Prozess um Tod von 28-Jähriger: 13 Jahre Haft für Angeklagten
Eine 28-jährige Innsbruckerin verstarb im November nach schwerer Gewalteinwirkung. Laut ihrem Partner sei die Frau nur aus dem Bett gefallen. In einem Schwurgerichtsprozess wurde der Angeklagte am Donnerstag wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung zu 13 Jahren Haft verurteilt.
Innsbruck – Ein 35-Jähriger, der sich am Innsbrucker Landesgericht wegen Mordverdachts an seiner Lebensgefährtin verantworten hatte müssen, ist am Donnerstag schlussendlich wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Er soll die 28-Jährige im November 2021 im Streit derart massiv verletzt haben, dass sie am Tag darauf verstarb. Der Sachverständige stellte in seinem Gutachten schwere körperliche Misshandlung fest. Die Frau sei letztlich an einer Einblutung verstorben. Der gebürtige Serbe hatte zuvor seine Unschuld unter Tränen beteuert.
Die acht Geschworenen würdigten die im Beweisverfahren vorgebrachten Gutachten und Zeugenaussagen und kamen schließlich einstimmig zum Schluss, dass der Mann keine Tötungsabsicht verfolgte. Richterin Nadja Obwieser sprach von einem Strafausmaß, das der "Schuld und Tat angemessen" sei und führte die "eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit" des mehrfach vorbestraften 35-Jährigen sowie den Umstand, dass seine letzte Verurteilung lange zurück läge, als mildernde Umstände ins Treffen. Seine Vorstrafenbelastung, wie auch die Tatsache, dass es sich bei dem Opfer um seine Lebensgefährtin und damit um eine Angehörige handelte, wirkten sich hingegen erschwerend auf das Urteil aus.
Im Falle einer Verurteilung wegen Mordes hätten dem Mann 20 Jahre bis lebenslange Haft gedroht. Der 35-Jährige muss zudem Begräbniskosten in der Höhe von rund 3900 Euro bezahlen. Einem Antrag der Mutter der Verstorbenen auf Dauerschmerzengeld in der Höhe von 20.000 Euro wurde indes nicht stattgegeben.
Gerichtsmediziner beschrieb Gewalteinwirkungen
Laut Gerichtsmediziner Walter Rabl hatten Untersuchungen am Tag der mutmaßlichen Tat sowie die Obduktion der Verstorbenen "zahlreiche Gewalteinwirkungen" gezeigt. Er sprach von "schwerer körperlicher Misshandlung" und "zahlreichen Verletzungen", die er auf massive Schläge und Tritte zurückführte. Die Einblutung sei allerdings "kaum auf eine direkte Schlageinwirkung" zurückzuführen, sondern auf ein "dynamisches, schwungvolles Sturzgeschehen mit Aufprall des Hinterkopfs", führte Rabl aus.
Diese Verletzung, die schlussendlich zum Tod der Frau geführt hatte, habe sie sich zugezogen, als der Angeklagte gar nicht vor Ort war, lautete die Argumentationslinie der Verteidigung. Die Verletzungen, die die junge Frau aufwies, stammten zwar "typischerweise von Schlägen und Tritten", eindeutig belegen könne man das aber nicht. Die fast siebenjährige Beziehung der beiden sei glücklich gewesen, es habe kein Motiv gegeben. Sein Mandant "wollte ihr nichts Böses, im Gegenteil", er habe sich lediglich "leider ihrem Willen gefügt", dass er nicht die Rettung verständigen solle. Der Beschuldigte sei zwar mehrfach vorbestraft, sei aber in den letzten neun Jahren strafrechtlich nie mehr aufgefallen.
Nach Abschluss des Beweisverfahrens war die Staatsanwältin anderer Ansicht. Sie unterstrich, dass der Angeklagte im Zuge seiner Gewalthandlungen die Frau auch am Kopf gepackt und gegen eine glatte Oberfläche geschleudert haben könnte. Schließlich seien Haarbüschel und Blutspuren in der Wohnung sichergestellt worden. Dass der Angeklagte vorsätzlich handelte, stand für die Staatsanwältin fest. Dass er in seinen Aussagen daran festhalte, dass die Frau mehrmals gegen unterschiedliche Gegenstände in der Wohnung fiel, stünde im "eindeutigen Gegensatz zum Gutachten".
Angeklagter sah sich unschuldig
Der Angeklagte hatte zuvor vor Richterin Nadja Obwieser und den Geschworenen eine Tötungsabsicht bestritten und beharrte – wie auch in Vernehmungen im Vorfeld – darauf, dass besagte Verletzungen am 23. November durch Stürze verursacht worden waren. Er habe seine Freundin bereits am Vormittag verletzt und regungslos am Boden liegend vorgefunden, als er vom Einkaufen zurückkehrte. Sie habe eine massive Beule am Hinterkopf gehabt.
Die Freundin habe gesundheitliche Probleme und öfters Schwächeanfälle gehabt, sagte der gebürtige Serbe. Er wollte sie überreden, in die Klinik zu fahren – sie habe sich aber vehement geweigert. Er selbst sei unter Drogen gestanden. "Ich war so dicht" und mit der Situation überfordert, sagte er mehrmals unter Tränen. Er habe aber alles getan, um ihr zu helfen. Der Mann stand zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt unter der Wirkung von Cannabis und Schlafmitteln und war somit beeinträchtigt, zitierte Rabel die Ergebnisse des toxikologischen Gutachtens. Auch im Blut der Frau sei zum Zeitpunkt der Einlieferung in die Klinik THC und eine geringe Menge an Schlafmitteln festgestellt worden.
Sanitäterin verständigte Polizei
Zwei von drei geladenen Zeugen erschienen vor Gericht. Die diensthabende Einsatzleiterin der Innsbrucker Rettung gab vor den Geschworenen an, die Polizei verständigt zu haben, als sie die Gesichtsverletzungen der jungen Frau wahrgenommen hatte. Ihre Augen seien stark geschwollen gewesen. Mit dem Angeklagten habe sie lediglich ein paar Worte gewechselt, sie habe sofort mit der Reanimation der 28-Jährigen begonnen, beim Eintreffen an der Klinik habe ihr Herz wieder geschlagen.
Einen guten Freund hatte der Beschuldigte im Laufe des Tages mehrmals kontaktiert. Er sei "aufgewühlt" gewesen, gab dieser vor Gericht zu Protokoll. Der Angeklagte habe "zwei Gesichter", sagte er – er sei einerseits "wahnsinnig liebevoll und sorgsam", andererseits aber auch "aufbrausend". Das Paar kenne er bereits seit mehreren Jahren, von Gewalt zwischen den beiden habe er nie etwas mitbekommen. Er habe seinem Freund jedenfalls via WhatsApp und am Telefon geraten, mit der Frau in die Klinik zu fahren.
Staatsanwältin sah "eindeutige Zeichen"
Laut Anklageschrift, die die Staatsanwältin in ihrem Eröffnungsplädoyer vortrug, erlitt die Frau mehrere massive Tritte und Faustschläge gegen Gesicht und Oberkörper. Ihr Verletzungsbild lege nahe, dass ihr Kopf – möglicherweise durch einen Sturz - auf einer harten Oberfläche aufschlug. Der Angeklagte selbst – "kräftig, mehrfach vorbestraft und körperlich deutlich überlegen", wie die Staatsanwältin betonte - wies Verletzungen an Handrücken und Zehen auf, laut Gutachten eindeutige Zeichen "stumpfmechanischer Gewalteinwirkung". Er böte sich ein "klares Bild", hielt die Staatsanwältin zusammenfassend fest.
Der Verteidiger unterstrich in seinem Eröffnungsplädoyer, dass sein Mandant mit der 28-Jährigen eine siebenjährige "harmonische Beziehung" geführt habe und es kein Motiv gebe. Die Verstorbene habe immer wieder Anfälle gehabt, habe sich selbst verletzt und war schon in der Vergangenheit oftmals "nicht bereit, Hilfe anzunehmen". Auch er betonte vor den Geschworenen, dass der Beschuldigte unter Drogen gestanden sei. Die Verletzung, die zum Tod der Frau geführt habe, sei durch den ersten Sturz verursacht worden, so die Argumentation des Verteidigers. Damals sei sein Mandant noch beim Einkaufen gewesen.
Rückblick: An einem Novembermorgen rief ein damals 34-Jähriger die Rettung in die Innsbrucker Amraser Straße. Die Einsatzkräfte fanden darauf im Bett des Paars eine schwerverletzte 28-Jährige. Insbesondere der Gesichtsbereich der Frau wies auf massive Gewalteinwirkungen hin. So sehr, dass die Rettung gleich die Polizei angerufen hatte. Der 34-Jährige wurde noch in der Wohnung festgenommen, die 28-Jährige verstarb am nächsten Tag in der Klinik. Einen Tag später, am 26. November, kam es zur Obduktion.
Heftiger Streit am frühen Morgen
Staatsanwalt Hansjörg Mayr auf Anfrage der TT: „Dem Angeklagten wird vorgeworfen, seine Lebensgefährtin vorsätzlich getötet zu haben, indem er ihr unzählige massive Faustschläge und Fußtritte gegen den Kopf, das Gesicht, den Rumpf und die oberen Gliedmaßen versetzte und ihren Kopf gegen eine glatte Oberfläche schleuderte, wodurch sie massive Schädelverletzungen erlitt und daran letztlich verstarb.“
Laut den Ermittlungen des Landeskriminalamtes kam es zwischen dem Paar in den frühen Morgenstunden zu einem heftigen Streit. Nach der anklagegegenständlichen Beweislage, insbesondere aufgrund der Auffindungssituation des Opfers und der gerichtsmedizinischen Untersuchungen, geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass die Frau im Zuge der Schläge zu Sturz kam und sie mit ihrem Kopf auf einer harten Oberfläche aufschlug. Darauf blieb die 28-Jährige reglos und ohne Bewusstsein liegen.
Staatsanwalt Mayr: „Der Angeklagte rief erst um 7.02 Uhr den Notruf an. Er gab gegenüber den Rettungskräften an, er habe selbst versucht, das Opfer zu reanimieren und dass seine Freundin gesundheitliche Probleme gehabt habe, aus dem Bett gefallen sei und aufgehört habe zu atmen. Er wisse nicht, warum das passiert sei.“ (fell, TT.com)