Tod von Ärztin Kellermayr: Kanzler Nehammer sprach Mitgefühl aus
Während sich in Deutschland hochrangige Regierungsmitglieder zum Fall der in den Tod getriebenen oberösterreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr äußerten und zum Kampf gegen Hass im Netz aufriefen, war es in Österreichs Bundesregierung ziemlich still. Am Mittwochabend sprachen Bundeskanzler Nehammer und Grünen-Klubchefin Maurer ihr Mitgefühl aus.
Seewalchen am Attersee/Wien – Der Suizid der monatelang mit Morddrohungen von Impfgegnern konfrontierten oberösterreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr hat nicht nur national, sondern auch international Wellen geschlagen. Politiker und Experten, die ebenfalls bedroht werden, solidarisierten sich. Während sich etwa in Deutschland etliche hochrangige Politiker klar äußerten, war in Österreich bis auf den Gesundheitsminister auch fünf Tage nach dem Tod vorerst nur Schweigen der Bundesregierung zu vernehmen. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat am Mittwochabend schließlich den Angehörigen, Freunden und Patienten der verstorbenen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr sein Mitgefühl ausgesprochen.
„Wichtig ist, dass die Behörden weiter ermitteln, um jene auszuforschen, die Frau Dr. Kellermayr bedroht haben", betonte er in einer der APA übermittelten Stellungnahme, „Hass im Netz und persönliche Bedrohungen haben keinen Platz in unserer Gesellschaft".
„Es ist schrecklich, wenn ein Mensch aufgrund von Hass und persönlichen Bedrohungen keinen anderen Weg mehr sieht, als seinem Leben ein Ende zu setzen", so der Bundeskanzler weiter. Er begrüßte, dass „nun eine Obduktion stattgefunden hat, um Klarheit über die Umstände ihres Todes zu schaffen".
📽️ Video | Kein Zweifel an Suizid im Fall Kellermayr:
Maurer kritisiert Behörden
Ihr Beileid sprach auch die Grüne Klubchefin Sigrid Maurer in der ORF-„ZiB 2" aus, um sogleich die Behörden in der Causa zu kritisieren. Es handle sich um einen Fall von massiver Verfolgung durch einen rechten Mob. „Es ist erschütternd für mich, dass Frau Kellermayr von den zuständigen Behörden keine oder zu wenig Unterstützung erfahren hat", so Maurer. Sie habe den Eindruck, dass die oberösterreichische Polizei weder die Kompetenz, noch die Bereitschaft gehabt habe, den Fall zu verfolgen.
📽️ Video | Maurer (Grüne) über Hass im Netz:
In Deutschland meldeten sich etwa Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), SPD-Vorsitzende Saskia Espen, Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz, der Präsident der deutschen Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, und sogar der stellvertretender Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, zu Wort. Tenor aller: Es müsse mehr gegen den zunehmenden Hass im Netz unternommen werden.
Van der Bellen legte Blumen vor Praxis nieder, Rauch kondolierte
In Österreich rief Bundespräsident Alexander van der Bellen noch am Todestag Kellermayrs zu einem Ende des Hasses auf, legte sogar vor der Praxis in Seewalchen Blumen nieder. Auch Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) kondolierte per Twitter. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zeigten sich ebenfalls betroffen.
Die erste Polit-Reihe blieb allerdings weitgehend still: Weder Bundeskanzler Karl Nehammer, noch Innenminister Gerhard Karner oder der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (alle ÖVP) meldeten sich aktiv zu Wort. Einzig die oberösterreichische Gesundheitsreferentin LHStv. Christine Haberlander (ÖVP) bekundete in einer Aussendung nicht nur ihr Beileid, sondern forderte auch die Möglichkeit grenzüberschreitender Strafverfolgung für Hass-Delikte. Darüber hinaus gab es aber keine Wortspenden von Politikern in Regierungsfunktionen und keine Teilnahme an den zahlreichen Mahnwachen. Stelzer sagte dann auf Anfrage gegenüber Der Standard (Mittwochausgabe), er wisse zwar, dass es „schwierig ist für die Behörden, weil sich viele Radikale unter dem Deckmantel der Anonymität verstecken, aber da würde ich mir teilweise schon ein härteres und schnelleres Vorgehen erwarten".
📽️ Video | Schmitzberger von der Ärztekammer über Kellermayr:
Polizei und Staatsanwaltschaft äußern sich nicht zu Vorwürfen
Polizei und Staatsanwaltschaft, die vor allem in Sozialen Medien heftig in der Kritik stehen, sie hätten zu wenig ermittelt bzw. Kellermayr zu wenig Schutz und Unterstützung geboten, wollen sich nicht konkret zu diesen Vorwürfen äußern. Man habe getan, was in dem Fall möglich war, hieß es. Das sagt auch die Oö. Ärztekammer, die der Ärztin – wie die Landespolizeidirektion Oberösterreich – zu mehr Zurückhaltung in der Diskussion geraten hatte. Außerdem wurde ihr von einem Funktionär mitgeteilt, dass ein Nachfolger für die Kassenarztpraxis schnell gefunden werde. (APA)
☎️💻 Hier finden Sie Hilfe
Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Suizidgedanken betroffen sind, finden Sie hier Hilfe:
- Telefonseelsorge: 142 (ohne Vorwahl) / onlineberatung-telefonseelsorge.at
- Psychosozialer Krisendienst: 0800 400120 / krisendienst-tirol.at
- Rat auf Draht: 147 (ohne Vorwahl) / rataufdraht.at
- Pro mente: 0512 585129 / promente-tirol.at
- Psychiatrische Ambulanz der Innsbrucker Klinik: +43 (0)50 504 23648
- Notaufnahme des MZA Innsbruck: Anichstraße 35 / +43 (0)50 427 057
- Psychosozialer Dienst in Hall in Tirol: www.psptirol.org, +43 (0)52 2354 9 11
- Kriseninterventionsdienst des Roten Kreuzes: 144 (ohne Vorwahl)
- Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums: www.suizid-praevention.gv.at
- Infos für Jugendliche: www.bittelebe.at