Hass im Netz

Debatte um eigene Staatsanwaltschaft gegen Hass im Netz

Die Forderungen sind zuletzt nach dem Suizid der oberösterreichischen Ärztin Kellermayr laut geworden, die massiv bedroht wurde. (Symbolfoto)
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Laut einer Umfrage befürworten 88 Prozent der Österreicher, Drohungen und exzessive Beschimpfungen im Netz strenger zu bestrafen. Nun ist eine eigene Staatsanwaltschaft zur Verfolgung dieser Delikte im Gespräch. Verfassungsministerin Edtstadler ist der Idee nicht abgeneigt, Justizministerin Zadic will stattdessen Polizei und Staatsanwaltschaften mehr Ressourcen geben..

Wien – Für Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) ist eine eigene Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Hass im Netz ähnlich der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vorstellbar. Auch Social-Media-Expertin Ingrid Brodnig plädiert für eine solche Staatsanwaltschaft. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) will hingegen der Polizei und den bestehenden Staatsanwaltschaften mehr Ressourcen geben.

Forderungen nach Schaffung einer solchen Anklagebehörde waren zuletzt nach den Drohungen gegen die oberösterreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr laut geworden, die sich das Leben genommen hat.

Das Problem von Hass-Postings und Bedrohungen im Internet ist nach Ansicht Edtstadlers "sehr, sehr viel größer, als wir das in der Vergangenheit oder auch jetzt eingeschätzt haben und einschätzen". Insofern würde die ÖVP-Ministerin "sagen, es gibt in diesem Bereich keine Denkverbote. Was immer hilft, um diesen Hass-im-Netz-Dingen möglichst rasch zu begegnen und solche Eskalationen, wie wir sie erlebt haben, zu verhindern, soll dienlich sein. Das sollte man aber im Detail diskutieren", erklärte Edtstadler am Samstag auf Ö1.

Zadic will Polizei und Staatsanwaltschaften mehr Ressourcen geben

Zadic kündigte stattdessen mehr Ressourcen für die Polizei und die bestehenden Staatsanwaltschaften an. Den jetzigen Ruf nach einer Sonderstaatsanwaltschaft "kann ich natürlich nachvollziehen", sagte Zadic in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA. Sie verwies jedoch darauf, dass die Justiz bereits vor dem erschütternden Fall Kompetenzstellen für Cybercrime bei den Staatsanwaltschaften in Wien und Graz eingerichtet habe. Ziel dabei sei es, einen Pool von besonders geschulten Staatsanwält:innen aufzubauen, die als Ansprechpersonen für alle Staatsanwält:innen dienen und ihr gesammeltes Fachwissen auch bei internen Schulungen weitergeben.

Justizministerin Zadic verweist darauf, darauf, dass die Justiz bereits vor dem Fall Kellermayr Kompetenzstellen für Cybercrime bei den Staatsanwaltschaften in Wien und Graz eingerichtet habe.
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"Jede Staatsanwaltschaft in Österreich hat mit Fällen von Hass im Netz und Cybercrime zu tun, daher ist notwendig entsprechende Kompetenzen flächendeckend aufzubauen. Ich möchte dieses Projekt daher rasch ausweiten, denn jede Ressource in diesem Bereich wird gebraucht, damit die Justiz den Menschen effektiv und schnell zu ihrem Recht verhelfen kann", betonte die Justizministerin.

Für Zadic liegt das Grundproblem bei der Verfolgung von Hass im Netz derzeit bei der Ausforschung von Täter:innen. "Diese Ausforschung dauert oft zu lange, was für Betroffene natürlich extrem belastend ist. Gemeinsam mit dem Innenminister werde ich daran arbeiten, dass jede Polizeidienststelle und jede Staatsanwaltschaft die nötigen Ressourcen und Werkzeuge hat, die es braucht, damit Betroffene ernstgenommen und Täter:innen zur Rechenschaft gezogen werden", kündigte die Justizministerin an.

Auch FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst lehnte eine eigene Staatsanwaltschaft gegen Hass im Netz ab. Ihrer Ansicht nach wäre es wichtiger, mehr Personal in die bestehenden Staatsanwaltschaften zu bringen, anstatt über eine neue Staatsanwaltschaft zu diskutieren. In einer Aussendung verwies sie darauf, dass es für Drohungen oder Beleidigungen eine entsprechende Handhabe im Strafrecht gebe.

Brodnig: „Es ist wie eine Lotterie“

Für eine eigene, auf Hass im Netz spezialisierte Staatsanwaltschaft plädiert hingegen Brodnig, die darin zwei Vorteile sähe. "Erstens ist die Chance hoch, dass sie dort Juristinnen und Juristen haben, die eine Ahnung von sozialen Medien, auch vom Internet haben, von der Logik und auch technischen Ideen, wie man zum Beispiel herausfindet, wer steckt hinter einer E-Mail, wie komme ich da quasi an die Person heran, die so etwas Strafbares schreibt", sagte die Expertin ebenfalls auf Ö1. Und zweitens könne man dann davon ausgehen, auf Menschen zu treffen, die solche Delikte sehr ernst nehmen. Da gebe es derzeit große Unterschiede, so Brodnig: "Es gibt Staatsanwaltschaften, die verfolgen einzelne Fälle super streng, genau. Und dann gibt es andere Fälle, da werden solche Anzeigen sehr schnell eingestellt. Und eine zuständige Staatsanwaltschaft, die nichts anderes macht, da hat man dann womöglich nicht mehr so das Gefühl, es ist wie eine Lotterie, sondern da landet man bei Profis, die sich auskennen und die hoffentlich auch diese Thematik sehr ernst nehmen."

Social-Media-Expertin Ingrid Brodnig.
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Auch die Anwältin und Medienrechtsexpertin Maria Windhager begrüßt den Vorschlag. Ihrer Ansicht nach "zeigt sich, dass derzeit die Umsetzung und die Durchsetzung nicht gut funktioniert, und das liegt sicher auch am mangelnden ExpertInnenwissen, am mangelnden Interesse auch und Verständnis für die Problematik. Also alles, was hier an Spezialisierung kommt, ist absolut zu begrüßen." Die auf IT-Recht spezialisierte Anwältin Katharina Bisset würde mit der Spezialisierung noch früher ansetzen, nämlich in der Polizeidienststelle. Es sei wichtig, das Know-how schon bei den einzelnen Polizisten, Polizistinnen zu haben.

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Unique research für das Nachrichtenmagazins profil befürworten 88 Prozent der Österreicher, Drohungen und exzessive Beschimpfungen im Internet strenger zu bestrafen. 64 Prozent sind "auf jeden Fall" dafür, 24 Prozent "eher schon". Fünf Prozent gaben an, härtere Strafen "eher nicht" zu befürworten, drei Prozent "sicher nicht". Der Rest machte keine Angaben. Befragt wurden 500 Personen, die Schwankungsbreite liegt bei plus/minus vier Prozent. (APA)

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