Beratungsstelle

40 Jahre Frauen gegen Vergewaltigung in Tirol: Kein „Pop-up"-Thema

Eine Briefmarke zum Jubiläum: Doris Stauder, Leiterin der Beratungsstelle.
© Böhm

Vom Notruf zur professionellen Beratungs- und Fachstelle für sexualisierte Gewalt: 40 Jahre Frauen gegen Vergewaltigung.

Von Michaela S. Paulmichl

Innsbruck – Eine Vielzahl an Vorfällen während der Corona-Lockdowns hat das Thema Gewalt gegen Frauen zuletzt in den Fokus gerückt. Auch beim Verein Frauen gegen Vergewaltigung haben sich viele Betroffene gemeldet. Geschäftsführerin Doris Stauder warnt allerdings davor, das Problem als „Pop-up“-Thema zu sehen: „Eine Gesellschaft, die ernsthaft damit umgeht, muss das Augenmerk immer darauf richten.“

Mindestens jede Zehnte sei sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Die Dunkelziffer sei allerdings sehr hoch, auch weil sich Betroffene oft erst verspätet melden. „Viele verfallen nach einer Attacke in eine Schockstarre, das ist eine ganz normale Reaktion.“ Die Aufklärungsrate ist niedrig, nur ein geringer Teil der Beschuldigten wird durch das Strafjustizsystem zur Verantwortung gezogen. In Anbetracht der Sorgfaltspflicht, die der Staat bei der Verfolgung von Gewalt an Frauen hat, ist das besorgniserregend, heißt es von Seiten des Vereins.

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Anlässlich des 40-Jahr-Jubiläums der 1982 gegründeten Einrichtung blickt Stauder dennoch mit Stolz auf das bisher Erreichte zurück: „Aus dem anfänglichen Notruf hat sich eine professionelle Beratungsstelle für Frauen aus ganz Tirol entwickelt.“ Im vergangenen Jahr wandten sich 267 Personen an die Betreuerinnen, die Anzahl der Klientinnen ist um 17 Prozent angestiegen – viele werden über einen längeren Zeitraum begleitet –, die der Bezugspersonen sogar um das Vierfache.

Die Mitarbeiterinnen sehen ihre Aufgabe aber auch darin, die Öffentlichkeit aufzuklären und zu sensibilisieren. „Das Thema wird immer noch oft kleingeredet. Dabei geht es um die kleinen, alltäglichen, oft schon gewohnten, aber trotzdem nicht normalen Übergriffe“, so Stauder. Die Einrichtung sieht sich zudem als Fach- und Ansprechstelle, die Fortbildung anbietet und damit zur Prävention beiträgt. Dazu gibt es die Möglichkeit einer kostenlosen Prozessbegleitung.

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