Mattle schließt Koalition mit FPÖ aus: „So etwas ist für mich indiskutabel“
Tirols VP-Chef und Spitzenkandidat Anton Mattle schließt eine Koalition mit der FPÖ und deren Obmann Markus Abwerzger aus. Gerade in Krisenzeiten, wo es Zusammenhalt und Solidarität brauche, setze die FPÖ auf Spaltung und Hetze, so Mattle. Der VP-Wirtschaftsflügel gibt sich zugeknöpft.
Innsbruck – Tirols VP-Chef und Spitzenkandidat Anton Mattle präzisierte gegenüber der TT einen Bericht der Krone, dass er eine Koalition mit der FPÖ und deren Obmann Markus Abwerzger ausschließt. „Dass der politische Stil der FPÖ nicht der meine ist, daraus habe ich nie ein Geheimnis gemacht", so Mattle.
Gerade in Krisenzeiten, wo es Zusammenhalt und Solidarität brauche, setze die FPÖ auf Spaltung und Hetze: „Das entspricht nicht meinem Verständnis einer Politik der Mitte." Auch Tirols FPÖ-Obmann Markus Abwerzger habe sich leider von einem Abgeordneten, der früher durchaus gemäßigte Positionen vertreten hat, zum Scharfmacher und Tiroler Statthalter von Herbert Kickl entwickelt.
Klimawandel-Leugnung für Mattle „indiskutabel“
„Einem Herbert Kickl, der erst vor wenigen Tagen im ORF-Sommergespräch den Klimawandel geleugnet und ihn als Angst und Panikmache bezeichnet hat“, so der Tiroler VP-Chef. „So etwas ist für mich indiskutabel, weil wir alle tagtäglich spüren, wie sich das Klima verändert und wie extreme Wetterereignisse zunehmen. Die Tiroler Energiewende als eines der zentralen Zukunftsprojekte ist für mich deshalb nicht verhandelbar.“ Mit einer Partei, die den Klimawandel als Hirngespinst abtue, gehe das nicht.
„Ich weiß, dass es in der Politik üblich ist, sich immer alle Optionen offen zu halten. Aber diese parteitaktischen politischen Spiele sind nicht das meine. Die Menschen sollen wissen, woran sie sind. Das ist mein politischer Zugang und meine innere Überzeugung.“
📽️ Video | Abwerzger für Mattle kein Koalitionspartner
Abwerzger „schmunzelt“
„Das kostet mich ein Schmunzeln. Mattle ist mit dieser Festlegung in der Tiroler ÖVP nicht mehrheitsfähig", reagierte Abwerzger. Er habe bereits Nachrichten von „sehr wesentlichen und namhaften Politikern in der ÖVP" erhalten, die ihm gegenüber betont hätten, damit nichts anfangen zu können und nicht einverstanden zu sein. Er gehe aber ohnehin davon aus, dass Mattle angesichts der Umfragewerte nach der Wahl „Geschichte" sein werde und andere Leute ans Ruder kommen. Die Regierungsverhandlungen würden nicht mehr von Mattle geführt werden, es werde vielmehr einen „Doppelrücktritt" von Mattle und Platter geben: „Mattle ortet offenbar Majestätsbeleidigung. Dabei ist er ohnehin nur ein Möchtegernkronprinz mit Ablaufdatum".
Der ÖVP-Landesparteiobmann sei ein „Grüner im Geiste", legte Abwerzger nach. „Wer Mattle wählt, wacht mit Schwarz-Grün auf", schloss der FPÖ-Obmann. Offenbar versuche der ÖVP-Spitzenkandidat einen „extremen Linksruck" vorzubereiten - mit einer erneuten Schwarz-Grün-Koalition oder indem man die NEOS als kleines „Beiwagerl" hinzugebe. Die Tiroler ÖVP stehe damit ganz im Gegensatz zu anderen „vernünftigen" ÖVP-Landesorganisationen wie etwa jener in Oberösterreich, die mit der FPÖ koaliert.
Die Kritik Mattles an seiner Person kann Abwerzger überhaupt nicht nachvollziehen: „Ich weiß nicht, was ihn da reitet. Ich habe mich nicht verändert, sondern bin immer derselbe geblieben".
Mainusch: Kann Mattle „schon verstehen"
Der geschäftsführende Tiroler ÖAAB-Obmann und Landtagsabgeordnete Dominik Mainusch erklärte, er könne Mattle „schon verstehen". Dieser sei einfach ein „ehrlicher Typ", der vor der Wahl klar Schiff habe machen wollen. Ihm gehe es vor allem darum, dass möglichst viel „bürgerliche Politik" in der nächsten Landesregierung vertreten ist - und diese repräsentiere nur die ÖVP mit ihrer „Bandbreite" und ihren christlich-sozialen Wurzeln. Ein ÖVP-Regierungspartner müsse die „richtigen Konzepte" und „Ruhe und Verlässlichkeit" bieten. Letzteres wäre bei einer Zusammenarbeit mit der FPÖ die „allergrößte Herausforderung". Eine solche Koalition wäre nicht stabil. „Ich kann mir zudem nicht vorstellen, dass die FPÖ überhaupt ein ernsthaftes Interesse an einer Regierungsbeteiligung hat. Sie ist eher die Krawallabteilung im Tiroler Landtag", so Mainusch. Auf die Frage, ob er persönlich auch die Freiheitlichen vor der Wahl dezidiert als möglicher Partner ausgeschlossen hätte, meinte der Fügener Bürgermeister: „Kein Kommentar".
Insgesamt auffallend knapp fielen die Reaktionen von einflussreichen Proponenten des Wirtschaftsflügels der Partei aus, der großteils gute Verbindungen zur FPÖ aufweist und mit einer möglichen schwarz-blauen Koalition bekanntermaßen deutlich geringere bis keine Probleme hat. „Das ist eine Entscheidung des Landesparteiobmannes, die so zu akzeptieren ist", sagte Tirols Wirtschaftsbundobmann und Nationalratsabgeordneter Franz Hörl. Dieser werde schließlich auch die Regierungsverhandlungen führen und Regierungschef werden. Noch knapper indes Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser, dem stets Ambitionen auf den Landeshauptmann-Posten nachgesagt wurden. Auch von ihm hieß es gegenüber der APA: „Kein Kommentar."
Beifall von ÖVP-Frauen
Von den Tiroler ÖVP-Frauen kam indes Beifall für Mattle. Dieser habe mit seiner Ansage „eine klare Linie gezogen und ich bin ihm sehr dankbar dafür", teilte Obfrau und Abg. Elisabeth Pfurtscheller in einer Aussendung mit. Sie habe die letzten zwei Jahre im Parlament „hautnah miterlebt, wie sich die FPÖ unter Herbert Kickl immer weiter radikalisiert hat". Abwerzger wiederum lasse „keine Gelegenheit aus, um zu betonen, wie eng er mit Herbert Kickl ist und wie bedingungslos er seinen Kurs unterstützt". „Wenn man die Tiroler FPÖ in die Regierung holt, sitzt Herbert Kickl mit am Verhandlungstisch", schlussfolgerte Pfurtscheller. Einer solchen Konstellation hätte sie im Parteivorstand nicht ihre Zustimmung erteilt.
Für Tirols NEOS-Chef Dominik Oberhofer ist Mattles blaue Absage „scheinheilig", da im Hintergrund „bereits mit der FPÖ gesprochen wird". „Tirol braucht keine Ibiza-Koalition und auch keinen festgeschriebenen Stillstand mit der 'großen' Koalition, Tirol braucht Fortschritt und Zukunft - Das können wir NEOS", ließ der pinke Spitzenkandidat wissen. (TT, APA)
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