Staatsanwalt und UEFA ermitteln nach Krawallen bei Nizza – Köln
Über Fußball redete rund um das Conference-League-Spiel des 1. FC Köln in Nizza kaum jemand. Zu eindringlich war die Randale vor dem Spiel, die fast zur Absage geführt hätte. Die Aufarbeitung wird dauern, der FC verspricht ein kompromissloses Durchgreifen.
Nizza – Nach den schweren Ausschreitungen vor dem Fußball-Europacupspiel des 1. FC Köln beim OGC Nizza (1:1) hat die Staatsanwaltschaft mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dabei gehe es um gemeinschaftliche Sachbeschädigung am offiziellen Fan-Shop des OGC im Stadion sowie um gemeinschaftliche Gewalt am und im Stadion, teilte die Anklagebehörde der südfranzösischen Stadt am Freitag in Nizza mit. Die UEFA nahm in der Causa ein Disziplinarverfahren auf.
Gegen die Kölner wird laut Europäischer Fußball-Union offiziell wegen des "Werfens von Gegenständen", des "Abbrennens von Feuerwerkskörpern oder anderen Objekten" sowie weiteren "Störungen durch Zuschauer" ermittelt. Der französische Club muss sich unter anderem wegen Vorwürfen bezüglich des Sicherheitspersonals und der Organisation verantworten. Bei den Ausschreitungen, in deren Folge der Anpfiff der Partie um eine Stunde verlegt werden musste, waren 32 Menschen verletzt worden. Im Stadion kam es zu Sachbeschädigungen.
📸 Posting | Stellungnahme des FC Köln via Twitter
Die von den Sicherheitsbehörden des Departements geleiteten Ermittlungen hätten das Ziel, die Verantwortlichen zu identifizieren und zu fassen, betonte Staatsanwalt Xavier Bonhomme. Die Präfektur in Nizza machte für die Ausschreitungen in erster Linie die deutschen Fans verantwortlich. Diese hätten "die Nizzaer provoziert, unterstützt von Fans, die wahrscheinlich aus Paris kamen", teilte die Präfektur am Freitag mit. Die Sicherheitsvorkehrungen seien dem Risikopotenzial der Begegnung angemessen gewesen, beurteilte die Behörde das eigene Vorgehen.
Die massiven Ausschreitungen hatten fast zu einer Absage geführt, entsprechend verärgert und geschockt reagierten die Kölner Verantwortlichen. Die Konsequenzen für den Verein seien "noch nicht abzusehen", sagte Köln-Geschäftsführer Christian Keller: "Ich will auch nicht spekulieren. Da gibt es sicher eine große Bandbreite." Diese reicht von Geldstrafen bis zu Auflagen oder möglicherweise auch Geisterspielen.
"Ich weiß, dass wir auf Bewährung sind", sagte Keller: "Wie lange die galt, damit habe ich mich ehrlich gesagt nicht beschäftigt. Weil ich nicht mit so etwas gerechnet habe." 2017 beim Auftaktspiel der bisher letzten Kölner Europacup-Saison hatte die UEFA den FC nach Vorfällen beim Spiel bei Arsenal zu einer Auswärtssperre für seine Fans verurteilt und dies für zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt. Keller befürchtet: "Wenn du einmal auffällig warst, merkt man sich das." Als Direkt-Maßnahme wurde die nächste Europacup-Partie am kommenden Donnerstag gegen den 1. FC Slovacko aus Tschechien von der UEFA "zum Risikospiel aufgewertet".
Köln werde "mit aller Härte und Entschlossenheit" versuchen, die Beteiligten an den Krawallen zu ermitteln. "Ich weiß nicht, ob das 50, 60 oder 70 waren. Es waren auf jeden Fall sehr, sehr wenige", sagte Keller. "Aber wir werden alles probieren, um möglichst viele rauszuziehen. Und die schließen wir dann aus, die werden nix mehr machen." Auch Präsident Werner Wolf versprach, beim FC werde man "alle unsere Kraft in die Aufklärung dieser Vorfälle setzen und dabei mit aller Konsequenz gegen die Gewalttäter vorgehen. Dazu sind wir unseren vielen tausend friedlichen Fans und dem Fußball gegenüber verpflichtet." Rund 10.000 Anhänger hatten den FC an die Cote d'Azur begleitet.
Trainer Steffen Baumgart hatte das Spiel, weil gesperrt, von der Tribüne im Stade Allianz Riviera verfolgt und war als direkter Augenzeuge geschockt. "Ich halte mich nicht für den ängstlichsten Menschen. Aber das, was gestern passiert ist, wird mich sehr lange begleiten", sagte der 50-Jährige am Freitag in Köln. "Anfang der 90er war ich in der Bereitschaftspolizei. Und genau aus diesen Gründen bin ich aus der Polizei ausgestiegen: Weil ich sowas nicht machen wollte. Deshalb ist es für mich nicht einfach, damit umzugehen. Das war einfach nur nackte Gewalt", sagte er.
Bei den Ausschreitungen sollen auch Ultras von Paris-Saint Germain, die eine Fanfreundschaft mit dem FC pflegen, als Köln-Anhänger verkleidet mitgemischt haben. Der französische Meister verurteilte die Vorfälle scharf. Seit mehr als einem Jahrzehnt sei PSG einer der engagiertesten Vereine, um die Gewalt in den Stadien auszumerzen, teilte der Club am Freitag mit. "Der Verein möchte klarstellen, dass die Gruppe Supras Auteuil durch ein Dekret vom 29. April 2010 aufgelöst wurde, nicht als Fangruppe von Paris Saint-Germain anerkannt wird und keinen Zutritt zum Parc des Princes hat", erklärte PSG. Der Verein prüfe, welche Maßnahmen er ergreifen kann, wenn sein Ruf durch die Ultra-Gruppierung geschädigt wird. (APA/dpa)