Coronavirus

Nationales Impfgremium empfiehlt vierten Stich für alle ab zwölf Jahren

Symbolbild.
© APA/EXPA/JOHANN GRODER

Der Gesundheitsminister erwartet steigende Zahlen im Herbst. Er sprach außerdem eine Empfehlung für Masken in den Innenräumen aus.

Wien – Das Nationale Impfgremium (NIG) empfiehlt die Corona-Auffrischungsimpfung für alle Menschen ab zwölf Jahren. Sie sollen sich ihre vierte Impfung holen, hieß es am Mittwoch. Das Impfschema solle unabhängig von Infektionen eingehalten werden. Bisher galt die Empfehlung für den vierten Stich für Menschen ab 60 Jahren. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) erwartet im Herbst deutlich steigende Fallzahlen und sprach eine FFP2-Masken-Empfehlung für Innenräume aus.

Maskenpflicht in bestimmten Bereichen wahrscheinlich

"Es ist wahrscheinlich, dass im Herbst eine Maskenpflicht in bestimmten Bereichen wie im öffentlichen Verkehr oder in Supermärkten wieder sinnvoll und notwendig sein wird", meinte der Gesundheitsminister bei einer Pressekonferenz in Wien. Er appelliert daher nachdrücklich an die in Österreich lebenden Menschen, überall dort FFP2-Masken zu tragen, wo der Mindestabstand von zwei Metern nicht eingehalten werden kann. Klar sei, "Wellen lassen sich nicht verhindern", ebenso würden sich Ansteckungen "auf Dauer nicht verhindern" lassen, sagte Rauch, der insgesamt jedoch von einer "stabilen Entwicklung" bei der Corona-Situation sprach. Man sei "gut durch den Sommer gekommen".

📽️​ Video | NIG empfiehlt vierten Stich für alle ab zwölf Jahren

Was im Herbst kommen werde, "wissen wir nicht genau", jedenfalls werden durch gestiegene Kontakte auch die Infektions- und Spitalszahlen steigen. "Die Impfung ist und bleibt die wichtigste Maßnahme, die Impfbereitschaft ist vorhanden", konstatierte der Minister. Dazu gebe es auch die Empfehlung, sich testen zu lassen. Die fünf gratis PCR- sowie Antigen-Schnelltests werde es "bis ins Frühjahr hinein" gratis weiter geben, sagte Rauch. Er wiederholte die Worte seines Vor-Vorgängers, Rudolf Anschober (Grüne): "Die nächsten Wochen sind entscheiden", wenn es darum gehe, sich impfen zu lassen, meinte der amtierende Gesundheitsminister. Die Impfpflicht werde auf keinen Fall wieder eingeführt werden, versicherte er.

Angepasste Impfstoffe noch im September

Angepasste Variantenimpfstoffe sollen noch im September nach Österreich geliefert werden. Auf ein genaues Datum wollte sich Rauch - anders als sein deutscher Amtskollege, Karl Lauterbach - nicht festlegen. Zu oft habe es bereits Verschiebungen gegeben, begründete er. Gesichert sei jedenfalls, dass die angepassten Impfstoffe "im September, im Oktober" kommen werden. Bereits am (morgigen) Donnerstag erwartet Rauch, dass die EU-Arzneimittelbehörde EMA die Zulassung der ersten bivalenten Impfstoffe bestätigt. Zunächst wird der speziell für die Omikron-Variante BA.1 angepasste Impfstoff erwartet, einige Wochen später der an die aktuelle Variante BA.4/BA.5 angepasste Impfstoff.

Auf diese Vakzine solle keinesfalls gewartet werden. "Bitte nicht zuwarten, sondern jetzt zur Impfung gehen", appellierte Impf-Experte und NIG-Mitglied Herwig Kollaritsch. "Die bereits verfügbaren Impfstoffe waren milliardenfach im Einsatz. Sie sind bestens erprobt und schützen weiterhin effektiv vor einer schweren Erkrankung", betonte der Infektionologe. Die Varianten-Impfstoffe würden nämlich "keine wesentliche Verbesserung der Situation bringen", es sei vielmehr "absolut unvernünftig", darauf zu warten. Wichtig sei, die Grundimmunisierung mit drei Dosen abzuschließen und sich dann die Auffrischung zu holen. Dafür hat das NIG nun die Impfempfehlung geändert, wenige Tage vor Schulbeginn.

Die vierte Impfung ist nun für alle Personen ab zwölf Jahren bei entsprechendem Abstand zur letzten Impfung je nach Alter ab vier bis sechs Monate nach dem Abschluss der Grundimmunisierung (3. Impfung) empfohlen, erläuterte Kollaritsch. Bei Kindern von fünf bis elf Jahren soll spätestens zu Schulbeginn die Grundimmunisierung - diese besteht aus drei Impfungen - fertiggestellt werden, in dieser Altersgruppe ist derzeit keine Auffrischungsimpfung empfohlen. Das NIG hat seine Empfehlung auch an aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst. Für Menschen über 60 Jahren ist eine Auffrischungsimpfung nun bereits ab vier Monate nach dem Abschluss der Grundimmunisierung empfohlen.

Guter Schutz vor Tod durch Covid

"Ich glaube, behaupten zu können, dass in Österreich an einer reinen Covid-Infektion fast niemand mehr sterben müsste, wenn er geimpft ist und wenn er die Therapie zugänglich hat", sagte Kollartisch. Mit diesen beiden Mitteln - Impfung und Medikamente im Falle einer Infektion - "können wir sehr viel tun, um sicher durch die Herbstwelle zu kommen", bekräftigte der Experte. Das Impfschema sollte jedenfalls unabhängig von Infektionen eingehalten werden. Bei alten Varianten habe eine Infektion quasi noch eine Impfung ersetzt, das sei nun bei Omikron nicht mehr der Fall, erläuterte Kollaritsch.

"Letztlich sollte jeder, der eine Infektion mit einer der jetzigen Varianten durchmacht, unabhängig davon in seinem Impfschema verbleiben", betonte er. "Die Impfung ist wesentlicher als die Infektion", konkretisierte der Experte. Wer PCR-negativ und gesund ist, könne nach einer Infektion zur Impfung gehen. Das sei aber kein Muss, es könne auch ein paar Wochen abgewartet werden. Kollaritsch hob den positiven Nebeneffekt der Auffrischung hervor. Diese bietet in den ersten Wochen nach der Impfung auch "einen gewissen Infektionsschutz", womit das epidemiologische Geschehen gedämpft wird.

Die Impfstoffe können für die Auffrischungsimpfung gewechselt werden, wenn man das möchte, sagte Kollaritsch. "Mix and Match kann man ohne weiteres machen", erläuterte er und erklärte, dass sich der Impfstoff von Moderna bisher als jener mit geringfügigen Vorteilen erwiesen habe. Er sei jedoch reaktogener, rufe also stärkere Reaktionen hervor. "Man kauft sich immer mit einem Vorteil auch einen kleinen Nachteil", konstatierte der Infektiologe. Für Risikopersonen solle überlegt werden, ob nicht eine weitere Impfung außerhalb des Impfschemas sinnvoll sein könnte, sagte der Experte.

Aus Niederösterreich hieß es am Mittwoch als Reaktion auf die Empfehlung des NIG, dass die Impfzentren im Bundesland "bestens vorbereitet" seien. "Auch eine Erweiterung der Kapazitäten ist kurzfristig über zusätzliche Öffnungszeiten und weitere Impflinien in den Zentren möglich. Zudem ist der Einsatz weiterer Impfbusse entsprechend dem Impfaufkommen sichergestellt", betonten LHStv. Stephan Pernkopf (ÖVP) und Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) in einer gemeinsamen Aussendung. Aktuell stehen in Niederösterreich an drei Tagen pro Woche neun Landesimpfzentren zur Verfügung, weiters touren zwei Impfbusse durch das Bundesland. Vakzine werden darüber hinaus in hunderten Arzt-Ordinationen verabreicht. (APA)