Großbritannien

Thatcher-Fan Liz Truss: Wer ist die neue britische Premierministerin?

Die zukünftige britische Premierministerin Liz Truss sieht sich als Nachfolgerin von Margreth Thatcher.
© ADRIAN DENNIS

Während ihr Konkurrent Rishi Sunak vor zu weitreichenden Versprechungen im Wahlkampf zurückschreckte, kündigte Liz Truss trotz schwieriger wirtschaftlicher Lage Steuersenkungen an. Nun muss die 47-Jährige liefern.

Von Joe Jackson und Sylvain Peuchmaurd/AFP

London – Als Siebenjährige übernahm Liz Truss bei einer Wahlsimulation ihrer Schule die Rolle der damaligen britischen Premierministerin Margaret Thatcher – und bekam keine einzige Stimme. Vier Jahrzehnte später tritt die inzwischen 47-Jährige tatsächlich in die Fußstapfen der "Eisernen Lady".

Die Siegerin der Stichwahl gegen Ex-Finanzminister Rishi Sunak muss sich nun rasch dem drängendsten Problem des Landes widmen: Den hohen Lebenshaltungskosten, insbesondere den massiv gestiegenen Strompreisen.

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Truss geht aus erbittertem Streit als Siegerin hervor

Premierminister Boris Johnson war Anfang Juli nach einer parteiinternen Revolte gegen seine viel kritisierte Amtsführung als Parteichef zurückgetreten. Wochenlang stritten Truss und Sunak erbittert darüber, wer geeigneter für die Nachfolge an der Spitze der Partei ist – und damit auch automatisch neuer Premierminister wird. Die Entscheidung für das gesamte Königreich lag damit bei den gerade einmal rund 200.000 Mitgliedern der konservativen Tory-Partei.

Im Duell mit Sunak berief sich die Außenministerin immer wieder auf die bei der konservativen Basis beliebte Thatcher. Truss bemühte sich dabei offensichtlich sogar, die langjährige Premierministerin auch äußerlich zu kopieren: Unter anderem trug sie ähnliche Blusen und kopierte berühmte Foto-Auftritte der ersten Frau an der Spitze der britischen Regierung.

Als Anti-Thatcher sozialisiert

Im Gegensatz zu Thatcher war Truss ursprünglich politisch liberal. Ihre Eltern, ein linksgerichteter Mathematikprofessor und eine erklärte Atomkraftgegnerin, nahmen ihre Tochter häufig zu Anti-Thatcher-Demonstrationen mit.

Die am 26. Juli 1975 geborene Truss wuchs zunächst in Schottland und später in einem wohlhabenden Vorort von Leeds auf. Später studierte sie in Oxford Philosophie, Politik und Wirtschaftswissenschaften. Gleichzeitig engagierte sie sich in der liberaldemokratischen Hochschulgruppe. Noch 1994 forderte sie beim Parteitag der Liberaldemokraten die Abschaffung der Monarchie.

Seit Cameron in Regierungsämtern herumgereicht

Zwei Jahre später wechselte Truss zu den Konservativen – zum Entsetzen ihrer Eltern, wie sie selbst erzählte. 2010 ging sie endgültig in die Politik, 2012 holte der damalige Premierminister David Cameron sie in sein Kabinett. Seitdem sammelte sie Regierungsämter wie andere Briefmarken – zuletzt als Johnsons Außenministerin.

Dass sie früher einmal gegen den Brexit war, bezeichnet Truss heute als Fehler. Zum Entzücken der ultrarechten Brexiteers tritt sie heute als glühende Verfechterin des britischen Austritts aus der EU auf.

Für Kritiker der 47-Jährigen ein Beweis mehr, dass sie eine ehrgeizige Opportunistin sei: Sie wechsle für ihre Ziele bedenkenlos Meinungen und Standpunkte – und schaue ebenso wie jahrelang Johnson vor allem, was beim Volk gut ankomme.

Vollmundige Versprechungen bringen Sieg

Beherzt griff die bisherige Außenministerin dann auch beim derzeit wichtigsten Thema in Großbritannien zu – den explodierenden Lebenshaltungskosten. Während ihr Konkurrent Sunak als Ex-Finanzminister nur zögerlich und auch nur punktuell Entlastungen versprach, kündigte Truss angesichts der schlimmsten Inflation seit Generationen massive Steuersenkungen an. Sunak kritisierte diese Pläne als finanziell unverantwortlich.

Am Sonntag legte Truss noch einmal nach und kündigte für den Fall ihres Wahlsiegs an, "sich umgehend um Rechnungen und Energieversorgung der Bürger" kümmern zu wollen. Sie werde binnen einer Woche "sicherstellen, dass bekanntgegeben wird, wie wir mit dem Thema umgehen werden", sagte sie der BBC. Direkt nach ihrer Wahl stellte sie einen "kühnen Plan" für Steuersenkungen und Wachstum in Aussicht.

Steuersenkungen für Reiche für Truss im Sinne der Wirtschaft

Kritik an ihren Steuersenkungsplänen, die demnach vor allem den Reichen nutzen, wies sie mit dem Argument zurück, sie dienten dem Wirtschaftswachstum. "Alles durch die Brille der Umverteilung (von Reichtum) zu sehen, ist meiner Ansicht nach falsch", sagte sie.

Johnsons ehemaliger Berater Dominic Cummings bezeichnete Truss einmal als "menschliche Handgranate". Sie selbst münzte dies im Wahlkampf zum Kompliment um: Immerhin zeige es, dass sie "die Dinge anpackt", sagte sie.

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