Kino

Horrorstreifen „Men" im Kino: Verfolgt von toxischen Typen

Die Idylle trügt: Jessie Buckley als Harper Marlow in „Men“.
© imago

MeToo als Horrorfilm: Alex Garland schickt in „Men“ eine junge Frau durch männliche Höllen.

Von Marian Wilhelm

Innsbruck – Alex Garland wurde als Schriftsteller mit „The Beach“ bekannt, machte sich als Dehbuchautor – u. a. mit „28 Days Later“ – einen Namen und debütierte 2015 mit „Ex Machina“ mehr als überzeugend als Regisseur. Nun kommt nach einem Streaming-Ausflug sein dritter Film ins Kino – und liefert Feuer für aktuelle Debatten. Er trägt den programmatischen Titel „Men“ – und lässt auch in der pandemiebedingt reduzierten Ausgestaltung keinen Zweifel an seiner feministischen Stoßrichtung.

Den Titel teilt sich „Men“ u. a. mit einem verschollenen Pola-Negri-Stummfilm von 1924. Auch dort soll es um eine junge Frau gehen, die sich der Zudringlichkeiten von Männern erwehren muss. Aber knapp 100 Jahre und eine MeToo-Bewegung später erzählt Alex Garland die leidige Geschichte um männliche Übergriffigkeit als Horror-Parabel, die ordentlich Angst macht.

​🎬 Trailer | Men

Protagonistin Harper Marlowe ist auf dem Weg in das winzige englische Örtchen Cotson. Dort will sie den Tod ihres Mannes in London verarbeiten. Kurze Flashbacks werfen Schlaglichter auf die Beziehung. In dem malerischen Dorf angekommen, führt sie der überaus eigentümliche Vermieter Geoffrey durch das noble Landhaus. Die Idylle wird jedoch schon beim ersten Spaziergang getrübt als ein mysteriöser nackter Mann im Wald und später im Vorgarten auftaucht. Auch ein schmieriger Pastor, dem sie sich anvertraut, ist nicht gerade eine Vertrauensperson, ebenso wenig wie der Polizist, den sie zu Hilfe ruft. Und der Teenager im Kirchhof nennt sie sowieso gleich einmal „Schlampe“.

All diese Männer ähneln sich nicht nur in ihrer Übergriffigkeit, sondern auch äußerlich. Sie werden von Rory Kinnear verkörpert. Als Harper brilliert Jessie Buckley, vergangenes Jahr Oscar-nominiert für „The Lost Daughter“. Sie wehrt sich gegen die verschiedensten Spielarten männlicher Bedrohungen, bevor ihr eine finale Ausgeburt toxischer Männlichkeit gegenübersteht.

Filmisch entwickelt Alex Garland eine kompakte Erzählung mit quasi-mystischem Sog, samt angedeuteten archaischen Mythen – rund um einen „Grünen Mann“ und altertümliche Vulva-Figuren zum Beispiel. Er findet für die Protagonistin eine sprechende Umgebung und starke Bilder im beschaulichen englischen Wald- und Landhaus-Stil. Die offensiv politische Thematik ist dabei ebenso direkt wie symbolisch aufgeladen, auch wenn sie einen Tick zu offen behauptet und zu wenig auserzählt ist. Das gibt „Men“ etwas sehr Konzeptuelles, ohne aber die filmische Wirkung zu vernachlässigen. Eine raffinierte feministische Volte auf altbekannte Horror-Mythen.