Bühne

Fair Play endet im Innsbrucker Kellertheater am Gasgrill

Stunk im Tennisverein: Der TC Längendorf ist sich in „Extrawurst“ uneins, wie tolerant er sein muss.
© Grießenböck

Clash der Kulturen entbrennt am Grill: Das Kellertheater zeigt mit „Extrawurst“ eine pointenreiche Komödie.

Wien – Die Abstimmung ist eigentlich nur noch reine Formsache. Alle Mitglieder des Tennisclubs „TC Längendorf“ sind pro neuer Grill. Schließlich will da ein Sommerfest bestritten werden. Aber! Aber reicht denn ein Grill? Melanie (Therese Hofmann) jedenfalls gibt zu bedenken: Erol (Winfried Gropper), der sich als Clubmitglied finanziell beteiligt, hat vom XQ3010 mit seinen zwei Grillebenen und diversen Spießchenoptionen eigentlich nichts. Solange darauf Schwein gegrillt wird, darf er nicht davon essen – verlangt seine Religion. Wo also bleibt der Respekt gegenüber anderen Kulturen? Dabei will Erol gar keine Extrawurst, ein zweiter Grill wäre für ihn vollkommen übertrieben.

Hier im Club, diesem schön bürgerlichen Ambiente, wo Fair Play sonst hochgehalten wird, lässt sich nun nichts mehr weglächeln. Die Diskussion ist entzündet. Es dauert nicht lang, bis der Großbrand ausgerufen wird. Dann, wenn die Emotionen übernehmen und sich die Diskussion tief in die persönlichen Beziehungen der fünf schraubt. Hat Erol auch was mit Melanie? Ach, man wollte man doch eigentlich nur Würstchen grillen.

Wie schnell die Debatte um Political Correctness entbrennen kann, zeigt Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakobs Stück „Extrawurst“ nur allzu gut. Koteletts stehen gar nicht auf der Speisekarte. Die großen Fragen nach Toleranz, Rassismus und Eifersucht werden serviert. Am Samstag erstmals in Innsbruck. Manfred Schild inszeniert das deutsche Erfolgsstück von 2019 für sein Kellertheater.

Dabei wirken die fünf – allesamt in einheitlichem Wimbledon-Weiß (Kostüme: Philipp Walser) – zunächst noch einig. Eigentlich stehen sie aber für unterschiedliche Facetten einer modernen Gesellschaft. Neben Erol und Melanie sind das die herrische Hedwig (Bernadette Heidegger), der pedantische Populist Matthias (Stephan Lewetz), der weltoffene Hipster Thorsten (Philipp Walser). Wie im echten Leben fliegen irgendwann die Fäuste.

„Extrawurst“ ist eine pointenreiche Komödie mit Abgründen. Eine, in der viel gelacht – und dann vor sich selbst erschrocken wird. Darf bei „Türkenwurst“ gelacht werden? Auch das Publikum muss sich das fragen. Es ist „part of the game“. Ein bisschen wenigstens. Dabei würde „Extrawurst“ noch mehr Beteiligung zulassen. Mit über den Grill abstimmen darf man im Kellertheater aber nicht. Eigentlich schade! So bleibt das Stück eine „never-ending story“, die beim Zuschauen wenigstens kurzweilig ist. (bunt)

Infos

Extrawurst. Bis 3. September, nächster Termin: Mittwoch, 20. Juli.

Infos und Tickets: kellertheater.at

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