Kunst

Die Geister spielen Fußball im Schwazer Museum der Völker

Wer es sich in Ghana irgendwie leisten kann, lässt sich in einem Sarg beerdigen, der mit seinem Beruf zu tun hat. Ein Seemann etwa in einem geschnitzten Boot.
© Schlocker

Der ghanaische Sargkünstler Ataa Oko Addo outet sich im Schwazer Museum der Völker auch als erstaunlicher Zeichner.

Schwaz – Besonders in den ländlichen Gebieten Ghanas ist es für die Mitglieder des Stamms der Ga seit jeher Tradition, sich – sofern man es sich irgendwie leisten kann – in einem Sarg beerdigen zu lassen, dessen Form mit dem Beruf des Verblichenen/der Verblichenen zu tun hat. Weshalb sich der Fischer bereits zu Lebzeiten ein Boot, der Jäger einen Löwen, die Bäuerin ein Huhn, der Tischler einen Sarg in Hobelform oder der Pilot ein Flugzeug bauen lässt.

Es soll allerdings auch einen Künstler geben, der sich in einem Sarg in Form des Centre Pompidou hat bestatten lassen, aktuell seien allerdings Handys in Sargform am beliebtesten, sagt Lisa Noggler-Gürtler, die Direktorin des Schwazer Museums der Völker, die nach einem Corona-bedingt schwierigen Museumsjahr mit dieser Schau einen spektakulären Neuanfang startet.

In deren Mittelpunkt der 2012 im Alter von 97 Jahren verstorbene ghanaische Sargbauer Ataa Oko Addo steht, der sich lebenslang „nur“ als Tischler, nicht als Künstler verstanden hat. Auch wenn seine aufwändig gemachten, bunt bemalten skurrilen Objekte heute in ethnologischen Museen in aller Welt zu bewundern sind, seit Jahren auch in jenem von Schwaz.

Erstmals in Schwaz zu sehen: die Zeichnungen von Ataa Oko Addo.
© Schlocker

Das Sargtischlern überließ Ataa Oko Addo etwa ab seinem 80. Lebensjahr allerdings seinen Schülern Paa Joe, Kane Kwei und Kuotjoi Affuto, deren ebenfalls im Museum der Völker zu sehende Objekte eindrucksvolle Zeichen ihrer Emanzipation von Addo sind.

Mastermind hinter der Schau ist die Schweizer Ethnologin Regula Tschumi, die 2003 den damals 84-jährigen Addo zum Zeichnen animiert hat. Allein aus der Erinnerung bzw. inspiriert durch Träume genauso wie reale Ereignisse, etwa die 2010 in Südafrika ausgetragene Fußballweltmeisterschaft. Zu jedem der plakativ bunt gezeichneten Blätter gibt es eine von Addo erzählte Geschichte, die Tschumi aufgeschrieben hat. Die sehr viel mit ihrem Macher zu tun haben, aber auch der Kultur und Spiritualität der Ga im Wandel der Zeiten. Und in denen es von Fußball spielenden Geistern, Wassergöttinnen, Zwillingen und Kreaturen mit weit aufgerissenen Mündern nur so wimmelt.

Eine Reihe dieser großformatigen – von Addos Sohn bunt ausgemalten – Blätter sind in Schwaz erstmals zu sehen, ergänzt durch Zeichnungen der Särge, die er in seinem langen Leben gebaut – oder auch nicht gebaut hat. Den Menschen hinter diesen fantastischen skulpturalen Objekten und Zeichnungen macht schließlich ein Film nahbar, der Ataa Oko Addo dort zeigt, wo er am liebsten gezeichnet hat: am Meer.

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Angela Dähling

Angela Dähling

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