Kreml gibt sich siegessicher: Frieden in der Ukraine zu unseren Bedingungen
Im Fall einer Wiederaufnahme von Friedensgesprächen würden nun härtere Bedingungen gelten, erklärte die russische Führung. Neue verstärkte Angriffe bei Donzek schlugen ukrainische Truppen am Dienstag zurück.
Moskau – Russland hat der Ukraine im Fall einer Wiederaufnahme von Friedensgesprächen härtere Bedingungen als zuvor in Aussicht gestellt. Bei den Verhandlungen im März in der Türkei seien konkrete Resultate erzielt worden, ehe Kiew den Kontakt abgebrochen habe, behauptete Juri Uschakow, ein Berater von Russlands Präsident Wladimir Putin, am Montag der Nachrichtenagentur RBK zufolge. "Wenn jetzt also die Verhandlungen wieder aufgenommen werden, dann zu völlig anderen Bedingungen."
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Der Vize-Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, demonstrierte Siegesgewissheit. Russland werde alle seine Ziele in der Ukraine erreichen, schreibt der frühere russische Präsident auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. "Es wird Frieden geben – zu unseren Bedingungen."
Keine Friedensgespräche seit Rückzug aus Umland von Kiew
Einzelheiten nannte Uschakow keine. Russische Truppen hatten sich nach den Verhandlungen – auch angesichts des erbittertem militärischen Widerstands der Ukrainer – nördlich von Kiew zurückgezogen. Daraufhin wurden unter anderem in der Kleinstadt Butscha Massengräber von Zivilisten entdeckt. Danach kam es bisher zu keinen neuen Friedensgesprächen.
Als Ziele des in Moskau "militärische Spezialoperation" genannten Kriegs gegen die Ukraine hatte Putin bereits im Februar die "Entnazifizierung" und "Entmilitarisierung" der Ukraine, ihren neutralen Status, die Abtretung der Gebiete Donezk und Luhansk sowie die Anerkennung der seit 2014 annektierten Krim als russisch genannt. Mit diesen Forderungen ist Moskau auch in die Verhandlungen gegangen.
Korridor bis Transnistrien als Kriegsziel?
Russische Truppen haben aber auch Teile des Gebiets Saporischschja im Südosten der Ukraine und fast das gesamte Gebiet Cherson im Süden besetzt. Die dort eingesetzte prorussische Verwaltung spricht seit längerem von Plänen, Referenden über einen Beitritt zu Russland durchzuführen. Ein Befehlshaber der russischen Truppen hat zudem die Schaffung eines russischen Korridors entlang der Schwarzmeerküste bis hin zur Konfliktregion Transnistrien in der Nachbarrepublik Moldau als Kriegsziel genannt.
Angriffe bei Donezk zurückgeschlagen
Russlands Angriffe auf mehrere Städte in der Ukraine gehen indes laut den dortigen Behörden unvermindert weiter. Das Zentrum der ostukrainischen Stadt Kramatorsk ist dem Bürgermeister zufolge vom russischen Militär angegriffen worden. Es gebe mehrere Opfer, teilte Olexandr Hontscharenko auf Facebook mit. In der Schwarzmeer-Hafenstadt Odessa seien bei einem Raketenangriff mindestens vier Menschen verletzt worden, teilte die Regionalverwaltung mit.
Einzelheiten nannte Hontscharenko nicht. Ein Foto, das auf der Facebook-Seite des Bürgermeisters und des Stadtrates zu sehen ist, zeigt ein brennendes Wohngebäude. Der Gouverneur der Region Donezk, in der Kramatorsk liegt, berichtete auf dem Kurznachrichtendienst Telegram von einem Todesopfer. Es habe laute Explosionen gegeben, schrieb Pawlo Kyrylenko. Auch aus dem ebenfalls im Süden gelegenen Mykolajiw sowie Sumy im Nordosten meldeten die Behörden am Dienstag neue Angriffe Russlands.
Ukrainische Truppen verhinderten unterdessen nach eigenen Angaben den russischen Vormarsch auf eine strategisch wichtige Stadt in der Region Donezk. Der Vize-Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, demonstrierte Siegesgewissheit: Russland werde alle seine Ziele erreichen, schrieb der Ex-Präsident auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. "Es wird Frieden geben - zu unseren Bedingungen."
Allein auf die Region um Sumy hätten die russischen Truppen mehr als 150 Geschosse abgefeuert, erklärte der Leiter der regionalen Militärverwaltung, Dmytro Schywytzki, auf Telegram. "Die Russen eröffneten auch das Feuer mit Maschinengewehren und Granatwerfern." In Mykolajiw sei Streumunition zum Einsatz gekommen, teilte der Bürgermeister der Stadt, Oleksandr Senkewytsch, in den sozialen Medien mit. Mindestens zwei Menschen seien verletzt worden.
Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine bereits seit 24. Februar
Russische Truppen waren am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert. Die Regierung in Moskau spricht von einer Spezialoperation mit dem Ziel, militärische Kapazitäten im Nachbarland zu zerstören sowie gegen als gefährlich eingestufte Nationalisten vorzugehen. Nach dem früh gescheiterten Versuch, die Hauptstadt Kiew einzunehmen, konzentriert sich Russland nun darauf, mit schweren Bombardements seine Kontrolle im Osten und Süden der ehemaligen Sowjetrepublik zu festigen und auszubauen. Seit der Einnahme von Lyssytschansk haben Russland und mit dem Land verbündete Separatisten die Donbass-Region Luhansk in ihrer Hand und beherrschen den Süden der Nachbar-Region Donezk.
In der Region Donezk gab es zuletzt tagelang Angriffe unter anderem auf die Stadt Awdijiwka. Hier seien die russischen Truppen inzwischen zurückgedrängt worden, sagte der Chef der Militärverwaltung, Witali Barabasch. Awdijiwka liegt nördlich der Stadt Donezk auf dem Weg in die beiden weiterhin von der Ukraine kontrollierten Städte Kramatorsk und Slowjansk. Behauptungen Russlands, es kontrolliere die Straße zwischen Awdijiwka und dem Ort Kostjantyniwka in Richtung Kramatorsk, seien falsch. Informationen zum Kampfgeschehen lassen sich unabhängig nicht überprüfen.
Britische Geheimdienste orten Probleme bei Russen
Britische Geheimdienste sehen Russlands Militär unterdessen vor wachsenden Schwierigkeiten. Seit Beginn der Invasion habe Russland Probleme gehabt, die offensive Schlagkraft seiner Truppen aufrechtzuerhalten, erklärte das Verteidigungsministerium in London. "Neben der starken Unterbesetzung haben die russischen Planer mit dem Dilemma zu kämpfen, ob sie Reserven in den Donbass verlegen oder sich gegen ukrainische Gegenangriffe im südwestlichen Cherson-Sektor verteidigen." Diese Probleme würden immer akuter. Auch wenn Russland weitere Geländegewinne erzielen könnte, komme der Vormarsch wohl nur sehr langsam voran. (APA/dpa/Reuters)