1941–2022

Kunstsammlerin Heidi Goëss-Horten mit 81 Jahren gestorben

Heidi Goëss-Horten verstarb mit 81 Jahren.
© APA/HEIDI HORTEN COLLECTION/OURIEL MORGENSZTERN19

Heidi Goëss-Horten starb am heutigen Sonntag in den frühen Morgenstunden in ihrem Haus am Wörthersee. Erst Anfang Juni war das neue Museum der Sammlerin im einstigen Wiener Hanuschhof eröffnet worden.

Klagenfurt – Die Kunstsammlerin und Milliardärswitwe Heidi Goëss-Horten ist tot. Das bestätigte eine Sprecherin der kürzlich eröffneten „Heidi Horten Collection" der APA am Sonntag. Demnach starb Horten am heutigen Sonntag in den frühen Morgenstunden im Alter von 81 Jahren in ihrem Haus am Wörthersee. Erst Anfang Juni war das neue Museum der Sammlerin im einstigen Wiener Hanuschhof eröffnet worden.

Eine Woche lang freier Eintritt ins Museum zum Gedenken

„Mit großem Bedauern und in tiefer Trauer müssen wir Nachricht vom völlig überraschenden Tod unserer Mäzenin und Stiftern Heidi Goëss-Horten geben", heißt es in einer Aussendung der „Heidi Horten Collection". Horten sei „eine großzügige, warmherzige und kluge Dame" gewesen und sie werde "durch ihr vielseitiges Engagement vor allem für die Kunst und den Sport, insbesondere als Präsidentin des KAC, in Erinnerung bleiben", so der persönliche Berater von Heidi Goëss-Horten. In memoriam der Stifterin des Museums entschied man sich dazu, von morgen, Montag, bis Sonntag mit Ausnahme des Schließtags am Dienstag freien Eintritt in das Museum zu gewähren.

„Eine äußerst interessierte Kunstsammlerin und bekennende Kunstliebhaberin ist von uns gegangen", reagierte Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne). Auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) würdigte das Engagement der Milliardärin: „Heidi Goëss-Horten hat sehr viel für das Land Kärnten und seine Menschen getan. Ob es medizinische Geräte und Einrichtungen waren, ihre Unterstützung für Tiere wie beispielsweise beim Klagenfurter Tierschutzzentrum TIKO oder ihre Liebe zum Klagenfurter Eishockeyverein KAC – von den Zuwendungen und dem Engagement von Heidi Goëss-Horten haben alle profitiert". „Ihre große Leidenschaft für Kunst und ihr besonderes Engagement, diese Leidenschaft zu teilen, werden in Erinnerung bleiben", reagierte auch Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ). Mit der „Heidi Horten Collection" habe sie die Wiener Museumslandschaft bereichert.

„Frau Goëss-Horten hat einen Großteil ihrer zweiten Lebenshälfte in unserer Gemeinde, in ihrem Haus in Sekirn, verbracht und war über Jahrzehnte eine große Gönnerin, sei es der Golfclub oder weitere verschiedene Vereine der Gemeinde", hielt Markus Perdacher, Bürgermeister von Maria Wörth, gegenüber der APA fest. Der Klagenfurter Bürgermeister Christian Scheider (Team Kärnten) zeigte sich ebenfalls tief betroffen: „Ohne die Unterstützung von Heidi Goëss-Horten wären viele wichtige Infrastrukturprojekte der Landeshauptstadt gar nicht möglich gewesen", so Scheider in einer Aussendung.

Heidi Goëss-Horten wurde am 13. Februar 1941 in Wien als Heidi Jelinek geboren. Sie arbeitete als Sekretärin einer Filiale der "Ideal Standard Registerkassen"-Firma in Wien und lernte 19-jährig in einer Hotelbar in Velden am Wörthersee den 32 Jahre älteren deutschen Kaufhaus-Besitzer Helmut Horten kennen, den sie im Jahr 1966 heiratete. Mit ihm teilte sie das große Interesse an Kunst. Gemeinsam legten die beiden in den 1970er Jahren die Basis für ihre umfangreiche Kunstsammlung, begleitet von zahlreichen Atelierbesuchen und Reisen, um Kunst vor Ort zu erleben und in ihrem Entstehen zu begreifen. Schon damals fanden hochkarätige Werke Eingang in die Privatsammlung.

Anfang des Jahres 2022 wurde ein Gutachten veröffentlicht, das Horten selbst in Auftrag gegeben hatte, um die Vergangenheit ihres Mannes Helmut Horten (1909-1987) aufzuarbeiten, der wiederholt mit sogenannten „Arisierungen" während der Gründungsphase seines Kaufhausimperiums in Zusammenhang gebracht worden war. Erstellt wurde das Gutachten vom Historiker Peter Hoeres unter der Mitarbeit von Maximilian Kutzner (Uni Würzburg) und trägt den Titel „Gutachten über den Vermögens- und Geschäftsaufbau von Helmut Horten im Kontext der 'Arisierung' in der Zeit des 'Dritten Reiches'". Demnach hätte Horten keine Notsituation für jüdische Geschäftsleute herbeigeführt oder diese verschärft. Er sei zwar Nutznießer gewesen, als er Kaufhäuser von jüdischen Besitzern übernahm, habe die "Arisierung" aber nicht vorangetrieben.

Die Sammlerin betonte zuletzt, dass sie bereits in einem familiären Umfeld aufgewachsen war, in dem Kunst ganz selbstverständlich zum Leben gehörte. Ihr Vater war technischer Zeichner und Graveur und fertigte Porträts seiner Tochter an, die heute Teil der „Heidi Horten Collection" sind. Als Helmut Horten 1987 starb, erbte Heidi Horten das gesamte Vermögen des Milliardärs und gründete wenige Jahre später die Helmut Horten Stiftung. 1994 heiratete sie den französischen Blumengroßhändler Jean-Marc Charmat, von dem sie sich später wieder scheiden ließ. 2015 heiratete sie schließlich Anton Goëss, dessen Nachnamen sie in ihrem Doppelnamen führt.

Kunstsammlung seit 1980er-Jahren erweitert

Seit den 1980er-Jahren erweiterte Horten in Zusammenarbeit mit Agnes Husslein-Arco, die nun auch als Direktorin der „Heidi Horten Collection" fungiert, ihre umfassende Kunstsammlung mit Werken des 20. Jahrhunderts bis hin zur zeitgenössischen Kunst. In der Privatsammlung finden sich u.a. Werke von Gustav Klimt, Egon Schiele, Edgar Degas oder Pablo Picasso. Sie besitzt auch zahlreiche Werke des deutschen Expressionismus, der italienischen Avantgarde und der Pop-Art.

Einen großen Teil der Sammlung präsentierte sie erstmals im Jahr 2018 im Leopold Museum mit der Ausstellung „Wow!", die knapp 360.000 Besucher anzog. Aus diesem Erfolg resultierte laut Angaben der Milliardärin der Wunsch, ihre Sammlung dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 2019 gab sie ihre Pläne für ein eigenes Museum in Wien bekannt. Als Location wurde der ehemalige Hanuschhof nahe der Albertina gefunden, die Architekten The Next Enterprise adaptierten das Gebäude, das schließlich am 3. Juni mit der ersten Ausstellung „OPEN" eröffnete.

In einem schriftlich geführten APA-Interview Anfang Juni hielt sie fest: „Ich verstehe Kunst mittlerweile als Mittel zur Kommunikation und Kontemplation. Als ich in der Ausstellung gesehen habe, welche Emotionen meine Bilder bei ganz fremden Menschen auslösen, ist mir zum ersten Mal klar geworden, wie kommunikativ Kunst sein kann. Das hat mich sehr berührt. So ist mein Wunsch gereift, meine Sammlung auch für künftige Generationen erhalten zu wollen, und es kam zur Entscheidung, ein eigenes Museum zu gründen."

Zuletzt widmete sich Horten zunehmend dem Kunstschaffen von Gegenwartskünstler*innen. So fanden in den vergangenen Jahren etwa Arbeiten von Damien Hirst, Niki de Saint Phalle, Sigmar Polke oder Gerhard Richter Eingang in die Sammlung. In der Eröffnungsschau findet sich nun auch Constantin Lusers gigantomanischer „Vibrosaurier", der sich über zwei Ebenen erstreckt und mit der Verbindung von Tierischem und Menschlichem einen der Themenstränge der Auftaktschau symbolisiert. Auch Lena Henkes überdimensionierte Sau „UR Mutter" ist zu sehen. (APA)