Kultur Österreich

Neue Ära an der Volksoper mit der "Dubarry" gestartet

Annette Dasch und Harald Schmidt im Dekonstruktionsduell
© APA

Letztlich wurde es doch die erwartete Zeitenwende am Wiener Gürtel, die Lotte de Beer am Samstagabend an der Volksoper einläutete: "Die Dubarry" als Auftaktpremiere der neuen Direktion und Saison warf einen frischen Blick auf ein eher verstaubtes Werk, setzte auf die Dekonstruktion des Genres und sorgte damit für einen ebenso humor- wie schwungvollen Theaterabend. Und das nicht zuletzt dank Theaterurviech Annette Dasch in der Titelpartie.

Regisseur Jan Philipp Gloger verpasst bei seinem Hausdebüt der 1931 uraufgeführten Adaption der Millöcker-Vorlage von Theo Mackeben einen weitgehend neuen Rahmen und Text. Als rückwärtsgerichtete Zeitreise aus der Gegenwart bis zurück zum Barock wird die Geschichte der armen Jeanne Beçu erzählt, die zur einflussreichen Mätresse Ludwig XV. aufsteigt. Ein antiquiertes Frauenbild und sexistische Anzüglichkeiten älterer Herren werden dabei stets hinterfragt oder abgewürgt.

Anfangs entspinnt sich das Geschehen allerdings noch moderat, mit kleinen Gags und kurzen Augenzwinkern, scheint noch einer Inszenierungswelt zu entstammen, die auch unter de Beers Amtsvorgänger Robert Meyer ihren Platz gefunden hätte. Ensemblemitglied Juliette Khalil ist eine quirlige Akteurin mit zahlreichen Bravourszenen, Lucian Krasznec kann als Maler René sein genretypisches Schellacktimbre zum Besten geben und Dasch darf als starker Charakter nach Herzenslust berlinern.

Sie wirft dabei die Drehbühne mit den zahlreichen Spielflächen selbst immer wieder händisch an, dreht die eigene Geschichte weiter, die Zeituhr zurück. Erst in der zweiten Hälfte des Abends erfolgt nach diesem zahmen Beginn der Bruch mit der Vorlage, wenn etwa das Zusammentreffen zwischen der Dubarry und Ludwig XV. als Talkshow gehalten ist - sitzt der spielfreudigen Sopranistin Dasch doch Entertainerlegende Harald Schmidt als Spielpartner gegenüber.

Ab diesem Zeitpunkt hinterfragt sich das Stück selbstreflexiv, wirft einen ironischen Blick auf die eigene Beschaffenheit - und markiert damit eine erste Etappe auf dem Weg der Volksoper in Richtung eines Hauses, wie es Barry Kosky mit seinem Erfolgslauf an der Komischen Oper in Berlin geformt hat. In jedem Falle ist "Die Dubarry" ein Abend, der Lust auf mehr macht.

Verwandte Themen