Sonderlandtag

Tiroler Landtag hat sich aufgelöst, Weg für Neuwahlen im Herbst frei

Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) bei seiner "Abschiedsrede" während der Sondersitzung des Tiroler Landtags.
© EXPA/JOHANN GRODER

Tirol wird am 25. September einen neuen Landtag wählen. Nach dem angekündigten Polit-Rückzug von LH Günther Platter (VP) hat der Landtag in einer Sondersitzung seine Auflösung beschlossen. Nur die Liste Fritz stimmte dagegen.

Innsbruck ‒ Der Tiroler Landtag hat am Freitag bei einer Sondersitzung seine Auflösung beschlossen und damit den Weg für eine vorgezogene Wahl am 25. September freigemacht. Die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne sowie die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und NEOS stimmten dafür - lediglich die Liste Fritz war dagegen.

Die Neuwahl wurde aufgrund der Ankündigung von Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), bei der kommenden Wahl nicht mehr antreten zu wollen, angesetzt.

Die Abgeordneten stimmen für Auflösung des Tiroler Landtags - mit Ausnahme der Liste Fritz.
© Thomas Böhm

Standing Ovations für Platter

Der scheidende LH Platter hatte zuvor am Vormittag eine Art Abschiedsrede vom Landtag gehalten. Nach seiner Rede erhielt er tanding Ovations von den Abgeordneten von ÖVP und Grüne sowie den Oppositionsparteien SPÖ und NEOS. FPÖ und Liste Fritz blieben sitzen. Der Landeschef warnte vor dem Landtag vor einer Verrohung der politischen Kultur.

📽️ Video | Rede von LH Günther Platter (ÖVP)

"Wir in Tirol haben uns von der Verrohung der politischen Kultur auf Bundesebene nicht anstecken lassen", meinte Platter, der seit 2008 im Amt ist. Wenngleich sich auch die Wortwahl in der politischen Debatte in Tirol verschärft habe, fügte der Landeshauptmann hinzu.

"Wir müssen uns Gedanken über die politische Kultur machen, wie wir miteinander umgehen - auch die Politik mit der Bevölkerung und die Bevölkerung mit der Politik." "Hinter jedem Politiker steht ein Mensch mit Familie", betonte Platter in der "Aktuellen Stunde" und sprach erneut von "Drohungen, Anfeindungen und Beleidigungen", die er und sein Umfeld vor allem in der Corona-Zeit erlebt hätten.

Platter lobt Mattle und verteidigt Neuwahlen

Voll des Lobes zeigte sich Platter über seinen designierten ÖVP-Nachfolger und Landeshauptmannkandidaten Anton Mattle: "Er ist ein Mensch, der eint und nicht trennt. Tirol braucht einen Menschen wie ihn, der auf Land und Leute schaut". Die vorgezogene Landtagswahl verteidigte Platter, man wolle dem Land einen "neunmonatigen Dauerwahlkampf" ersparen. Ansonsten rekapitulierte der Landeschef einmal mehr seine 14-jährige Amtszeit, in der man Tirol sehr gut durch sämtliche Krisen gelenkt und gleichzeitig Innovationen gesetzt habe.

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Mit der schwarz-grünen Koalitionsbildung habe man sich auf "neue Wege begeben": "Wir haben ein politisches Experiment gewagt. Viele andere Bundesländer haben uns zuerst belächelt." Doch schließlich habe man den "Ausgleich geschafft" und viele Probleme "ohne Streit" gelöst. Schließlich bedankte sich Platter bei allen - politischen Mitstreitern, Mitbewerbern und seinem engsten Team.

Felipe: "Wir haben Weichen im Land gestellt"

Etwas kürzer fiel der "Abschied" von Grünen-Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe aus. Die schwarz-grüne Koalition habe "sehr viele Dinge realisieren und umsetzen" können. "Wir haben Weichen im Land gestellt", so Felipe und verwies etwa auf viele öffentliche Investitionen in Naturschutz und Öffentlichen Verkehr.

📽️ Video | Rede von Ingrid Felipe (Grüne)

Auch die Realisierung einer Klima- und Nachhaltigkeitsstrategie führte Felipe ins Treffen. Besonders bedankte sie sich bei Landeshauptmann Platter, der immer Rückendeckung bei der Umsetzung der koalitionären Reformen gegeben habe. Auch Felipe erntete Standing Ovations - SPÖ, FPÖ und Liste Fritz schlossen sich allerdings nicht an.

Auch der grüne Spitzenkandidat und Klubobmann, Gebi Mair, zollte Platter Respekt. Er habe sich damals mit einer "Müsli-Fraktion" in eine Koalition gewagt, schließlich sei man sich aber - auch bei gemeinsamen Skitouren - bei vielen Themen einig gewesen. Er betonte den Stellenwert von Zusammenarbeit: "Bergsteiger wie der Toni Mattle und ich wissen, schwierige Touren geht man nicht allein". Die Landesregierung arbeite über den Sommer weiter, versicherte er. Kommenden Juli findet - trotz Landtagsauflösung - eine reguläre Sitzung statt.

📽️ Video | Gebi Mair (Grüne)

Wahlkampftöne in Debatte

Die Oppositionsparteien nützten die Debatte, um schon mal ordentlich Wahlkampftöne anzuschlagen. SPÖ-Landesparteivorsitzender Georg Dornauer sprach Platter und Felipe "Respekt und Anerkennung" aus, Platters Beamtenschaft habe bei Naturkatastrophen "wie ein Schweizer Uhrwerk" funktioniert. Weniger versöhnlich zeigte sich Tirols oberster Roter dagegen mit der ÖVP. Platters Ansage bei seinem Rücktritt "Es ist einmal genug" beschreibe "völlig treffend den Zustand deiner Partei".

Auch neun Jahre Schwarz-Grün in Tirol "sind genug", übrig bleibe lediglich "ein Corona-Management, das von Fehleinschätzungen geprägt war. Stichwort: 'Alles richtig gemacht'". Er betonte einmal mehr, dass die SPÖ "imstande" sei, "Verantwortung für dieses Land zu übernehmen".

📽️ Video | Georg Dornauer (SPÖ)

Kaum ein gutes Haar ließ FPÖ-Landesparteichef Markus Abwerzger an Platter und seiner Landesregierung. Es habe sich um eine "Landesregierung der faulen Kompromisse" gehandelt. Platter scheue Konflikte "wie der Teufel das Weihwasser" und habe sich entsprechend einen "handzahmen Koalitionspartner" ausgesucht. "Tirol steht nicht gut da. Wir gehen in eine unsichere Zukunft. Der Normaltiroler kann sich das Leben nicht mehr leisten. Wir haben die höchsten Lebenskosten und Mieten in Österreich. Man kann als Schulnote nur einen Fünfer vergeben", rechnete Abwerzger mit der Koalition ab.

Bei den Corona-Maßnahmen hätten Platter und Co. "alles abgenickt", was aus Wien gekommen sei und rechtswidrige Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte zu verantworten. Platter sei auch einer der "Väter der Impfpflicht" gewesen, die nun ad acta gelegt wurde.

📽️ Video | Markus Abwerzger (FPÖ)

Liste Fritz-Klubobmann Markus Sint schoss sich ebenfalls auf den designierten ÖVP-Kandidaten ein. Mattle sei "ein Heiligenschein aufgesetzt worden. Herr Mattle, Sie bewerben sich hier nicht um das Amt des Bischofs!", teilte er aus. Als Landeshauptmann gehe es nicht "um 'nett und lieb', sondern um kluge Pläne, Konzepte und klare Entscheidungen", verdeutlichte Sint.

Auch der Liste Fritz-Klubobmann brachte den Zustand der ÖVP aufs Tapet und meinte in Richtung Platter: "Herr Landeshauptmann, normalerweise verlässt der Kapitän zuletzt das sinkende Schiff, bei der ÖVP ist das anders".

📽️ Video | Markus Sint (Liste Fritz

Angesichts der aktuellen Probleme pochte wiederum NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer auf "konkrete Lösungen". "Nie gab es für uns Politiker mehr zu tun", meinte er. Das Bundesland brauche jetzt "eine neue Politik, eine saubere Politik". "Politik darf nicht nur konsequent im eigenen Saft schwimmen, sondern muss sich verändern", tönte er in Wahlkampfmanier.

📽️ Video | Dominik Oberhofer (NEOS)

📽️ Video | Jakob Wolf (ÖVP)

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