Innsbruck

Idyllen, die keine sind: Ausstellung „perfect blue" in der Stadtbibliothek

Im vergangenen Jahr hat Martin Hörtnagl diesen „Blauen Chnum“ (Ausschnitt) in Öl auf eine 100 x 140 Zentimeter große Leinwand gemalt.
© Martin Hörtnagl

Martin Hörtnagls Bildwelt ist „perfect blue“. Zu sehen auf der Plattform 6020 der Innsbrucker Stadtbibliothek.

Von Edith Schlocker

Innsbruck – Für Martin Hörtnagl ist Blau die Farbe der Reinheit, einer Welt, die allerdings nur scheinbar perfekt ist. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, heißt der Bilderzyklus, den der Autodidakt auf der Plattform 6020 zeigt, „perfect blue“. Um auf diese Weise zu irritieren, zum genauen Hinschauen zu animieren. Einzutauchen in Meere, in denen etwa ein Wal unterwegs ist, der der Letzte seiner Art ist, verdrängt durch fröhlich gelbe, auf Wellen surfende Quietschentchen aus Plastik.

Es ist eine erschreckend dystopische Welt, die Martin Hörtnagl hier entwirft. Was damit zu tun haben könnte, dass der 50-Jährige ein – wie er selbst sagt – Halbzeitmaler ist, während er sich seine Brötchen als Nachhaltigkeitsberater verdient. Als der ihn naturgemäß der Zustand unserer Welt interessiert, der sorglose Umgang mit Ressourcen und die entsprechenden Konsequenzen für die Natur.

Als Maler outet sich Hörtnagl, der eigentlich von der Tischlerei herkommt und bisher nur selten ausgestellt hat, als absoluter Ästhet. Nichts bleibt in seinen auf mittelgroßen Leinwänden ausgebreiteten Ölmalereien dem Zufall überlassen, die Komposition ist perfekt ausgewogen, die Farbigkeit delikat monochrom. Dominiert von Blau in diversen Nuancen. Nur ein Anflug von diesem charakterisiert die unweigerlich dahinschmelzenden Gletscher, aber auch der Widder, der auf einem solchen, von tiefen Spalten durchfurchten steht und schaut, ist blau. Warum auch immer.

Auffallend ist die Absenz des Menschen in Martin Hörtnagls Bildwelt. In den Flugzeugen, die – blaue – Himmel durchpflügen, ist er erahnbar. Generell aber haben tierische Überlebenskünstler wie Ameisen nach viel zu viel scheinheiligem Greenwashing auf der Welt die Regie übernommen. Eines der Bilder porträtiert allerdings eine von Künstlicher Intelligenz dominierte Mensch-Maschine, während der Künstler in seinem skurrilen Selbstporträt seine Haare brennen lässt. Um trotzdem grundsätzlich Optimist zu bleiben, so Hörtnagl.