„Novelle zum Gaswirtschaftsgesetz": Nationalrat traf Vorsorge für Gaskrise
Mit dem Gasdiversifizierungsgesetz, dem nur die Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne zustimmten, werden zudem jeweils 100 Millionen Euro in den Jahren 2022 bis 2025 als Ausgleich für die Mehrkosten beim Ausstieg aus russischem Erdgas für Unternehmen bereitgestellt werden.
Wien, Kiew, Moskau – Der Nationalrat hat am Mittwoch weitere Gesetzesbeschlüsse zur Bewältigung der Gaskrise im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine gefasst. Mit einer Novelle zum Gaswirtschaftsgesetz, der alle Fraktionen außer den NEOS zustimmten, werden sämtliche Speicheranlagen in Österreich zum Anschluss an das heimische Leitungsnetz verpflichtet. Auf ungenutzte Speicherkapazitäten gibt es in Zukunft Zugriff. Dabei geht es vor allem um den Speicher im Salzburger Haidach.
Mit dem Gasdiversifizierungsgesetz, dem nur die Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne zustimmten, werden zudem jeweils 100 Millionen Euro in den Jahren 2022 bis 2025 als Ausgleich für die Mehrkosten beim Ausstieg aus russischem Erdgas für Unternehmen bereitgestellt werden. Abgezielt wird auch auf die Umrüstung von Anlagen auf den alternativen Betrieb mittels anderer Energieträger.
Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) betonte im Plenum erneut, dass man von der fossilen Energieabhängigkeit von Russland wegkommen müsse, weil dieses Energielieferungen als Waffe verwende. Dies sei „kein Spaziergang" sondern ein Kraftakt, „und dieser Kraftakt wird uns alle noch sehr fordern". Mit den beiden Gesetzesänderungen könne man die Abhängigkeit Schritt für Schritt reduzieren und das System resilienter machen.
Bereits heuer Abhängigkeit reduzieren
Ziel bleibe es dabei, 2027 unabhängig von russischem Erdgas zu sein. Bereits heuer werde man die Abhängigkeit von 80 auf 70 Prozent reduzieren, so die Ministerin.
Von der Opposition kam Kritik daran. Alois Schroll (SPÖ) begrüßte zwar die Schritte zu mehr Versorgungssicherheit, forderte aber „Realitätssinn statt Grünutopie". Mit einigen Windrädern könne das Gas nicht ersetzt werden. Nicht nur das Erneuerbaren Wärme Gesetz (EWG) kritisierte er hier, er vermisste auch das Klimaschutz- und das Energieeffizienzgesetz.
Erwin Angerer (FPÖ) sprach gar von „betriebswirtschaftlichem Wahnsinn" und „vorsätzlicher Schädigung des österreichischen Steuerzahlers". Was vorliege, seien Sanktionsauswirkungsgesetze, mit denen enteignet und drübergefahren werde. Karin Doppelbauer (NEOS) kritisierte, dass man nun ausbaden müsse, was von Russland gesteuerte Manager, Wirtschaftskämmerer und willfährige Politiker dem Land eingebrockt hätten.
Von den Regierungsfraktionen versprühte hingegen Lukas Hammer (Grüne) Optimismus: „Wir können und werden das Gas mit erneuerbaren Energien ersetzen." Man müsse nicht nur raus aus russischem Erdgas, sondern generell aus der Abhängigkeit von Öl und Gas.
Vom großen Koalitionspartner kam Zustimmung. Es gehe um Versorgungssicherheit für Haushalte und Betriebe, betonte Tanja Graf (ÖVP). Auch ihr Tiroler Parteikollege Franz Hörl pflichtete ihr bei, konnte sich Kritik an Gewessler aber nicht verkneifen, was den beschleunigten Ausbau von Windkraftanlagen betrifft. Der Vorwurf, dem Westen seien Skilifte und Berggipfel wichtiger als Windräder, „tut mir in der Seele weh". Es fehle in Tirol nicht an Möglichkeiten, sondern an Investoren, die eine gewinnbringende Wetter- und Windsituation im Land erkennen würden.
Novellierung des Miniseriengesetzes noch am Programm
Im Laufe des Tages ist im Nationalrat auch noch die Novellierung des Miniseriengesetzes angesetzt, mit der die jüngste Umbildung in der ÖVP-Regierungsriege nachvollzogen wird. In Sachen Corona soll der Gesundheitsminister künftig allgemeine Verkehrsbeschränkungen (als Alternative zur Absonderung) verordnen können. Ebenfalls zum Beschluss steht die Oberstufen-Reform an den Schulen an. (APA)
Erste Beschlüsse in Sonder-Nationalrat kommende Woche
Wien – Das von der Bundesregierung geplante Antiteuerungspaket macht eine Sondersitzung des Nationalrats notwendig, damit geplante Maßnahmen rechtzeitig in Kraft treten können. Um welche Materien es sich dabei konkret handelt, war am Mittwoch noch offen. Angepeilt wird offenbar Donnerstag kommender Woche (23. Juni) als Sitzungstermin.
Eine hohe Dringlichkeit bei den Beschlüssen gibt es dem Vernehmen nach etwa bei der Verschiebung der CO2-Bepreisung auf Oktober. Auch die Erhöhung des Klimabonus auf einmalig 500 Euro könnte in dieser Sitzung fixiert werden, ebenso wie die einmalig 180 Euro als „Sonder-Familienbeihilfe", die im August zur Auszahlung kommen soll.
Ein Hindernis für den Sitzungstermin könnte der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss darstellen, der laut Plan am 23. Juni ebenfalls tagt. Hier sei aber eine Unterbrechung während der Plenarsitzung denkbar, hieß es auf APA-Anfrage im Parlament. (APA)