Russland/Tschechien

Russlands Geheimdienst zeigt Video von angeblicher Dugina-Mörderin

Ermittler an der Anschlagsstelle.
© IMAGO/SNA

Während ein ehemaliger russischer Ex-Politiker davon ausgeht, dass der Anschlag auf die Tochter des Rechtsnationalen Alexander Dugin, Darja Dugina, von Partisanen verübt wurde, zeigt Russland mit dem Finger auf die Ukraine.

Moskau/Prag/Kiew (Kyjiw) – Russlands Inlandsgeheimdienst FSB hat ein Video veröffentlicht, das die angebliche Mörderin der Kriegsbefürworterin Darja Dugina zeigen soll. Mehrere aneinander geschnittene Aufnahmen in dem rund zwei Minuten langen Clip sollen zeigen, wie die Ukrainerin in Russland ankommt, das Haus ihres mutmaßlichen Opfers betritt und dann nach der Tat das Land wieder verlässt. Dugina starb in der Nacht auf Sonntag bei der Explosion ihres Autos in einer Moskauer Vorstadtsiedlung.

Der FSB erklärte, dass der Mordanschlag auf die Tochter des bekannten rechtsnationalistischen Ideologen Alexander Dugin von ukrainischen Geheimdiensten geplant worden sei. Dem FSB zufolge handelt es sich bei der Täterin um eine 1979 geborene Frau aus der Ukraine, die bereits Ende Juli mit ihrer elf oder zwölf Jahre alten Tochter nach Russland eingereist und direkt nach der Tat nach Estland ausgereist sei. Russische Oppositionelle bezweifelten die Darstellung des Geheimdienstes.

Die Tochter des bekannten rechtsnationalistischen Ideologen Alexander Dugin galt als glühende Verfechterin des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, der seit einem halben Jahr dauert. Dugina starb bei der Explosion ihres Autos in einer Moskauer Vorstadtsiedlung. Vertreter staatlicher russischer Medien lasteten das Attentat sogleich der Ukraine an, ohne dafür irgendwelche Beweise vorzulegen. Ihrer Argumentation zufolge galt das Attentat eigentlich dem kremlnahen Dugin selbst.

Partisanen für Angriff verantwortlich?

Einige Beobachter bezweifelten das und sahen eher die Handschrift russischer Sicherheitsbehörden. Der in der Ukraine lebende Ex-Abgeordnete der russischen Staatsduma, Ilja Ponomarjow hatte erklärt, eine "Nationale Republikanische Armee" sei dafür verantwortlich. Ponomarjow verlas zudem ein Manifest der Gruppierung, von deren Existenz zuvor nichts bekannt war. Zahlreiche russische Beobachter zweifelten jedoch an der Glaubwürdigkeit von Ponomarjows Darstellung.

"Wir sind heute (Sonntag, Anm.) in einer neuen Zeit aufgewacht", sagte Ponomarjow in einer auf Youtube veröffentlichten Videobotschaft. Russische Partisanen der "Nationalen Republikanischen Armee" (NRA) hätten am Vorabend das Auto des "Führers der russischen Faschisten" Alexander Dugin außerhalb von Moskau in die Luft gesprengt und damit "eine neue Seite des russischen Widerstands gegen den Putinismus" eröffnet, erläuterte er.

Anschlag als "Racheakt"

Zur getöteten Tochter Dugins sagte der Ex-Politiker, dass diese zu Vernichtung von Ukrainern aufgerufen habe und den "terroristischen Akt" im außerhalb von Donezk gelegenen Gefangenenlager Oleniwka gerechtfertigt habe, bei dem 50 Kriegsgefangene des Asow-Regiment in die Luft gesprengt worden seien. Explizit bezeichnete er den Anschlag als einen "Racheakt".

Ponomarjow, der keinerlei Belege für seine Darstellung anführte, verlas abschließend ein Manifest der bisher völlig unbekannten Gruppierung "Nationale Republikanische Armee". Man erkläre Präsident Putin zum "Usurpator der Macht und Kriegsverbrecher", der gegen die Verfassung verstoßen habe, einen Krieg zwischen slawischen Brudervölkern losgebrochen und russische Soldaten in den sicheren sowie sinnlosen Tod geschickt habe, hieß es. Putin würde abgesetzt und vernichtet, vernichtet würden aber auch Regierungsbeamte, mit dem Regime verbundene Geschäftsleute und Mitarbeiter staatlicher Sicherheitsstrukturen, verlas der linke Politiker Ponomarjow. 2014 hatte er als einziger Abgeordneter der russischen Staatsduma gegen die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim votiert.

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Oppositionelle russische Journalisten sahen Ponomarjows Darstellung mit großer Skepsis. Die rechtskonservative Publizistin Julija Latynina spekulierte etwa auf Twitter, dass der Ex-Politiker Opfer einer groß angelegten Operation russischer Geheimdienste geworden sein könnte, mit deren Hilfe Kritiker von Wladimir Putin aufgespürt und ins Gefängnis gebracht werden sollten.

Kritik an tschechischer Ministerin

Die tschechische Verteidigungsministerin Jana Cernochova sorgt unterdessen mit ihrer Reaktion auf den mutmaßlichen Mordanschlag für Diskussionen in Tschechien. Die getötete Darja Dugina und ihr Vater seien "tatsächliche Mörder und Kriegshetzer", erklärte die Ministerin der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) am Sonntag im Kurznachrichtendienst Twitter.

"Weder die Tochter noch der trauernde Vater tun mir leid. Es tut mir leid für die Tausenden von Menschen, die aufgrund ihrer Propaganda und abscheulichen Ideologie ermordet wurden. Die heutige Nacht auf den 21.8. wird man sich in Russland merken", so Cernochova weiter.

Der Kommentar der Verteidigungsministerin löste in sozialen Netzwerken umgehend eine heftige Debatte aus. Neben viel Kritik gab es auch zustimmende Reaktionen. Der frühere sozialdemokratische Gesundheitsminister Svatopluk Nemecek warf Cernochova vor, einen "terroristischen Akt gegen zivile Person" zu unterstützen. Der ehemalige kommunistische Parlamentsabgeordnete Jiri Dolejs meinte, man könne den immer wieder als Ideengeber für den russischen Präsidenten Wladimir Putin bezeichneten Dugin kritisieren und gleichzeitig das Attentat gegen seine Tochter verurteilen.

Cernochova hielt trotz der Kritik an ihrer Stellungnahme fest. "Ich stehe zu jedem meiner Worte", erklärte sie auf Twitter. Nemecek warf sie vor, ein "bolschewistischer Propagandist" zu sein. (APA)

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