Kritik zur Serie „Damaged Goods“: Group hug mit der Küchenpsychologin
In der Millenialserie „Damaged Goods“ feiert Sophie Passmann ihr Schauspieldebüt, ein Wohlfühl-Stoff mit wenig Risikobereitschaft.
Von Barbara Unterthurner
Innsbruck – Die erste Regel: Wir hassen Klaus. Das ist deshalb okay, weil Klaus kein einfacher Klaus ist. Klaus heißt die Endometriose von Hennie – eine der häufigsten Unterleibskrankheiten bei Frauen. An Kinderlosigkeit kann sie schuld sein, sie kann aber auch im ganzen Körper für diffuse Schmerzen sorgen. Als Klaus wird sie greifbar – zumindest für Hennie. Sie ist eine von fünf Teilen einer Endzwanziger-Clique. Als „die Spießige“, die das Ablegen ihrer Steuerklärung zum Partymotto macht und sich auch sonst ein ganz normales Familienleben in München wünscht, ist die Diagnose Endometriose ein schwerer Schlag. Hennies Traumbild beginnt zu bröckeln.
Irgendwie ganz anders hat sich auch Nola, die Hauptfigur in „Damaged Goods“, einer neuen Millenialserie auf Amazon Prime, ihr Leben vorgestellt. Sie wurde von der Uni geschmissen. Und jobbt jetzt im Baumarkt. Eigentlich läuft’s auch bei den anderen (neben den besten Freundinnen Hennie und Nola sind da Tia, Mads und Hugo) nicht so richtig. Jeder Millenial hat sein eigenes Päckchen zu tragen. Auch wenn das, wie es sich in einem sauberen Instagramfeed gehört, mit Schleifchen serviert wird. Es gibt auch unter FreundInnen Unausgesprochenes.
📽️ Trailer | „Damaged Goods“:
Etwa das kleine Detail, das Nola als Küchenpsychologin den Podcast mit dem Titel „Damaged goods“ gestartet hat, in dem sie in aller Öffentlichkeit über die beschädigten Leben der anderen plauscht. Das hat in der Serienwelt ja durchaus Tradition: Carrie (Sex and the City) schrieb einst eine Kolumne, „Gossip Girl“ später einen Blog samt Live-Ticker. Und auch Nolas Podcast wird ein Hit, nur dass ihre Besties noch gar nicht ahnen, dass sie ungewollt öffentlicher Gesprächsstoff werden.
Dass die SerienmacherInnen (Jonas Bock als Headautor) Nola mit Sophie Passmann besetzt haben, ist ein guter Schachzug, schließlich deckt sie einen gewissen Promifaktor ab und kann podcasten. Die 28-Jährige hat nicht nur einen eigenen, sie schreibt auch über „Alte, weiße Männer“, moderiert und wurde bei alledem nicht nur einmal als „Stimme der Generation“ gelabelt. Dass Nola also auch ein bisschen Passmann ist, dürfte beim Schauspieldebüt helfen. Die Rolle der scharfzüngigen Beobachterin jedenfalls kann sie. Und das stilsichere Tappen in unterschiedlichste Häufchen macht Nola sympathisch.
Vermisst werden darf hier nur das Ausbrechen. Das, was alle anderen machen: Hugo (Antonije Stankovics), der von der bayrischen Provinz in eine promiskuitive Schwulenszene der Großstadt abtaucht und sie hasst; oder Mads (Tim Oliver Schultz), der mehr als ein Fuckboy sein will. Bis es so weit ist, wird intensiv group-gehugt, viel mit sich gehadert, die eigene Sexualität erkundet – u. a. mithilfe einer Grapefruit. Na ja! Mehr Risikobereitschaft hätte man dieser Serie schon gewünscht. So bleibt das Ganze in den ersten Folgen vor allem Wohlfühl-Stoff.
📺 Damaged Goods. Läuft auf Amazon Prime.