Kunst in Seefeld: Andy Warhols Psychogramme kunstvoller Art
Warhol-Porträts bedeutender Persönlichkeiten gibt es in der Alten Seefelder Feuerwehrhalle zu betrachten.
Von Edith Schlocker
Seefeld – Andy Warhols popartistisch bunte Siebdrucke von Marylin oder Mao kennt wohl jeder, ganz im Gegensatz zu seiner 1980 entstandenen Serie „Ten Portraits of Jews of the Twentieth Century“. Sie im Original in Seefeld sehen zu können, ist ein Ereignis, das man nicht versäumen sollte. Um deren Vielschichtigkeit im realen wie übertragenen Sinn leibhaftig zu erfahren, Warhols Spiel mit Haptiken, Farben und unterschiedlichen künstlerischen Techniken.
Anzettler des Projekts dieser Ahnengalerie herausragender Persönlichkeiten mit jüdischem Hintergrund war Warhols Freund, der New Yorker Kunsthändler Ronald Feldmann. Die Auswahl von zehn aus unabhängig voneinander erstellten Listen potenzieller KandidatInnen – Bedingung, um in sie aufgenommen zu werden, war, bereits gestorben zu sein – oblag Andy Warhol. Nach welchen Kriterien er schließlich seine Wahl traf, ist nicht bekannt. Was ihn als Nicht-Juden interessiert haben dürfte, ist die Vielfalt der Persönlichkeiten und deren künstlerisches bzw. geistiges Potenzial. Was sie verbindet, ist ihr Migrantentum in einem realen wie geistigen Sinn. Ihre Suche nach Heimat, nach Erdung, nach erkenntnismäßig neuen Ufern.
Die Bandbreite der Porträtierten könnte weiter nicht sein. Der Dichter Franz Kafka findet sich hier genauso wie die amerikanischen Marx Brothers, der Religionsphilosoph Martin Buber oder der Physiker Albert Einstein. Aber auch Israels Premierministerin Golda Meir, die amerikanische Schriftstellerin Gertrude Stein, die französische Schauspielerin Sarah Bernhardt, der amerikanische Komponist George Gershwin und der Wiener Begründer der Psychoanalyse Sigmund Freud haben es in die exquisite Auswahl geschafft. Bildender Künstler erstaunlicherweise keiner.
KiS – Kunst in Seefeld
Alte Feuerwehrhalle, Münchnerstraße 271, Seefeld; bis 25. September, Fr, Sa, So 16–18 Uhr.
Basis der ca. ein mal ein Meter großen Porträts aus einer Privatsammlung sind Fotografien. Siebdrucke von diesen bilden die Basis, überlagert von von Warhol locker auf transparente Folien gezeichneten Porträts der jeweiligen Persönlichkeiten. Hinter bzw. zwischen die Folien geschoben hat der Künstler schließlich bunte Papiere. Ausstellungsmacher Rafael Jablonka glaubt, dass die Wahl der Farbe nach rein ästhetischen Gesichtspunkten erfolgte, auch wenn diesbezüglich genauso wie in der Pose der Porträtierten Parallelen zu den jeweiligen Persönlichkeitsstrukturen offensichtlich sind. Etwa bei dem in Blau und Grün getauchten Kafka, während Martin Buber fast wie ein Heiliger daherkommt, Golda Meirs Blick visionär in die Ferne gerichtet ist oder Sarah Bernhardt ihren Kopf kokett auf eine Hand stützt.