Zwei Diphtherie-Fälle in Österreich, Mann in Wien gestorben
Die zwei Fälle wurden laut Ministerium im Rahmen der Meldepflicht "in den vergangenen Tagen" bekannt. Ein Mann sei in Folge der Erkrankung verstorben, ein zweiter befinde sich auf dem Weg der Besserung.
Wien – In Österreich sind zwei Diphtherie-Fälle aufgetreten, eine betroffene Person ist in einem Wiener Krankenhaus gestorben. Der zweite Erkrankungsfall wird ebenfalls in einem Spital in Wien behandelt, teilte das Gesundheitsministerium am Donnerstag in einer Aussendung mit. Die meldepflichtige Krankheit tritt durch eine Impfung samt Auffrischung alle zehn Jahre hierzulande kaum auf. Seit 2014 wurden aber einzelne Fälle gemeldet, heißt es auf der Internetseite des Ministeriums.
Diphtherie wird durch Gifte (Toxine) von Bakterien – Corynebakterium diphtheriae – verursacht. Die Bakterien werden durch Tröpfchen und engen Kontakt übertragen. Die Inkubationszeit der Erkrankung beträgt in der Regel zwei bis fünf Tage. Das Krankheitsbild kann von einer lokalen Infektion (Nase, Rachen, Kehlkopfdiphtherie) über eine Infektion der Atemwege bis zu einer schweren toxischen Form (Herzmuskel-, Nieren-, Leberschäden) variieren. Ausreichend geimpfte Personen können C. diphtheriae im Nase-Rachenraum tragen und dieses übertragen, ohne selbst zu erkranken. Behandelt wird die Erkrankung mittels Antibiotika und Antitoxin, informierte das Gesundheitsministerium.
Die betroffenen Personen, von denen eine gestorben ist, sind Männer im Alter zwischen 20 und 40 Jahren, hieß es aus dem Büro des Wiener Gesundheitsstadtrates Peter Hacker (SPÖ). Sie kamen aus Niederösterreich zur Behandlung in die Klinik Favoriten, die für ihre Spezialabteilung für meldepflichtige Infektionskrankheiten bekannt ist. Nähere personenbezogene Daten wurden von Gesundheitsministerium und Stadt Wien aus Datenschutzgründen nicht bekanntgegeben.
Ob die beiden Fälle miteinander Kontakt hatten, sei noch in Abklärung. Die Gesundheitsbehörden der Stadt gingen davon aus, dass beide Personen ungeimpft waren und riefen die Bevölkerung dazu auf, ihren Impfstatus zu überprüfen und fällige Impfungen oder Auffrischungen nachzuholen. Dies sei allerdings "nicht akut" notwendig, beruhigte das Büro von Stadtrat Hacker, sondern etwa beim nächsten geplanten Arztbesuch.
Impfung als wirksamstes Mittel zur Vorbeugung
Generell gibt es in Österreich eine hohe Impfquote gegen Diphtherie, da die Immunisierung schon lange im Kinderimpfprogramm verankert ist. "Basierend auf den Durchimpfungsraten, die wir analysieren konnten im Zusammenhang mit Abgabezahlen im kostenfreien Impfprogramm, wissen wir beispielsweise, dass bei den Elf- bis 13-Jährigen Durchimpfungsraten über 85 Prozent erreicht werden", berichtete die Leiterin der Abteilung Impfwesen im Gesundheitsministerium, Maria Paulke-Korinek, im Ö1-"Mittagsjournal". Sie betonte aber die Wichtigkeit von regelmäßigen Auffrischungen.
Die Grundimmunisierung erfolgt in der Regel im Rahmen der Sechsfach-Impfung gegen Diphtherie-Tetanus-Polio-Pertussis-Hepatitis B-Haemophilus B im Gratis-Kinderimpfprogramm. Dabei sind drei Impfungen im dritten, fünften sowie elften bis zwölften Lebensmonat empfohlen. Für Personen ab dem vollendeten sechsten Lebensjahr werden Kombinationsimpfstoffe empfohlen, die Komponenten gegen Diphtherie-Tetanus-Pertussis und gegebenenfalls Polio enthalten. Die erste Auffrischungsimpfung ist im siebenten bis neunten Lebensjahr empfohlen, danach alle zehn Jahre, bzw. alle fünf Jahre ab dem vollendeten 60. Lebensjahr.
Nach 20 diphtheriefreien Jahren waren in Österreich seit 2014 einzelne Fälle von Wund- oder Hautdiphtherie gemeldet worden, nun handelt es sich um zwei Fälle von respiratorischer Diphtherie. Weitere labordiagnostische Abklärungen sind im Gang, hieß es aus dem Ressort von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Über die zwei Fälle hinausgehende Ansteckungen wurden vorerst nicht befürchtet. (APA)
Schwere Infektionskrankheit bis zum Tod: Impfung schützt
Die Meldung über einen Diphtherie-Todesfall in Österreich hat am Donnerstag in Erinnerung gerufen, dass es sich bei der klassischen Diphtherie um eine schwere Infektionskrankheit handelt, die ohne adäquate Therapie tödlich enden kann. Dies hält die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) als Nationale Referenzzentrale für Diphtherie online fest. Grund zur Sorge besteht für die großteils geimpfte heimische Bevölkerung nicht, Fälle sind im Inland zudem selten.
Diphtherie wird durch bestimmte toxinbildende Bakterien verursacht, Corynebacterium diphtheriae. Bei der nun in zwei Fällen in Österreich aufgetretenen respiratorischen Diphtherie spricht man von der klassischen Diphtherie. Auch Wund- und Hautdiphtherie kommen vor, aber selten, erläutert das Gesundheitsministerium auf seiner Internetseite.
Das ursprüngliche Reservoir von Corynebacterium diphtheriae ist der Mensch, im Tierreich kommen andere Corynebakterien vor. Die Übertragung erfolgt bei respiratorischem Befall in der Regel über Tröpfchen. Bei der Hautdiphtherie sind der direkte Kontakt mit offenen Wunden oder mit infektiösen Ausscheidungen. Die Inkubationszeit beträgt zwei bis fünf Tage, selten wenige Tage länger.
Symptome bei der Rachendiphtherie sind zunächst Halsschmerzen, hohes Fieber, Schluckbeschwerden mit darauffolgender Heiserkeit, ein pfeifendes Geräusch beim Einatmen und Schwellungen der Halslymphknoten. Die Bakterien siedeln sich im Rachen - besonders in der Gegend der Mandeln - an, vermehren sich mit weißlich-gräulichen oder bräunlichen Schleimhautbelägen und bilden ihren Giftstoff (Toxin).
Die schwere Verlaufsform kann durch die Toxinwirkung schwere Schädigungen hervorrufen, besonders an der Herzmuskulatur und an Nerven, Nieren und Leber. Die Behandlung der Diphtherie erfolgt mit Diphtherie-Antitoxin. Das ist das Gegengift, das im Körper im Rahmen der Infektion bereits gebildet wurde. Zusätzlich werden Antibiotika verabreicht.
In Ländern mit hoher Durchimpfungsrate ist die Diphtherie sehr selten geworden. In vielen Regionen der Welt ist sie aber nach wie vor endemisch, wie etwa Fern- und Nahost, Südamerika oder Afrika. In Österreich wurde in den vergangenen zehn Jahren eine tendenzielle Zunahme der an die Nationale Referenzzentrale für Diphtherie eingesandten Proben festgestellt, heißt es im Diphtherie-Jahresbericht 2021 der AGES. Der Anteil von Toxin-bildenden blieb auf einige wenige Fälle beschränkt. Im Jahr 2014 wurden allerdings zwei Fälle von importierter Wunddiphtherie diagnostiziert und in einzelnen Jahren seither ebenfalls sporadische Fälle.
In Europa hat die Zahl der Fälle, die auf Corynebacterium diphtheriae zurückzuführen sind, laut dem AGES-Bericht in den vergangenen Jahren zugenommen, insbesondere die der importierten Hautdiphtherie. Im Jahr 2016 verlief in Belgien ein Fall von Rachendiphtherie bei einem dreijährigen, nicht geimpften Kind tödlich. 2015 war ein tödlicher Fall von Rachendiphtherie bei einem sechsjährigen, nicht geimpften Kind in Spanien dokumentiert worden.
Mit der Prävention durch Impfung sollte also bereits im Kindesalter begonnen werden. Nach der dreiteiligen Grundimmunisierung im Säuglingsalter und der Auffrischung im siebenten bis neunten Lebensjahr laut Gratis-Kinderimpfprogramm wird bis zum vollendeten 60. Lebensjahr eine Auffrischung als Kombinationsimpfstoff mit Tetanus, Pertussis (und ggf. Polio) alle zehn Jahre sowie ab dem vollendeten 60. Lebensjahr alle fünf Jahre empfohlen. Bei geimpften Personen kann ein abgeschwächter Verlauf vorkommen, dieser ähnelt klinisch einer bakteriellen Angina oder Pharyngitis (Rachenentzündung).