Klinische Studie

Neue Behandlungsform für Brustkrebspatientinnen mit Metastasen

Symbolbild
© dpa-Zentralbild

Die österreichische Studie mit einem innovativen Medikament verspricht gute Erfolge. Bei betroffenen Frauen mit Metastasen im Gehirn könnte es hier eine neue und bessere Behandlungsform geben.

Wien/Linz/Wiener Neustadt – Bis zu 15 Prozent der Brustkrebspatientinnen entwickeln in einem fortgeschrittenen Stadium ihrer Erkrankung auch gefürchtete Gehirnmetastasen. Bei betroffenen Frauen mit einem sogenannten HER2-positiven Karzinom könnte es hier eine neue und bessere Behandlungsform mit einem Antikörper-Chemotherapeutikum-Konjugat geben, haben Wiener Wissenschafter in einer klinischen Studie herausgefunden.

Medikamentöse Behandlung könnte helfen

„Normalerweise werden Brustkrebspatientinnen mit Gehirnmetastasen chirurgisch und/oder strahlenmedizinisch behandelt. Die Prognose für sie ist aber bisher schlecht geblieben. Neben diesen lokal wirkenden Therapien könnte auch eine medikamentöse Behandlung einen Effekt haben. Man hat sich hier bisher auf kleine Moleküle, sogenannte Tyrosinkinase-Hemmer, konzentriert, weil sie besser die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Bei Gehirnmetastasen hat sich aber gezeigt, dass diese Blut-Hirn-Schranke offenbar zusammenbricht, was auch für eine Verwendung von monoklonalen Antikörpern etc. sprechen könnte", sagte Matthias Preusser, Leiter der Klinischen Abteilung für Onkologie (MedUniWien/AKH), gegenüber der APA.

Etwa 15 Prozent der Brustkrebspatientinnen haben ein sogenanntes HER2-positives Karzinom. An der Oberfläche der bösartigen Zellen werden mehr Rezeptoren für einen Wachstumsfaktor exprimiert. Bei dieser Mammakarzinomform gibt schon seit rund 20 Jahren den monoklonalen Antikörper Trastuzumab, welcher die Rezeptoren blockiert und damit das Tumorwachstum reduziert. Um die Wirksamkeit noch zu erhöhen, wurde Trastuzumab vor einigen Jahren auch mit dem Chemotherapeutikum Emtansine „konjugiert". Diese Protein-Molekül-Komplexe steuern gezielt die Krebszellen an, das Chemotherapeutikum wird direkt in die Karzinomzellen eingebracht.

Vor kurzem wurde mit dem Konjugatwirkstoff Trastuzumab-deruxtecan (TDXd) ein Medikament dieser Art der nächsten Generation entwickelt. Onkologen, Gynäkologen, Pathologen und Neurochirurgen der MedUni Wien/AKH, dem St. Josef-Spital (Wien), des LKH Wiener Neustadt und des Krankenhauses der Elisabethinen (Linz) haben jetzt in der angesehenen Fachzeitschrift „Nature Medicine" eine erste Studie der Phase II zu der neuen Behandlungsform publiziert. Aufgenommen wurden 14 Patientinnen und ein Patient mit HER2-positivem Brustkrebs und Gehirnmetastasen (noch ohne vorherige Behandlung oder mit zuwenig Ansprechen auf vorangegangene Therapien).

Behandlung sprach bei 73,3 Prozent an

„Die Patientinnen wurden zwischen Juli 2020 und Juli 2021 aufgenommen. Sie erhielten eine Standarddosis von 5,4 Milligramm Trastuzumab-deruxtecan pro Kilogramm Körpergewicht an einem Tag am Beginn eines Behandlungszyklus als Infusion in die Vene. Die mittlere Beobachtungszeit betrug elf Monate. Bei zwei der Patientinnen (13,3 Prozent) kam es zu einem völligen Verschwinden der Gehirnmetastase. Neun Kranke (60 Prozent) hatten einen teilweisen Rückgang der Metastasen. Bei 20 Prozent kam es zur Stabilisierung der Erkrankung", sagte Preusser. Insgesamt hätten 73,3 Prozent der Patientinnen angesprochen, was einer deutlich höheren Erfolgsrate entspricht als mit anderen Therapieformen.

Bei acht der Patientinnen, das waren 62,5 Prozent, zeigte sich auch eine Verringerung des Risikos für Komplikationen durch die Brustkrebserkrankung exklusive der Gehirnmetastasen. „Das ist die weltweit erste Studie, welche die Wirkung eines Antikörper-Deruxtecan-Konjugats auf Gehirnmetastasen bei neu diagnostiziertem und zuvor unbehandeltem oder fortschreitendem Brustkrebs untersuchte. Trastuzumab-deruxtecan zeigte eine hohe Risikoreduktion bei Patientinnen mit HER2-positiver Mammakarzinomerkrankung und Gehirnmetastasen", sagte Rupert Bartsch, Programmdirektor für Mammakarzinome an der MedUniWien/AKH und Erstautor der Studie.

In begleitenden Untersuchungen fanden sich auch Hinweise darauf, dass durch Messung eines im Gehirn produzierten Eiweißstoffes, nämlich Neuronen-spezifische Enolase (NSE) in Blutproben, jene Patientinnen mit Therapieansprechen identifiziert werden können, schrieben die Autoren, unter ihnen auch der Labormediziner (MedUni Wien/AKH) und bis vor kurzem Wiener Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres.

Nachdem Trastuzumab-deruxtecan bereits seit kurzem zur Behandlung des metastasierten Mammakarzinoms zugelassen ist, kann dieses Medikament nun auch in Österreich zur Therapie von Gehirnmetastasen eingesetzt werden. Zur Etablierung weiterer medikamentöser Therapieformen von Gehirnmetastasen sind nun zusätzliche klinische Studien geplant. (APA)

Verwandte Themen