Preissprung bei Erdgas, russischer Lieferstopp bleibt aufrecht
Am Montagabend teilte Gazprom mit, dass der Lieferstopp Russlands über die Pipeline Nord Stream 1 aufrecht bleibt. Der Preis des Terminkontrakts TTF für niederländisches Erdgas sprang zwischenzeitlich um etwa 72,5 Euro bzw. rund 35 Prozent auf 281 Euro je Megawattstunde (MWh).
Frankfurt – Der Lieferstopp Russlands über die Pipeline Nord Stream 1 dauert an. Das hat den europäischen Gaspreis nach oben schnellen lassen. Am Montag sprang der Preis des Terminkontrakts TTF für niederländisches Erdgas zwischenzeitlich um etwa 72,5 Euro bzw. rund 35 Prozent auf 281 Euro je Megawattstunde (MWh). Am Montagabend teilte Gazprom mit, dass die Unterbrechung aufrecht bleibt.
Ob sich dies auf die Situation rund um die Margin-Zahlungen bei Wien Energie auswirkt, konnte ein Sprecher nicht sagen. "Die Marktpreisentwicklung bei Strom und Gas ist weiterhin angespannt und selbstverständlich relevant für alle Marktteilnehmer - auch für uns. Die Marktlage wird von uns laufend beobachtet, analysiert und evaluiert", hieß es dazu seitens des Energieversorgers. Man bereite sich auf alle Szenarien vor.
Die Wien Energie kauft zur Fernwärme- und Stromproduktion Gas, überschüssiger Strom wird verkauft. Bisher wickelte das Unternehmen die Verkaufsgeschäfte in Form von Strom-Futures an der Börse EEX in Leipzig ab. Diese wurden als kurzfristige Notfallmaßnahme bis auf weiteres ausgesetzt, wie das Unternehmen am Freitag bekannt gab. In Liquiditätsschwierigkeiten sei man zuletzt aufgrund des plötzlichen und extremen Auseinanderklaffens der Strom- und Gaspreise im Großhandel und den damit einhergehend erhöhten Sicherheitsleistungen gekommen, betont die Wien Energie.
Der TTF-Kontrakt wird häufig als Richtschnur für das europäische Preisniveau verwendet. Ausschlaggebend für den Preissprung zum Wochenstart war, dass Russland seine Erdgaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 bis auf weiteres ruhen lässt. Als Grund gab der Konzern Gazprom am Wochenende technische Probleme an. Vermutet wird aber, dass Russland den Westen im Ukraine-Konflikt noch mehr unter Druck setzen will.
Dagegen waren die Erdgaspreise in der vergangenen Woche spürbar gefallen. Auslöser war, dass die Auffüllung der Erdgasspeicher in Europa schneller als geplant vonstattengeht. In den Monaten zuvor waren die Preise jedoch sehr stark gestiegen - am 26. August wurde der Gipfel mit etwa 340 Euro pro MWh erreicht. Ende vergangenen Jahres hatte Erdgas noch weniger als 100 Euro je Megawattstunde gekostet. Die Abhängigkeit Europas von russischem Erdgas ist hoch. Seit dem Ukraine-Krieg werden große Anstrengungen unternommen, um die Abhängigkeit zu verringern.
Weiterhin kein russisches Gas durch Nord Stream 1
Durch die Gas-Pipeline Nord Stream 1 wird jedenfalls auch weiterhin kein russisches Gas nach Deutschland kommen. Der staatliche Energiekonzern Gazprom bekräftigte am Montagabend, die Verdichterstation Portowaja sei zu einem gefährlichen Ort geworden. Die Anlage könne nicht mehr sicher betrieben werden. Gazprom habe eine Warnung der russischen Behörden bezüglich eines Öl-Lecks an der Station erhalten. Das deutsche Unternehmen Siemens Energy habe erklärt, das Leck könne nur durch ein besonderes Reparatur-Unternehmen abgedichtet werden.
Außerdem machte Gazprom den Lieferstopp an einem angeblichen Konstruktionsfehler der eingesetzten Siemens-Turbine fest. Wegen erhöhter Brand- und Explosionsgefahr habe die Technikaufsicht Rostechnadsor den Weiterbetrieb der Turbine untersagt, teilte der russische Gaskonzern am Montagabend mit. Ein Betrieb widerspreche "den Normen der russischen Gesetzgebung".
Ein Sprecher von Siemens Energy sagte am Montag, bis auf Weiteres gelte die Einschätzung, dass der mitgeteilte Befund keinen Grund für eine Einstellung des Betriebs darstelle. "Solche Leckagen beinträchtigen im Normalfall den Betrieb einer Turbine nicht und können vor Ort abgedichtet werden", so der Sprecher. Auch in der Vergangenheit sei es wegen solcher Öllecks nicht zu einem Stillstand gekommen.
Die deutsche Bundesregierung hält die technischen Probleme mit der Pipeline ebenfalls für vorgeschoben. Sie wirft Moskau vor, die Gaslieferungen aus politischen Gründen zu verweigern. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck stellt sich bereits darauf ein, dass Russland über Nord Stream 1 kein Gas mehr nach Europa liefern wird. "Es kommt noch ein bisschen Gas über die Ukraine-Pipeline, aber dass Nord Stream 1 wieder aufgemacht wird, gehört nicht zu den Szenarien, von denen ich ausgehe", sagte der Grünen-Politiker am Montagabend im ZDF-"heute journal". (APA/Reuters/dpa)
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