Großbritannien

Britische Regierung übersteht selbst angesetzte Vertrauensabstimmung

Der scheidende britische Premierminister Boris Johnson stellte die Vertrauensfrage.
© APA/AFP/Andy Bailey/UK Parliament

Der scheidende Premier Boris Johnson stellte im britischen Parlament die Vertrauensfrage – aber eher rhetorisch. Im Rennen um seine Nachfolge hat sich das Feld der Kandidaten indes auf vier Namen verengt.

London – Die britische Regierung hat wie erwartet eine von ihr selbst angesetzte Vertrauensabstimmung überstanden. Mit einer Mehrheit von 111 Stimmen sprachen die Abgeordneten des Londoner Unterhauses der Regierung bei der Abstimmung am späten Montagabend ihr Vertrauen aus.

Der scheidende Premier Boris Johnson hatte bereits vor zwei Wochen auf Druck vieler Parteikollegen und Ministern seinen Rücktritt angekündigt. Eine Niederlage bei der Vertrauensfrage hätte eine baldige Neuwahl allerdings unausweichlich gemacht – das wollten selbst die Johnson-Gegner in der Tory-Partei jedoch wegen schlechter Umfragewerte derzeit unbedingt vermeiden.

Tugendhat aus dem Rennen

Im Rennen um die Nachfolge Johnsons hat sich das Feld der Kandidaten inzwischen auf vier Namen verengt. Bei einer Abstimmung der konservativen Tory-Fraktion schied der als moderat geltende Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Tom Tugendhat, als Letztplatzierter aus, wie das zuständige Komitee Montagabend mitteilte. Am Mittwochabend sollen nach weiteren Abstimmungen nur noch zwei Bewerber übrig sein. Danach haben die Parteimitglieder das Wort.

Wer Johnson dann auf dem Parteivorsitz und als Regierungschef nachfolgt, soll am 5. September feststehen. Als Favorit gilt bisher Ex-Finanzminister Rishi Sunak, der bei der Abstimmung am Montag erneut die meisten Stimmen erhielt. Sunak und Mitbewerberin Liz Truss – derzeit Außenministerin - hatten sich bei einer TV-Debatte am Sonntagabend gegenseitig heftig kritisiert. Die Schärfe der Auseinandersetzung löste Berichten zufolge in der Partei Besorgnis aus. Beide gerieten unter anderem wegen unterschiedlicher Pläne für Steuersenkungen aneinander. Aber auch persönliche Angriffe blieben nicht aus.

Sunak und Truss, die bei der jüngsten Abstimmung auf Platz Drei landete, zogen am Montag ihre Zusage für eine geplante weitere TV-Debatte zurück, woraufhin der Sender die Veranstaltung komplett absagte. Außerdem im Rennen sind weiterhin die Handels-Staatssekretärin Penny Mordaunt, die am Montag die zweitmeisten Stimmen erzielte, und die Abgeordnete Kemi Badenoch. (APA/dpa)

Kurz vor Abtritt: Johnson warf Gegner aus eigener Fraktion

Wenige Wochen vor seinem geplanten Ausscheiden aus dem Amt hat der britische Premierminister Boris Johnson einen seiner entschiedensten innerparteilichen Gegner aus der Fraktion geworfen. Tobias Ellwood sei nicht mehr Teil der Tory-Fraktion, teilte das für die Fraktionsdisziplin zuständige Whip-Office der Konservativen Partei am Dienstag mit. Grund dafür sei dessen Abwesenheit bei der von der Regierung am Montag eingebrachten Vertrauensabstimmung.

Ellwood, der als einer der wenigen verbliebenen Brexit-Gegner in der Tory-Partei galt, teilte mit, er bedaure den Verlust der Fraktionsmitgliedschaft sehr. Er habe nach einem Besuch in der Republik Moldau aber aufgrund von Reisebehinderungen keinen Flug gefunden, um rechtzeitig bei der Abstimmung am Montagabend dabei zu sein. Die Regierung setzte sich mit einer Mehrheit von 111 Stimmen durch.

Der Abgeordnete für den Wahlkreis Bournemouth East hatte sich in den vergangenen Wochen vehement für die Ablösung Johnsons als Premierminister eingesetzt. In einem Gastbeitrag für die "Times" hatte er zudem eine Rückkehr in den europäischen Binnenmarkt gefordert.