Millionenschäden durch Muren im Stubaital, Land kündigt Hilfe an
Nach den schweren Unwettern am vergangenen Freitag zogen am Montag wieder heftige Gewitter über Tirol. Im Stubaital verursachten mehrere große Murenabgänge erneut schwere Schäden. Auch in anderen Landesteilen gab es gewitterbedingte Feuerwehreinsätze.
Neustift, Vent – Sechs Millionen Euro: So hoch sind laut einer ersten Schätzung des Landes die materiellen Schäden, die die heftigen Unwetter der vergangenen Tage vor allem im Stubaital verursacht haben. „Davon ist eine Million Euro dem Landesstraßennetz (Brücke und Aufräumarbeiten) zuzurechnen, 2,5 Millionen Euro der Wildbach- und Lawinenverbauung und 2,5 Millionen Euro dem Wasserbau (an der Pitze, Mellach und Ruetz)“, hieß es am Dienstag in einer Aussendung.
Auch mehr als 20 private Schadensereignisse seien gemeldet worden. Den Betroffenen ‒ allen voran den besonders in Mitleidenschaft gezogenen Gemeinden Fulpmes, Neustift und Mieders ‒ wurde seitens des Landes rasche finanzielle Hilfe zugesagt. Beschlossen wurde diese in der in der Regierungssitzung am Dienstag. Konkret soll – analog zu früheren Katastrophenereignissen – eine Beihilfe in der Höhe von 50 Prozent des jeweils anerkannten Schadens gewährt werden. „Davon sind 50 Prozent als Soforthilfe des geschätzten Schadens anzusehen“, sagte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP).
Den Betroffenen rät das Land, schnellstmöglich entsprechende Anträge und Unterlagen einzureichen, sodass diese vonseiten des Landes geprüft und die Geldmittel ausbezahlt werden können.
📽️ Video | Murenabgang bei Neustift im Stubaital
Stubaital erneut besonders getroffen
Die Aufräumarbeiten in den betroffenen Gebieten laufen unterdessen weiter. Wie berichtet, entluden sich am Montagabend wieder schwere Gewitter über Tirol. Die extremen Niederschlagsmengen führten erneut zu mehreren großen Murenabgängen im Stubaital. Auch das Venter Tal und andere Landesteile wurden getroffen. Im Stubaital dürften die Schäden jedoch besonders groß sein.
Nach den verheerenden Murenabgängen in Mieders, Fulpmes und Neustift am Freitag mussten die Feuerwehren am Montag erneut ausrücken: Im Neustifter Ortsteil Mutterberg ging neben der Talstation der Stubaier Gletscherbahn „Gamsgarten“ im Bereich der Ruetz eine große Mure ab. Laut Polizei wurde der dortige Parkplatz überschwemmt und unter anderem ein geparktes Auto mitgerissen. Ein Video davon im Internet verdeutlicht die Kräfte der Wassermassen:
Die Stubaier Gletscherstraße musste für den gesamten Verkehr gesperrt werden. Sie bleibt nach derzeitigem Kenntnisstand ab der Grawa-Alm voraussichtlich am Dienstag noch den ganzen Tag lang gesperrt.
Auch im Ortsteil Gasteig kam es im Bereich des Mischbaches zu einem großen Murenabgang. Die dadurch betroffene Brücke der Ranalter Straße konnte den Wasser- und Geröllmassen standhalten. Angrenzende Felder wurden jedoch überschwemmt.
Die Freiwillige Feuerwehr Neustift sperrte außerdem die L232 im Ortsteil Schaller für den gesamten Verkehr. Zusätzlich musste der am Ufer der Ruetz entlang verlaufende Radweg ab dem „Salzlager“ als Umfahrungsmöglichkeit ebenfalls gesperrt werden.
Alarmierungen der Feuerwehren gab es auch in Fulpmes und Mieders. Verletzt wurde nach ersten Angaben niemand.
Oberbergbach von Unwettern mitgenommen
Aufgrund des starken Niederschlags führte der Bach im Oberbergtal wieder sehr viel Wasser und es kam zu Verklausungen der Brücken, weswegen die Feuerwehr die Gemeindestraße „Oberberg“ ab der Kreuzung mit der Gemeindestraße „Mühlenweg“ für den gesamten Verkehr sperrte. Wie das Land Tirol am Dienstag mitteilte, wird aktuell an der Errichtung eines Notwegs im Oberbergtal gearbeitet.
Ebenfalls gesperrt wurde der Uferweg ab der Einmündung des Oberbergbaches in die Ruetz bis zum Eingang ins Oberbergtales. Zwischenzeitlich mussten mehrere Schaulustige angewiesen werden, sich von den Gefahrenstellen zu entfernen.
Zur gleichen Zeit drang in einer Tischlerei und einem öffentlichem Musiklokal in Neustift Wasser ein, das von der Feuerwehr abgepumpt wurde. Auch in Schönberg kam es im Bereich der Stubaitalstraße zu einem Murenabgang, der eine Sperre der B183 zur Folge hatte.
Suche nach Pfarrer abgebrochen
Unterdessen wurde die Suche nach dem vermissten Pfarrer aus dem Stubaital am Montag ergebnislos abgebrochen. Nachdem sich der Wasserstand der Ruetz wieder etwas beruhigt hatte, wurde am späteren Nachmittag – vor den neuen Unwettern – wieder nach dem Geistlichen gesucht. 14 Einsatzkräfte der Wasserrettung suchten etwa drei Stunden lang vier Gebiete nach dem 60-Jährigen ab – ohne Erfolg. „Bis auf ein paar weitere Wrackteile vom Wagen des Pfarrers haben wir nichts gefunden“, berichtete Konrad Kirchebner, Sprecher der Wasserrettung, der Tiroler Tageszeitung.
Eine Wiederaufnahme der Suche sei derzeit unmöglich, hieß es am Dienstag. „Wir haben aktuell keine Chance", so Kirchebner. Nach den neuerlichen Murenabgänge habe man im Wasser aufgrund der Verschmutzung keine gute Sicht, zudem sei der Wasserstand viel zu hoch, erklärte er. „Wir müssen besseres Wetter abwarten", so der Wasserretter. Aber bei der Aufgabe handle es sich um die „Suche der Nadel im Heuhaufen". Am Mittwoch werde die Lage neu beurteilt.
Der Geistliche wurde am Freitagabend vermutlich in seinem Auto sitzend von den Fluten der Ruetz mitgerissen, nachdem sich heftige Gewitter mit gewaltigen Regenmengen über dem Gebiet entladen hatten. Teile des völlig zerstörten Wagens wurden am Samstag aus dem reißenden Bach gezogen, im Handschuhfach lagen eine Bibel und die Visitenkarte. Mehrmals suchten Wasserretter beide Ufer ab, der Mann blieb jedoch verschwunden.
📽️ Video | Spur der Zerstörung im Stubaital nach Unwetter am Freitag
Mure im Venter Tal, Wasserschäden im Wipptal
Auch im Venter Tal wurde am Montagabend ein Murenabgang gemeldet. Meldungen über Verletzte gab es keine.
Die Feuerwehren waren auch wegen mehrerer Wasserschäden im Wipptal im Einsatz. Außerdem stürzten dort sowie im Raum Jenbach und Schwaz einige Bäume um. Das Unwetter hielt sich hartnäckig und verlagerte sich später noch ins Zillertal. Auch dort waren die Feuerwehren gefordert.
In Finkenberg etwa stürzte gegen 20.45 Uhr ein Baum auf einen Parkplatz eines Hotels. Drei dort geparkte Autos wurden getroffen und beschädigt.
Wetterberuhigung am Dienstag
Erst im Laufe des Dienstags sei mit einer Wetterberuhigung zu rechnen, prognostizierte die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Zuvor hatte das Land an die Bevölkerung appelliert, bei neuen Gewittern mit Starkregen Vorsicht walten zu lassen und besonders in den von den Unwettern betroffenen Gebieten von Bächen und Flüssen Abstand zu halten. (TT.com)