Coronavirus

Kein Beschluss: Entscheidung zu Quarantänepflicht auf Eis gelegt

100.000 Menschen sind derzeit von den Corona-Quarantäne-Regeln betroffen. Teils sitzen sie zu Hause, obwohl sie sich gesund fühlen.
© Kristen

Am Mittwoch dürfte beim Sommerministerrat das Ende der Quarantänepflicht verkündet werden. Einheitlich sollte die Entscheidung sein, wünscht sich die Wirtschaft.

Wien, Innsbruck – „Ob die Entscheidung nun sofort oder in den nächsten Tagen fällt, ist zweitrangig“, meinte gestern Abend Tirols ÖVP-Wirtschaftsbundobmann Franz Hörl. „Hauptsache ist, dass die Entscheidung bundesweit einheitlich ist und hält.“

Gemeint ist damit, ob die Bundesregierung den Schritt wagt und die Quarantänepflicht aufhebt. Bis dato müssen positiv Getestete fünf Tage in Quarantäne und weitere fünf Tage mit Maske und Verkehrsbeschränkung unterwegs sein. Freitesten nach fünf Tagen hatte selten geklappt. Entweder weil die Behörden überfordert waren, oder das Testergebnis noch positiv war.

„Die Quarantänepflicht legt das ganze System lahm“, meint Alois Rainer, Gastronom und Hotelier und Vertreter der Gastro-Branche in der Wirtschaftskammer. „Wir haben und hatten Mitarbeiter, die sich eigentlich wieder gesund fühlten, aber wegen der Quarantäne zu Hause bleiben mussten.“ So wie Hörl könnte auch Rainer mit dem Aus für die Quarantänepflicht „gut leben“.

Beschluss am Mittwoch erwartet

Die Wirtschaftskämmerer müssen sich also noch gedulden, denn gestern wurden nach einem virtuellen Gipfel zwischen Bund und Ländern keine Beschlüsse verkündet. Das dürfte am Mittwoch im Sommerministerrat passieren. Gesundheitsminister Johannes Rauch von den Grünen hatte sich im Vorfeld für das Ende der Quarantänepflicht ausgesprochen. Auch die ÖVP forcierte diese Linie. Der steirische LH Christopher Drexler meinte, wer krank sei, solle zu Hause bleiben. Die Spitäler seien trotz hoher Zahlen nicht überlastet. Ähnlich argumentierte auch Salzburgs LH Wilfried Haslauer. Tirols Gesundheitslandesrätin Annette Leja hält die Diskussion über die Abschaffung für „legitim“.

Protest kam allerdings von den SPÖ geführten Bundesländern. Insbesondere Wien wollte den Kurs der Regierung nicht mittragen und kündigte an, die Quarantäneregeln beibehalten zu wollen. Außerdem beklagten Wien, Kärnten und das Burgenland, nicht im Vorfeld von der Bundesregierung informiert worden zu sein.

Er halte den Zeitpunkt für ein Quarantäne-Aus für ganz schlecht, meinte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Das Aus sei ein Schritt in die falsche Richtung. „Wenn man den Empfehlungen des Europabüros der WHO folgt, so ist die Quarantäne während der Sommerwelle ganz klar aufrechtzuerhalten, auch als Vorbereitung für eine kommende Herbstwelle.“

Aktuell sind 100.000 Menschen in Österreich entweder isoliert oder verkehrsbeschränkt unterwegs, also von den Quarantäneregeln betroffen. In Deutschland findet dieselbe Diskussion wie in Österreich statt. Spanien hat bereits im März beschlossen, Covid wie andere Krankheiten zu behandeln und die Quarantänepflicht abgeschafft, ebenso wie Großbritannien.

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Von Seiten der Experten gab es gestern unterschiedliche Meinungen zum Thema Ende der Quarantäne. Der Virologe Norbert Nowotny und der Simulationsforscher Niki Popper warnten im ORF davor, vulnerable Gruppen einer zu großen Gefahr auszusetzen. Wenn Infizierte in Spitälern und Pflegeheimen arbeiten dürfen, sei das „zu gefährlich“ für die Patienten und Pflegebedürftigen. Komplexitätsforscher Peter Klimek spricht sich dagegen für das Ende der Isolationspflicht aus. Länder wie Spanien und Großbritannien würden diesen Weg seit Monaten gehen und dort habe es die Spitäler auch nicht zerrissen.

Der Tiroler Infektionloge Günter Weiss hatte sich bereits vor zwei Wochen dafür ausgesprochen, über ein Ende der Quarantänepflicht nachzudenken. Er regte an, auch in den Spitälern mit Corona „normaler“ umzugehen. Auf den Intensivstationen in Innsbruck lägen zwar noch Patienten, die als Covid-Patienten in der Statistik aufscheinen, aber nicht mehr wegen Covid dort lägen. Weiss rät zur Vorsicht und zur Einhaltung von Hygieneregeln. Auch auf der Klinik sorgen die Quarantäneregeln für Personalknappheit. Diese sei eklatant, sagte Weiss. „Nicht nur wegen Covid“, meinte der Experte und stieß damit eine Diskussion an. (aheu)

Umfrage: Aus für die Quarantäne?

Innsbruck – Quarantäne für Corona-Positive Menschen oder eine Lockerung der Maßnahmen und viel Eigenverantwortung? Wir haben die Tirolerinnen und Tiroler gefragt, welche Vorgehensweise sie für richtig halten und ob eine Abschaffung der Quarantäne Sinn macht.

Carmen Püringer, Vill:

„Eine Abschaffung der Quarantäne macht meiner Meinung nach keinen Sinn. Dann können sich andere Menschen leichter anstecken.“

Rainer Katzensteiner, Reutte:

„Ich finde es gut, Verantwortung dem Einzelne­n zu übertragen. Ob die Leute aber so weit sind, damit umzugehen, frage ich mich schon.“

Sandra Laiminger, Brixen:

„Ich denke, es geht auch ohne Quarantäne, es wäre jedoch wichtig, dass wir mitdenken und dass man, wenn man sich krank fühlt, zu Hause bleibt.“

Sandra Köstl, Lienz:

„Für Symptomfreie würde ich die Quarantäne auf jeden Fall abschaffen. Wenn ich mich gesund fühle, gehe ich arbeiten, und die Sache ist erledigt.“

Hannes Unterberger, Wörgl:

„Ich halte es für eine schlechte Idee, die Quarantäne abzuschaffen. Niemand will einen Corona-Positiven in der Arbeit haben.“

Clemens Breidenbach, Jenbach:

„Die ganze Corona-Thematik kann ich schon gar nicht mehr hören. Mir ist das langsam egal, was beschlossen wird.“

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