Tiroler Exportvolumen: Aufwind und Wandel im Außenhandel
Das Tiroler Exportvolumen dürfte 2021 bei knapp 14 Mrd. Euro liegen. Die Krisen führen aber zu einer neuen Form der Globalisierung.
Von Anna Haselwanter
Innsbruck – Die Bilanz ist nicht nur gut – sie ist so gut wie nie zuvor. Die vorläufigen Tiroler Außenhandelsdaten für 2021 weisen „ein Plus von 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf“, sagt Gregor Leitner, Abteilungsleiter der Außenwirtschaft in der Tiroler Wirtschaftskammer (WK). Das Exportvolumen dürfte damit zwischen 13,5 und 14 Mrd. Euro liegen, in den wichtigsten Märkten – Deutschland, Italien, Schweiz und die USA – habe es „überproportional großes Wachstum gegeben“. Die endgültigen Zahlen werden Mitte des Monats erwartet, dass sie ein Allzeithoch markieren werden, sei aber klar.
Und weil „Tirol bei den Warenexporten im österreichischen Durchschnitt liegt und Österreich pro Kopf gesehen bei den Warenexporten weltweit an siebter Stelle steht, ist der Außenhandel ein zentraler Motor für die Tiroler Wirtschaft – gleichbedeutend mit dem Tourismus“, sagt Leitner. Das habe spätestens die Pandemie gezeigt, in der exportorientiertes Gewerbe und Industrie wichtige Stützen gewesen seien. Doch auf Corona folgte bekanntlich ein Krieg in Europa, eine Energiekrise, Lieferengpässe, Kostensteigerungen – Letzteres die Industrieländer stärker betreffend, wie es gestern von der UniCredit Bank Austria hieß. Demnach sei Österreich zum Höhepunkt der Lieferkettenprobleme im Sommer 2021 das EU-Land mit den längsten Lieferverzögerungen gewesen. Innerhalb Europas gebe es eine besonders hohe Betroffenheit von Ländern, deren Industrie eng mit jener von Deutschland verknüpft sei. Mittlerweile scheinen sich die weltweiten Lieferkettenprobleme aber trotz des Krieges zu verbessern. Russland und die Ukraine spielen für Tirol als Märkte – gesamtwirtschaftlich betrachtet – zudem kaum eine Rolle. Nach Russland gehen nur 1,2 Prozent, in die Ukraine 0,5 Prozent der Warenexporte.
Aber: „Die indirekten Effekte des Krieges haben natürlich massive Auswirkungen“, sagt Leitner. Die Krisen führen zu einer Umorientierung. „In den vergangenen Jahren spielte alleine der Preis die entscheidende Rolle. Heute gewinnt die Liefersicherheit an Bedeutung. Das war vor Corona kein Thema“, schildert der Experte. „Just in Time“-Lieferungen etwa für die Automobilindustrie seien „komplett außer Tritt geraten“. Nun würden Firmen wieder beginnen, Lager aufzubauen, sich mehrere Lieferanten zu suchen, Sicherheitsaspekte zu fokussieren. Hinzu kommen die hohen Energiepreise, die Inflation –, „all das führt dazu, dass die Preise nie wieder so tief liegen werden wie sie einmal waren“, sagt Leitner. Und: Der Arbeitskräftemangel sorge für Limits.
Die Art der Globalisierung, wie in den vergangenen Jahren gelebt, sei vorbei. „Ich glaube auch nicht, dass die wieder kommt“, sagt Leitner. Vielmehr komme es zu Blockbildungen, die Möglichkeiten werden aus politischen Gründen reduziert – und damit auch die Globalisierung limitiert. „Die jüngsten geopolitischen Veränderungen werden die wirtschaftlichen Organisations- und Steuerungskonzepte der Betriebe in den Industrieländern in den kommenden Jahren nachhaltig verändern“, so Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Bank Austria.
Die Tiroler Exportpalette reicht von Erzeugnissen für den Pharmabereich über Holz, Maschinen, Fahrzeuge, bis hin zu Spezialprodukten wie optischen Geräten – in der WK fand gestern ein Vernetzungstreffen statt.