Verwandlung von der Musikerin zur Malerin. Wie auf ihrer Malunterlage mit dem Pinsel setzte sie stimmlich Akzente – mal zart, mal intensiv. Die Tirolerin dachte außerdem den Raum mit: Ausgerüstet mit einem tragbaren Verstärker, Loopstation und Mikrophon wanderte sie den Turm ab, durchs Publikum, über Stockwerke hinweg tönte Rettenwanders Klangmalerei. Da hatte auch Humor Platz.
Der Innsbrucker Andi Stecher hingegen nahm die FestivalbesucherInnen mit auf die Alm. Analoge (u. a. Kuhglocken und Stimmen) sowie digitale Klangerzeuger kamen dabei zum Einsatz. Unterstützt wurde der mal ruhig grasende, mal treibende Sound von Visuals der Videokünstlerin Hana Yoo. Sie dekonstruierte die Almidylle, ließ Vieh zu Pixeln verschwimmen und den Ausblick zur Farbsuppe.
Für den richtigen Kontrast sorgten Senyawa aus Indonesien. Ihnen folgten in drei Tagen unterschiedlichste Acts, von den hypnotischen PLF bis zum abgedrehten Hieroglyphic Being. Noch bis in der Nacht auf Montag läuft das Programm. Komponistin Electric Indigo wetzte für den Abschluss (ab 1 Uhr) gestern online schon die Regler.